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Band 2 - Blutspiel

Band 2 - Blutspiel

Titel: Band 2 - Blutspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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die Taschen und betrat den Raum so vorsichtig, als würde ich einem schwarzmagischen Zauberladen einen Besuch abstatten.
    »Wer sind Sie?«, fragte eine fordernde Frauenstimme, als mein Schatten auf den Sonnenfleck am Boden fiel.

    Ich bemerkte eine spindeldürre Frau mit streng zurückgebundenen dunklen Haaren. Sie hielt eine Kamera in der Hand und ließ gerade einen Film in den schwarzen Beutel an ihrer Hüfte fal en.
    »Rachel Morgan«, antwortete ich. »Edden hat mich angeheuert, um-«
    Ich stockte, als ich den Torso entdeckte, der an einem Stuhl mit hoher Rückenlehne festgebunden war. Schnel presste ich die Hand vor den Mund und schluckte krampfhaft.
    Es ist eine Puppe, dachte ich. Es musste eine Puppe sein.
    Das konnte einfach nicht Dr. Anders sein. Aber ich wusste es besser. Die Leiche war mit gelben Nylonstricken an den Stuhl gefesselt, der Oberkörper war nach vorne gesackt. Der Kopf ruhte auf der Brust, und das Gesicht war durch die blutverkrusteten Haare verdeckt. Ich dankte Gott dafür.
    Unterhalb der Knie waren die Beine abgetrennt worden, sodass sie kaum über die Stuhlkante hinausragten und eine grauenerregende Ähnlichkeit mit kleinen Kinderbeinen hatten. Die Stümpfe waren offen und durch die Verwesung stark aufgequol en. Auch die Unterarme fehlten. Welche Farbe ihre Kleidung einmal gehabt hatte, war nicht mehr auszumachen, da der Stoff mit Blut durchtränkt war, das im Gerinnungsproess rinnsalartige Muster hinterlassen hatte.
    Vol kommen entsetzt sah ich Gwen an, die nur gleichmütig meinte: »Rühren Sie bloß nichts an, ich bin noch nicht fertig.« Sie nahm ihre Arbeit wieder auf, murmelte aber noch:
    »Warum kann ich eigentlich nicht einmal fünf Minuten Ruhe haben, bevor hier jeder reinlatscht?«

    »Entschuldigung«, stammelte ich und war überrascht, dass ich überhaupt sprechen konnte. Dr. Anders'
    zusammengesunkener Körper war stel enweise mit Blut bedeckt, aber unter dem Stuhl fand sich kaum etwas. Mir war schwindelig, aber ich konnte die Augen nicht von der Leiche abwenden. Rund um den Bauchnabel war die Haut aufgeschlitzt worden, sodass eine kreisrunde Öffnung entstanden war, die von einem silbernen Messer offen gehalten wurde und so den Blick auf das sorgfältig sezierte Körperinnere freigab. Der Einschnitt wies keinerlei Blutspuren auf, so als ob er säuberlich abgewaschen - oder geleckt -
    worden wäre. An den Stel en des Körpers, die nicht blutverschmiert waren, war die Haut auffal end weiß und wächsern. Automatisch registrierte ich den sauberen Boden und die makel osen Wände. Es passte nicht zusammen. Der Körper war an einem anderen Ort verstümmelt und dann hierhergeschafft worden.
    »Das ist mal ein richtig krankes Schwein«, meinte Gwen, ohne die Kamera aus der Hand zu legen. »Schauen Sie sich mal das Fenster an.«
    Sie nickte mit dem Kopf in die entsprechende Richtung, und ich drehte mich um. Es sah aus, als hätte jemand auf der breiten Fensterbank eine Miniaturstadt errichtet. Klobige Gebäude unterschiedlicher Größe waren ordentlich aufgereiht und wurden durch eine graue, klumpige Substanz
    - wahrscheinlich Spachtelmasse - fixiert. Es schien fast so, als wären sie angeklebt worden. Im Zentrum lag, wie ein Denkmal auf einem öffentlichen Platz, ein protziger Ring der Art, wie sie von Privatschulen und Universitäten zum Abschluss verliehen werden. Ich sah mir das Arrangement genauer an, und mir drehte sich der Magen um. Hilflos vor Entsetzen schaute ich zwischen der Leiche und dem Fenster hin und her.
    »Ganz genau«, bestätigte Gwen nüchtern meinen Verdacht. »Er hat sie da zur Schau gestel t. Die größeren Teile hat er in den Schrank geworfen.«
    Ich starrte zu dem kleinen Schränkchen hinüber, dann wieder auf die Fensterbank. Es waren keine Gebäude - es waren Finger und Zehen. Er hatte ihre Finger und Zehen Glied für Glied abgeschnitten und sie wie Kinderspielzeug dort aufgebaut. Und die vermeintliche Spachtelmasse bestand aus Teilen ihrer inneren Organe.
    Mit wurde erst heiß, dann kalt, mein Magen hob sich, und ich befürchtete, ohnmächtig zu werden. Als mir be-wusst wurde, dass ich hyperventilierte, hielt ich verzweifelt den Atem an. Ich war mir sicher, dass sie während der gesamten Folter noch gelebt hatte.
    »Raus hier«, befahl Gwen, während sie durch den Sucher blickte. »Wenn Sie hier drin kotzen, kriegt Edden einen Tobsuchtsanfal .«
    »Morgan!« Der Wutschrei kam vom Parkplatz. »Ist die Hexe da drin?«
    Ich hörte die gedämpfte Antwort des

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