Band 1 - Blutspur
den Rücken durch. »Sie sorgt sich um dich, weiß aber nicht, wie sie dir das zeigen sol , ohne dich zu beißen. Entweder das, oder sie erträgt es nicht, wenn sie nicht al es unter Kontrol e hat.«
»Da ist sie nicht die Einzige. Ich fühle mich langsam wie eine Versagerin.«
»Versagerin?«, murmelte er. »Wie hast du dir das denn zusammengereimt?«
»Sehen Sie mich doch an«, erwiderte ich aufgebracht, »ich bin ein Wrack. Ich habe so viel Blut verloren, dass ich nicht einmal aufstehen kann. Seit ich bei der I. S. gekündigt habe, habe ich nichts mehr auf die Reihe gekriegt, außer mich von Trent fangen und zu Rattenfutter verarbeiten zu lassen!« Und was das Schlimmste war, ich fühlte mich nicht mehr wie ein Runner. Dad wäre furchtbar enttäuscht von mir, dachte ich.
Ich hätte an meinem angestammten Platz bleiben sol en -
geschützt, abgesichert, und zu Tode gelangweilt.
»Du bist am Leben«, meinte Keasley. »Und das ist keine Kleinigkeit, wenn die I. S. dir ans Leder wil .« Er richtete die Lampe auf mein Gesicht. Ich schloss die Augen und zuckte kurz zusammen, als er mit einem kalten Tupfer mein geschwol enes Lid berührte. Matalina hatte inzwischen mit den Abschlussnähten an meinem Hals begonnen. Ihre winzigen Stiche waren fast nicht zu spüren. Sie ignorierte uns mit der geübten Zurückhaltung einer mehrfachen Mutter.
»Ich wäre schon zweimal gestorben, wenn Nick nicht gewesen wäre.« Ich blickte in Richtung des Badezimmers.
Keasley richtete die Lampe auf mein Ohr, und wieder zuckte ich zusammen, als er mit dem Tupfer kam, der durch das geronnene Blut schwarz gefärbt wurde. »Irgendwann wärst du Kalamack sowieso entwischt. Stattdessen bist du ein Risiko eingegangen und hast Nick mit rausgeholt. Das kann man ja wohl kaum als Versagen bezeichnen.«
Ich blinzelte ihn mit meinem gesunden Auge an. »Woher wissen Sie das von den Rattenkämpfen?«
»Jenks hat es mir auf dem Weg hierher erzählt.«
Keasley tupfte eine übel riechende Flüssigkeit auf mein Ohr, das trotz der drei Amulette schmerzhaft pochte. »Mehr kann ich für diese Wunde leider nicht tun.«
An mein Ohr hatte ich schon gar nicht mehr gedacht.
Matalina kam auf Augenhöhe geflogen, wandte sich dann aber zunächst an Keasley. »Ich bin fertig«, verkündete sie mit ihrer glockenhel en Stimme. »Wenn Sie mit dem Rest al eine fertig werden, würde ich gerne. .« Ihre Augen strahlten in freudigem Eifer; ein Engel mit guten Neuigkeiten. »Ich möchte Jenks von Ihrem Angebot erzählen, uns den Garten zu überlassen«, erklärte sie nun an mich gerichtet.
Keasley nickte. »Schwirr ruhig ab. Außer dem Handgelenk gibt es nicht mehr viel zu tun.«
»Vielen Dank, Matalina, ich habe überhaupt nichts gespürt«, sagte ich artig.
»Gern geschehen.« Die kleine Pixie flitzte zum Fenster, kehrte aber noch einmal zurück. »Vielen Dank«, hauchte sie ergriffen, bevor sie durch das Fenster in den dunklen Garten verschwand.
Keasley und ich blieben al ein im Wohnzimmer zurück. Es war so stil , dass ich die Deckel auf den Wassertöpfen in der Küche klappern hören konnte. Der alte Mann griff wieder zur Schere und schnitt den durchweichten Verband von meinem Handgelenk. Als er ihn ablöste, glaubte ich, mich übergeben zu müssen. Es war zwar immer noch mein Handgelenk, aber nichts schien mehr an der richtigen Stel e zu sein. Kein Wunder, dass Jenks' Pixiestaub die Blutung nicht hatte stoppen können: Das weiße Fleisch war zu mehreren großen Klumpen zusammengequetscht, und die dadurch entstandenen Krater hatten sich mit Blut gefül t. Wenn mein Handgelenk schon so aussah, wie hatte dann erst mein Hals ausgesehen? Entsetzt schloss ich die Augen und konzentrierte mich wieder auf meine Atmung. Ich würde ohnmächtig werden, ganz bestimmt.
»Du hast dir gerade einen starken Verbündeten geschaffen«, sagte Keasley leise.
»Matalina?« Für einen Moment brauchte ich meine ganze Konzentration, um nicht zu hyperventilieren. »Das kann ich mir nicht vorstel en«, sagte ich endlich. »Schließlich bringe ich ständig ihren Mann und ihre Familie in Gefahr.«
»Hm.« Er stel te einen von Ivys Wassertöpfen auf seine Knie und ließ mein Handgelenk sanft hineingleiten. Ich stöhnte, als das Wasser in der Wunde brannte, entspannte mich aber wieder, sobald der Schmerz von den Amuletten betäubt wurde. Keasley tastete das Gelenk ab, und ich versuchte mit einem Schmerzensschrei, ihm den Arm zu entziehen. »Möchtest du einen Rat von mir?«, fragte
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