Band 1 - Blutspur
Kathedralen ziemlich öde, und so bin ich eines Nachts auf das Tagebuch eines britischen Priesters aus dem 17.
Jahrhundert gestoßen. Er war angeklagt und verurteilt worden wegen Mordes an drei seiner schönsten Gemeindemitglieder.«
Nick schüttete die Nudeln in eine Schüssel und öffnete ein Glas Pastasoße. »Bei ihm wird so ein Ding erwähnt. Er schrieb, dass es den Vampiren ermöglichte, ihre blutigen Orgien jede Nacht zu zelebrieren. Vom wissenschaftlichen Standpunkt aus sol test du dich glücklich schätzen. Ich denke, es wird nur sehr selten jemandem angeboten, der nicht unter ihrem Einfluss steht und deshalb zum Stil schweigen darüber gezwungen ist.«
Mir wurde unbehaglich zumute. Was zum Teufel hatte Ivy mir gegeben? Ohne seinen Blick von der Tomate zu lösen, schüttete Nick die Soße über die Nudeln. Ein appetitanregender Duft verbreitete sich, und mein Magen knurrte. Während er die Soße unterhob, versuchte ich, Nicks Fixierung auf die Tomate zu ergründen. Er sah angewidert aus. Verärgert über die übertriebene Abscheu der Menschen vor Tomaten schloss ich den Kühlschrank und humpelte zum Fenster. »Wie ist die hierher gekommen?«, murmelte ich und schob sie durch die Pixie-Klappe in die Nacht hinaus. Sie landete mit einem dumpfen Platschen unter dem Fenster.
»Danke.« Er atmete erleichtert auf.
Ich kehrte mit einem tiefen Seufzer zu meinem Stuhl zurück. Man hätte denken können, Ivy und ich hätten einen verrotteten Schafskopf auf unserer Arbeitsplatte liegen. Aber es war irgendwie beruhigend, dass er zumindest eine typisch menschliche Schwäche hatte.
Nick wandte sich wieder seiner Kreation zu und mischte Pilze, Worcester-Soße und Peperoni unter das Essen. Ich musste grinsen, als mir klar wurde, dass es sich um die Reste meiner Pizzazutaten handelte. Es roch wunderbar, und als er eine Nudelzange von der Kochinsel holte, fragte ich: »Reicht es für zwei?«
»Das reicht für eine ganze WG.« Nick stel te mir eine gefül te Schüssel hin, setzte sich und zog seine eigene Portion zu sich heran. »Studentenmenü«, sagte er mit vol em Mund, »probier mal.«
Während ich pflichtbewusst den Löffel eintauchte, warf ich einen Blick auf die Uhr über der Spüle. Ivy und Jenks waren jetzt wahrscheinlich gerade beim FIB und versuchten den Beamten am Empfang davon zu überzeugen, dass sie keine irren Spinner waren, während ich hier rumsaß und mit einem Menschen Makkaroni aß. Noch dazu sah das Essen merkwürdig aus; mit Tomatensoße wäre es bestimmt besser gewesen. Misstrauisch führte ich den Löffel zum Mund.
»Hey«, sagte ich überrascht, »das ist gut.«
»Habe ich doch gesagt.«
Für einen Moment hörte man nur das Kratzen der Löffel und das Zirpen der Gril en im Garten. Nach einer Weile stopfte Nick das Essen nicht mehr ganz so schnel in sich hinein und warf nun seinerseits einen Blick auf die Küchenuhr. »Äh, ich muss dich um einen großen Gefal en bitten«, sagte er zögernd.
Verlegen sah ich hoch. Ich wusste, was nun kommen würde.
»Du kannst heute Nacht hier bleiben, wenn du wil st«, kam ich seiner Frage zuvor. »Ich kann dir aber nicht garantieren, dass du noch al e Körperflüssigkeiten hast, wenn du aufwachst. Oder dass du überhaupt aufwachst. Die I. S. ist immer noch hinter mir her, im Moment zwar nur mit ein paar hartnäckigen Fairies, aber sobald sich herumgesprochen hat, dass ich noch lebe, wird es hier vor Attentätern nur so wimmeln. Du wärst also auf einer Parkbank sicherer«, erläuterte ich trocken.
Er lächelte erleichtert. »Danke, das Risiko gehe ich ein. Und ab morgen bist du mich dann los. Ich wil mich erkundigen, ob mein Vermieter noch irgendwas von meinem Kram hat, und dann werde ich meine Mutter besuchen.« Sein schmales Gesicht verzog sich, und plötzlich sah er wieder so besorgt aus wie in der vergangenen Nacht, als er dachte, ich würde verbluten. »Ich werde ihr erzählen, dass ich al es bei einem Brand verloren habe. Das wird hart.«
Das konnte ich gut nachvol ziehen. Ich wusste, wie es war, auf der Straße zu stehen, mit einer Kiste im Arm, in der die kümmerlichen Reste deines Lebens verstaut sind. »Bist du sicher, dass du die Nacht nicht lieber bei ihr verbringen wil st? Es wäre sicherer.«
Er aß weiter. »Ich kann auf mich aufpassen.«
Jede Wette kannst du das, dachte ich, wobei ich mich an das Dämonologie-Buch aus der Bibliothek erinnerte. Es war nicht mehr in meiner Tasche, und nur eine kleine Blutspur wies daraufhin, dass es je
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