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Band 1 - Blutspur

Band 1 - Blutspur

Titel: Band 1 - Blutspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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früh warten müssen, außerhalb der Geschäftszeiten wird niemand entlassen.«
    Mir entfuhr ein Seufzer. Ich hasste das Labyrinth der Bürokratie leidenschaftlich, aber ich hatte erkannt, dass man am besten damit umging, indem man lächelte und sich dumm stel te. So wurden größere Verwirrungen vermieden.
    »Aber ich habe doch mit jemandem aus Ihrer Dienststel e gesprochen, und zwar vor weniger als zwanzig Minuten. Und der hat mir gesagt, dass ich hierher kommen sol .«
    Jetzt schien bei ihr der Groschen zu fal en, denn ihr Blick wurde plötzlich wachsam. »Ah«, sagte sie, »Sie sind hier, um den. . Pixie abzuholen.« Sie kratzte erneut ihren Hals, wo sich eine kleine Blase gebildet hatte. Sie war ganz offensichtlich angepixt worden.
    Nick räusperte sich. »Sein Name ist Jenks«, sagte er knapp.
    Für ihn war ihr kurzes Zögern wohl ein Zeichen dafür, dass sie am liebsten »Wanze« gesagt hätte.
    »Ja«, antwortete sie langsam und beugte sich vor, um ihren Knöchel zu kratzen. »Mr. Jenks. Würden Sie bitte da drüben Platz nehmen? Man wird sich um Sie kümmern, sobald Captain Edden Zeit für Sie hat.«
    »Captain Edden.« Ich griff wieder nach Nicks Arm. »Vielen Dank.« Ich fühlte mich alt und gebrechlich, als ich mich zu den orangefarbenen Monstrositäten schleppte, die sich an den Wänden der Empfangshal e entlangzogen. Der plötzliche Gesinnungswandel der Frau hatte mich eiskalt erwischt. Von einem Moment auf den anderen war ich vom Schätzchen zur Schlampe geworden.
    Obwohl wir nun schon seit vierzig Jahren offen mit den Menschen zusammenlebten, traten die Spannungen immer wieder zutage. Sie hatten Angst vor uns, und möglicherweise lagen sie damit gar nicht so falsch. Es ist bestimmt nicht einfach, eines Tages aufzuwachen und festzustel en, dass deine Nachbarn Vampire sind und deine Grundschul ehrerin eine Hexe war.
    Während Nick mir beim Hinsetzen half, ließ er den Blick durch die Hal e schweifen. Die Stühle waren genau so, wie ich es erwartet hatte: hart und unbequem. Nick ließ sich neben mir nieder, verharrte aber auf der äußersten Stuhlkante. »Wie geht es dir?«, fragte er, als ich stöhnend nach einer halbwegs bequemen Sitzposition suchte.
    »Gut«, entgegnete ich knapp, »nur ein wenig überdreht.«
    Der Anblick zweier uniformierter Männer, die sich mühevol durch die Lobby bewegten, ließ mich zusammenzucken.
    Einer von ihnen ging an Krücken, der andere hatte ein Veilchen, das sich bereits dunkelviolett verfärbt hatte. Zudem kratzte er sich wie ein Besessener an den Schultern. Vielen Dank auch, Jenks und Ivy! Mein Unbehagen steigerte sich.
    Wie sol te ich jetzt noch den FIB-Captain davon überzeugen, mir zu helfen?
    »Möchtest du etwas essen?«, unterbrach Nick meine Grübelei. »Ich, äh, könnte schnel über die Straße laufen und uns bei Graeters ein Eis besorgen. Du magst doch Butter-Pecannuss-Eis?«
    »Nein.« Es klang wesentlich schroffer, als ich beabsichtigt hatte, also versuchte ich, die Antwort mit einem Lächeln zu entschärfen. »Nein, aber vielen Dank«, korrigierte ich mich.

    Die Befürchtungen machten es sich in meiner Magengrube bequem.
    »Wie wär's dann mit etwas aus dem Automaten? Salz und Kohlenhydrate gefäl ig?«, schlug er vor. »Die Nahrung der Champions!«
    Ich schüttelte den Kopf und stel te die Tasche zwischen meinen Beinen ab. Geschwächt versuchte ich, meine Atmung flach zu halten, und starrte auf den abgewetzten Fliesenboden. Wenn ich jetzt noch etwas aß, würde ich kotzen. Ich hatte noch einen weiteren Tel er von Nicks Makkaroni gegessen, bevor das Taxi gekommen war, aber darin lag nicht das Problem.
    »Lässt die Wirkung der Amulette nach?« Nicks Vermutung traf ins Schwarze. In diesem Moment erschien ein Paar abgetragener brauner Schuhe auf der Fliese, die ich anstarrte. Nick rutschte mit verschränkten Armen tiefer in seinen Stuhl, und ich hob langsam den Kopf.
    Der Mann war stämmig, trug ein weißes Hemd und khakifarbene Hosen und sah so geschniegelt aus wie ein Soldat, der Zivilist geworden war. Die Gläser seiner bil igen Bril e schienen viel zu klein zu sein für sein rundliches Gesicht. Er verströmte einen starken Geruch nach Seife, und sein feuchtes, kurz geschnittenes Haar stand in die Höhe wie bei einem Orang-Utan-Baby. Offenbar war er angepixt worden und erfahren genug, um sich zu waschen, bevor sich Blasen bilden konnten. Das bandagierte rechte Handgelenk trug er in einer Schlinge, die mit meiner identisch war. Ich konnte nur hoffen,

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