Band 1 - Blutspur
gegenüberliegende Gebäude. FEDERAL INDERLANDER BUREAU stand in großen Lettern über den Doppeltüren. Nick krabbelte aus dem Wagen und reichte mir seine Hand. Vorsichtig stieg ich aus und versuchte, mich zu orientieren, während er den Fahrer mit dem Geld bezahlte, das ich ihm zugesteckt hatte. Die Straßenlaternen schienen hel , und für diese Tageszeit war verhältnismäßig wenig Verkehr auf der Straße. Es war offensichtlich, dass wir uns mitten im menschlichen Teil von Cincinnati befanden. Als meine Augen an der Fassade des imposanten Gebäudes emporwanderten, fühlte ich mich klein, nervös und in der Minderheit.
Sorgfältig prüfte ich die schwarzen Fenster zu al en Seiten auf Anzeichen eines möglichen Angriffs. Jax hatte gesagt, dass die Fairy-Attentäter direkt nach meinem Telefonat abgezogen waren. Um Verstärkung zu holen, oder um einen Hinterhalt vorzubereiten? Der Gedanke, dass in diesem Moment Fairy-Katapulte auf mich ausgerichtet werden könnten, gefiel mir gar nicht. Nicht einmal ein Fairy wäre so dreist, mich innerhalb eines FIB-Gebäudes anzugreifen, aber auf dem Bürgersteig war ich eine leichte Beute.
Andererseits konnte es natürlich auch sein, dass sie von dem Job abgezogen worden waren, immerhin schickte die I.S. ja jetzt Dämonen. Zutiefst befriedigt dachte ich daran, dass der Dämon seinen Beschwörer inzwischen wahrscheinlieh schon in seine Einzelteile zerlegt hatte. So schnel werden sie also wohl nicht wieder einen auf mich ansetzen den Schwarze Magie fiel eben immer auf den zurück, der sie praktizierte, ohne Ausnahme.
»Sie sol ten wirklich besser auf Ihre Schwester aufpassen«, sagte der Taxifahrer, als er nach dem Geld griff. Nick und ich sahen uns verständnislos an. »Aber ich vermute mal, ihr Inderlander kümmert euch nicht so gut umeinander, wie das bei uns anständigen Menschen der Fal ist. Ich würde jeden zu Brei schlagen, der es wagt, meine Schwester auch nur anzufassen«, verkündete er selbstzufrieden und machte sich aus dem Staub.
Verwirrt starrte ich dem Wagen hinterher, bis Nick sagte:
»Er denkt, dass dich jemand zusammengeschlagen hat und ich dich zum FIB bringe, um Anzeige zu erstatten.«
Ich war zu nervös, um zu lachen - ganz abgesehen davon, dass ich dann wahrscheinlich ohnmächtig geworden wäre -, aber für ein Kichern reichte es noch. Schnel griff ich nach Nicks Arm, um nicht zusammenzubrechen. Nick hielt mir ritterlich die Tür auf, aber ich konnte meine Angst nicht ganz unterdrücken, als ich über die Schwel e trat. Ich hatte mich in die fragwürdige Lage gebracht, einer von Menschen geführten Behörde vertrauen zu müssen. Damit befand ich mich auf dünnem Eis, und das gefiel mir ganz und gar nicht.
Doch die vertraute Geräuschkulisse und der Geruch von frisch gekochtem Kaffee wirkten beruhigend. Es war al es wie in jeder anderen Behörde auch: der graue Fliesenboden, die einander überlagernden Gesprächsfetzen, ja sogar die orangefarbenen Plastikstühle, auf denen die unbelehrbaren Jugendlichen und besorgten Eltern saßen. Fast war es so, als würde ich nach Hause kommen, und ich entspannte mich ein wenig.
»Da drüben«, sagte Nick und zeigte auf den Empfangsschalter. Mein Arm in der Schlinge pochte wieder, und auch meine Schulter tat verdammt weh. Entweder verringerte mein Schweiß die Wirksamkeit der Amulette, oder sie kamen nicht mehr gegen meine zunehmende Erschöpfung an. Nick hielt sich so dicht hinter mir, dass es mir auf die Nerven ging.
Die Empfangsdame sah hoch, als wir uns näherten, und ihre Augen weiteten sich. »Schätzchen«, rief sie mitfühlend,
»was ist denn mit Ihnen passiert?«
»Ich, äh. .« Mit schmerzverzerrtem Gesicht stützte ich mich an ihrem Tisch ab. Mein Kosmetikzauber war nicht stark genug, um das blaue Auge oder die Nähte zu kaschieren.
Aber was sol te ich ihr sagen? Dass die Dämonen nach Cincinnati zurückgekehrt waren? Ich warf einen flüchtigen Blick über die Schulter, aber Nick war mir keine Hilfe, da er die Tür im Auge behielt.
»Ahm«, stammelte ich, »ich bin hier, um jemanden abzuholen.«
Sie kratzte sich im Nacken. »Doch nicht etwa den, der Ihnen das angetan hat?«
Ihre aufrichtige Sorge entlockte mir ein Lächeln. Ich liebte es, bemitleidet zu werden. »Nein.«
Die Frau schob sich eine Strähne ihres ergrauenden Haares hinters Ohr. »Es tut mir wirklich leid, Ihnen das sagen zu müssen, aber in diesem Fal müssen Sie zur Dienststel e in der Hil man Street. Und Sie werden damit bis morgen
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