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Band 1 - Blutspur

Band 1 - Blutspur

Titel: Band 1 - Blutspur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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zusammenleben müsste. Langsam streckte ich ihr die Hand entgegen. Meine perfekt geschnittenen roten Nägel sahen neben ihren unlackierten geschmacklos aus. Die ganzen Wünsche - weg. Aber ich hätte sie wahrscheinlich sowieso einfach verschwendet.
    »Partner«, sagte ich und ergriff Ivys Hand, die unangenehm kalt war.
    »Bestens!«, triumphierte Jenks und besiegelte unseren Handschlag, indem er sich obendrauf setzte. Der Staub, der von ihm rieselte, schien die Kälte aus Ivys Hand zu vertreiben. »Partner!«
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    »Großer Gott«, stöhnte ich leise. »Mach, dass ich mich nicht übergebe. Nicht hier.« Ich schloss langsam meine Augen in der Hoffnung, dass das Licht weniger schmerzhaft wäre, wenn ich sie wieder öffnete. Ich war in meinem kleinen Büroabteil, das sich auf der fünfundzwanzigsten Etage des LS. Tower befand. Die Nachmittagssonne fiel schräg durch das Fenster, aber die Strahlen würden mich nie erreichen, da sich mein Schreibtisch fast in der Mitte dieses Irrgartens befand. Jemand hatte Donuts mitgebracht und der Geruch der Glasur drehte mir den Magen um. Ich wol te nur noch nach Hause und schlafen.
    Stattdessen öffnete ich die oberste Schublade des Schreibtischs auf der Suche nach einem Schmerzamulett und stel te stöhnend fest, dass ich schon al e verbraucht hatte. Kraftlos ließ ich die Stirn auf die Kante des metal enen Schreibtischs sinken und starrte zwischen meinen krausen Haaren hindurch auf meine Stiefeletten, die unter dem Saum der
    .leans hervorblitzten. Im Hinblick auf meine Kündigung war ich konservativ gekleidet; ich hatte das rote Leinenhemd sogar ordentlich in die Hose gesteckt. Kein knal enges Leder mehr; zumindest für eine Weile.
    Die vergangene Nacht war ein Fehler gewesen. Ich hatte einfach zu viele Drinks. Sonst wäre ich nie so blöd gewesen, meine verbliebenen und eigentlich schon fest verplanten Wünsche offiziel auf Ivy und Jenks zu übertragen. Jeder, der sich mit Wünschen auskennt, weiß, dass man sich nicht einfach mehr von ihnen wünschen kann. Dasselbe gilt für den Wunsch nach Reichtum. Geld taucht nicht einfach so auf.
    Es muss irgendwo herkommen, und wenn man sich nicht wünscht, nicht erwischt zu werden, kriegen sie einen dann oft für Diebstahl dran. Wünsche sind eine komplizierte Angelegenheit, was wohl ein Grund dafür ist, dass sich die meisten Inderlander dafür ausgesprochen haben, nur drei auf einmal zu vergeben.
    Rückblickend war eigentlich al es ganz gut gelaufen. Mein Wunsch, bei der Freilassung des Leprechaun nicht erwischt zu werden, ermöglichte es mir, die I. S. mit einer sauberen Akte zu verlassen. Fal s Ivy recht hatte und sie mich für den Vertragsbruch drankriegen wol ten, müssten sie es wie einen Unfal aussehen lassen. Aber warum sol te es sie stören?
    Mordanschläge waren teuer und sie wol ten mich ja sowieso loswerden.
    Ivy hatte eine Marke bekommen, damit sie ihren Wunsch später einlösen konnte. Sie sah aus wie eine alte Münze mit einem Loch in der Mitte, die sie nun an einer violetten Schnur um den Hals trug. Jenks hingegen hatte seinen Wunsch noch in der Bar eingefordert und war direkt nach Hause abgeschwirrt, um es seiner Frau zu sagen. Es wäre wohl besser gewesen, wenn ich zusammen mit Jenks aufgebrochen wäre, aber Ivy schien noch bleiben zu wol en.
    Mein letzter Mädchenabend lag schon länger zurück und ich dachte, ich könnte mir Mut für die Kündigung antrinken. Es hatte nicht funktioniert.
    Fünf Sekunden, nachdem ich mit meiner einstudierten Rede begonnen hatte, öffnete Denon einen braunen Umschlag, zog meinen Vertrag heraus und zerriss ihn, wobei er mir mitteilte, dass ich eine halbe Stunde hätte, um das Gebäude zu verlassen.
    Meine Marke und die Diensthandschel en wanderten in seinen Schreibtisch, die Amulette, die daran befestigt waren, in meine Tasche.
    In den sieben Jahren bei der I. S. hatten sich ein Haufen Schnickschnacke und abgelaufene Memos angesammelt. Mit zitternden Fingern nahm ich eine plumpe Vase, die seit Monaten keine Blumen mehr gesehen hatte. Sie kam in den Mül , genau wie schon der Schwachkopf, von dem ich sie bekommen hatte. Die Reinigungsschale kam in den Karton, der neben meinen Füßen stand. Ihre salzverkrustete blaue Glasur zerkratzte die Pappe, als ich sie hineinstel te. Sie war letzte Woche ausgetrocknet und es hatte sich ein staubiger Salzrand gebildet.
    Ich warf ein klobiges Stück Rotholz hinterher. Es war zu dick, um daraus einen Zauberstab zu machen, und es war auch nicht gut genug.

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