Banana Pancake Trail: Unterwegs auf dem vollsten Trampelpfad der Welt (German Edition)
Cocker «lonely planet» anstatt «lovely planet» versteht.
1973 erschien der erste Lonely Planet -Band mit dem Titel Southeast Asia on a Shoestring . Er richtete sich an Individualtouristen, Hippies, die reisen, aber dabei so wenig Geld wie möglich ausgeben wollten. Damals war das eine Weltneuheit. Reisen war etwas für reiche Leute. Und reiche Leute, die reisten, gaben nicht wenig, sondern viel Geld aus. Plötzlich aber machten sich Tausende von jungen Leuten mit wenig bis gar keinem Geld auf den Weg. Und weil es plötzlich ein Buch gab, das ihnen sagte, wo man in Teheran, Kabul und Delhi billig übernachten konnte, für welches der Länder man ein Visum brauchte und wo man am besten die Grenze von Pakistan nach Indien überquerte, wurde das Reisen mit wenig Geld noch ein bisschen leichter. Der Lonely Planet füllte eine Marktlücke! Er war das perfekte Buch für neugierige Mittelschichtskinder, die mal kurz ausbrechen wollten, ohne dafür arbeiten zu müssen, bis sie 50 Jahre alt waren. Es folgten Reiseführer für Nepal, Neuseeland, Europa und Afrika. 1981 erschien der Lonely Planet India ; zu dieser Zeit beschäftigte das Unternehmen schon zehn Mitarbeiter.
Heute, fast 40 Jahre später, liegt die Gesamtauflage bei 55 Millionen. 150 Autoren sammeln regelmäßig Reiseinformationen für jedes noch so kleine und abgelegene Land auf diesem Planeten. Der Verlag beschäftigt über 400 Angestellte. Er hat Niederlassungen in Paris, London, Melbourne und Oakland. Es gibt 650 Titel für 230 Länder (nur Nordkorea und der Irak fehlen, sind aber in der Ausgabe für Südkorea bzw. den Mittleren Osten abgehandelt) in 14 verschiedenen Sprachen. Es gibt das Swahili Phrasebook und eine Ausgabe für das Sultanat Brunei. Es gibt Internetforen, Lonely Planet -Schlafsäcke und DVDs. In der Deutschland-Ausgabe werden Deutschlands einzige ethnische Minderheit, die Sorben, genauso vorgestellt wie die Nacktbader am Münchner Eisbach. Es gibt Tipps für Schwule, Schwangere und Behinderte. In den Führern erfährt man etwas über chinesische Steckdosen und die Jahresdurchschnittstemperatur in Belgrad. Es gibt Bücher für Städte, Länder, Regionen und Kontinente. Aus dem kleinen Unternehmen ist ein Imperium geworden, das mittlerweile der BBC einverleibt wurde.
Heute gehört der Lonely Planet zu einer Reise wie der Rucksack. Er ist der wichtigste Kompass, um den Banana-Pancake-Pfad zu finden. Er ist der Beleg dafür, dass man die Welt der Rollkoffer hinter sich gelassen hat.
Den Drifter, wie ihn Eric Cohen 1972 beschrieb, den unabhängigen Globetrotter, der in fremde Kulturen eintaucht, gibt es nicht mehr. Es kann ihn nicht mehr geben, weil es zu viele von seiner Sorte gibt. Sie sammeln und kumulieren sich allerorten. Sie rotten sich zusammen und bilden eigene kleine Gemeinschaften. Und weil sie es genießen, mit einem Buch zu reisen, das ihnen die Reise so leicht macht wie einen Strandurlaub in Griechenland, landen sie alle in denselben Hostels, fahren mit den denselben Bussen, lungern an denselben Stränden herum, besichtigen dieselben Pyramiden und Tempel und wandern durch denselben Dschungel. Dort, wo einmal kein Weg war, ist heute eine Autobahn.
Allein: Der Individualtourist fühlt sich nicht mehr so individuell, wenn er seine Zeit mit anderen Individualtouristen verbringen muss. An jedem im Buch der Individualtouristen erwähnten Ort warten bereits Dutzende (oder an Orten wie der Khaosan Road in Bangkok Tausende) andere Individualtouristen mit dem blauen Buch in der Hand. Der Lonely Planet übernimmt dabei dieselbe Funktion, die das Handy für die Daheimgebliebenen hat: Jede freie Minute wird dafür genutzt, nochmals etwas nachzulesen, zu checken und zu planen. In jedem Café, egal ob Panama, Bangkok oder Marrakesch, sitzen junge Menschen in dieses eine Buch vertieft. Es ist ihr Erkennungszeichen, ihr sicherer Felsen auf einer unsicheren Reise, ihr unverzichtbares Vademekum. Backpacker, die ihren Lonely Planet verlieren, erleiden denselben Panikschub, der die Daheimgebliebenen ereilt, wenn sie bei einem Griff in die Hosentasche feststellen, dass sie ihr Handy verloren haben.
Nach neun Monaten Reise, vier Bier und zwei Tacos ist Alan das am Strand von Zipolite klargeworden. Plötzlich leuchtet ihm ein, weshalb er ständig an jedem Ort Schweizer, Deutsche, Tschechen, Israelis und Engländer trifft, weshalb sie immer in denselben Hotels wohnen wie er und immer genau dieselbe Maya-Pyramide besichtigen wollen. Ihm ist auch klar,
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