Band 2 - Blutspiel
machte sich noch nicht einmal die Mühe, es zufäl ig aussehen zu lassen. »Danke fürs Frühstück«, sagte ich artig und aß ein paar Fritten, bevor ich unter lautem Papierrascheln den Burger auspackte.
Er zögerte und legte dann wenigstens einen Teil seiner zwanghaften FIB-Rol e ab, indem er sein Jackett aufknöpfte und sich hinsetzte. »Das geht auf FIB-Spesen und ist de facto auch mein Frühstück, ich bin erst am frühen Morgen nach Hause gekommen. Euer Arbeitstag ist ganz schön lang.«
Der Hauch von Akzeptanz, der in dieser Feststel ung mitschwang, versöhnte mich ein wenig. »Nicht wirklich. Er beginnt einfach sechs Stunden später als deiner.«
Ich brauchte noch Ketchup für die Fritten, also hievte ich mich aus dem Stuhl und ging zum Kühlschrank, zögerte dann aber. Fragend deutete ich auf die rote Plastikflasche, doch Ivy zuckte nur mit den Schultern. Na und, dachte ich. Er platzte einfach so in unser Leben, und gestern hatte er immerhin eine Pizza gegessen. Warum sol ten wir also aus Rücksicht auf ihn leiden? Entschlossen zog ich die Flasche hervor und stel te sie mit einem lauten Knal auf den Tisch.
Sehr zu meiner Enttäuschung nahm Glenn keinerlei Notiz davon.
»So«, meinte Ivy und griff quer über den Tisch nach dem Ketchup. »Du passt also heute auf Rachel auf? Versuch bloß nicht, mit ihr Bus zu fahren. Sie nehmen sie nicht mit.«
Er sah hoch und zuckte sichtbar zusammen, als Ivy genüsslich ihren Burger mit der roten Soße verzierte. Dann blinzelte er irritiert. Offenbar hatte er den Faden verloren.
»Ja, ich werde ihr zeigen, was wir bisher zu den Morden haben.«
Ein hinterhältiges Lächeln umspielte meine Mundwinkel, denn ich hatte eine spontane Idee. »Hey, Ivy«, meinte ich beiläufig. »Gib mir bitte das geronnene Blut rüber.« Glenn erstarrte. »Oh, mein Gott«, flüsterte er rau und wurde aschfahl.
Ivy kicherte, und ich lachte lauthals. »Mach dich locker, Glenn«, sagte ich und verteilte den Ketchup über die Fritten.
Dann flegelte ich mich in meinen Stuhl und grinste ihn verschmitzt an. »Es ist nur Ketchup.«
»Ketchup!« Er zog seine Serviette mit dem Essen näher an sich. »Seid ihr verrückt?«
»Letzte Nacht hast du fast dasselbe gegessen«, merkte Ivy an.
Ich schob ihm die Flasche rüber. »Probier mal. Es wird dich schon nicht umbringen.«
Wie gebannt starrte er auf die rote Plastikflasche. Dann schüttelte er den Kopf. Verkrampft zog er sein Essen noch näher heran. »Nein.«
»Na los, Glenn«, feixte ich. »Sei kein Weichei. Das mit dem Blut war doch nur ein Scherz.« Wozu einen Menschen einladen, wenn man ihn nicht ein bisschen triezen konnte?
Mit einem finsteren Blick wandte er sich wieder seinem Burger zu und aß ihn, als wäre es eine lästige Pflicht. Aber ohne Ketchup konnte ja auch nicht viel Genuss dabei sein.
»Sieh mal«, versuchte ich ihn zu überzeugen, rückte näher, und drehte die Flasche um, damit er das Etikett sehen konnte. »Hier sind die Zutaten aufgelistet: Tomaten, Maisstärkesirup, Essig, Salz. .«Ich zögerte. »Hey, Ivy. Wusstest du, dass sie da Zwiebeln und Knoblauchpulver reintun?«
Sie nickte und wischte sich eine Ketchupspur aus dem Mundwinkel. Glenn sah plötzlich interessiert aus und lehnte sich vor, um die kleine Schrift über meinem frisch lackierten Fingernagel zu entziffern. »Hast du was gegen Zwiebeln und Knoblauch?« Dann schien ihm ein Licht aufzugehen, und er lehnte sich wieder zurück. »Ah«, meinte er altklug.
»Knoblauch.«
»Also bitte!« Ich stel te die Flasche wieder ab. »In Knoblauch und Zwiebeln steckt jede Menge Schwefel, genauso wie in Eiern. Und davon bekomme ich Migräne.«
»Hmmm«, grunzte Glenn selbstgefäl ig, nahm die Ketchupflasche mit zwei Fingern hoch und las sich den Aufdruck selbst noch einmal durch. »Was meinen die hier mit natürlichen Aromen?«
»Das wil st du mit Sicherheit nicht wissen«, entgegnete Ivy dramatisch.
Beinahe hätte Glenn die Flasche fal en lassen. Ich konnte nicht anders und prustete vor Lachen.
Als draußen das Geräusch eines Motorrads laut wurde, stand Ivy auf. »Ich werde abgeholt«, meinte sie nur, zerknül te ihre Serviette und schob die halb leere Frittentüte in die Mitte des Tisches. Anschließend streckte sie sich genüsslich. Glenn musterte sie von oben bis unten und schaute dann schnel weg.
Ich suchte Ivys Blick. Das hörte sich nach Kists Bike an.
Hatte das viel eicht irgendetwas mit der gestrigen Nacht zu tun? Sie bemerkte meine Besorgnis und schnappte
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