Band 6 - Blutnacht
ich auf und legte ihm die Hand an den Rücken. Dann sah ich eben dämlich aus. Gerald hielt schnurstracks auf die Treppen zu, und fal s ich von ihm getrennt wurde, würde ich es viel eicht nicht al ein dorthin schaffen.
Wir erreichten die Stufen, als die Band ein neues Stück anfing. Die Verstärker ließen die Luft erzittern, und von der ersten Stufe aus konnte ich endlich die Band sehen. Takata sprang mit seinem fünfsaitigen Bass über die Bühne, seine langen blonden Dreadlocks zurückgebunden. Er bewegte sich schnel er als ein Streifenhörnchen auf Brimstone und schlug die Musik nur so heraus. Dabei trug er einen alternder Rocker/Punk-Look zur Schau, den nur jemand wirklich Cooles mit Mitte fünfzig noch durchziehen konnte.
Mein Blick wanderte zu Trent. Er hatte mit einem warmen Lächeln einen Arm um den Jungen gelegt, der jetzt auf der Lehne eines Stuhls stand, um nicht totgetrampelt zu werden.
Trent versuchte, sich vorwärts zu bewegen. Es gelang ihm gut, seine Trauer und Frustration zu verstecken.
Ich konnte sie al erdings sehen, in seiner Haltung. Er wol te irgendwo anders sein, und als er das Kind hochhob und jemandem in die Arme drückte, sah man einen Hauch seiner Ungeduld. Er kam nur drei Schritte weit, bevor sie ihn wieder einfingen.
»Wie absolut schrecklich«, murmelte ich, meine Stimme völ ig verloren in der donnernden Musik. Kein Wunder, dass Trent sich die meiste Zeit in seinem Wald versteckte.
»Ma'am?« Es war Gerald, er hielt die Samtkordel für mich zur Seite.
Ich ging die Treppe hinauf und fühlte mich in Jeans und einfachem Oberteil völ ig fehl am Platz. Vorsichtshalber hielt ich mich am Geländer fest, weil ich meine Augen einfach nicht vom Raum unter mir losreißen konnte.
Trents Partyraum hatte ungefähr die Größe eines Fußbal feldes. Naja, nicht wirklich, aber der Kamin am anderen Ende des Raumes war mindestens so groß wie ein Mül laster. Einer von den großen. Takata stand mit seiner Band auf einer kleinen Bühne am anderen Ende, und die Tanzfläche war vol er Kinder und Erwachsener. Die Schutzwand, die normalerweise die Öffnung zu Pool und Umgebung abschloss, war gesenkt worden, und die Leute bewegten sich frei von drinnen nach draußen. Überal waren Kinder, die vom warmen Whirlpool zum großen Schwimmbad liefen, hinein sprangen und dann, schreiend vor Kälte, wieder zurückliefen.
Ich hielt oben an der Treppe an und versuchte, Takatas Aufmerksamkeit auf mich zu ziehen, aber er spielte einfach nur weiter. Das funktionierte nie, außer in Filmen.
»Bitte, Ma'am«, drängte Gerald. Ich riss meinen Blick los und folgte ihm an einer zweiten Absperrung mit weiteren Sicherheitsbeamten vorbei auf den offenen Gang, der über der Party schwebte und zu dem gemütlichen Wohnzimmer führte, von dem ich schon wusste, wie es aussah.
»Wären Sie bitte so freundlich«, sagte Gerald und schaute hektisch von mir zum Boden und zurück, »in Mr. Kalamacks Privaträumen zu bleiben?«
Ich nickte und Gerald lehnte sich jenseits des Durchgangs an die Wand, um sicherzustel en, dass ich nicht herumwanderte.
Hier oben war die Musik nicht so überwältigend, und als ich den Trakt betrat, ließ ich meine Augen über die Suite wandern, mit ihren vier Türen, die sich auf einen versenkten Couchbereich öffneten, in dem ein schwarzer Fernseher eine Riesenmenge Platz einnahm. Im hinteren Bereich befanden sich eine offene, normal große Küche und ein informel es Esszimmer. An dem runden Tisch saßen zwei Leute.
Mein Schritt stockte. Dann unterdrückte ich ein Stirnrunzeln und ging weiter. Super. Jetzt würde ich zu zwei von Trents speziellen Freunden nett sein müssen. Und kostümiert waren sie auch noch.
Oder vielleicht auch nicht, dachte ich, als ich näher kam.
Sie trugen beide Laborkittel, und mein künstliches Lächeln wurde noch steifer, als mir aufging, dass das wahrscheinlich Quens Ärzte waren. Der jüngere hatte sehr schwarze Haare und den gehetzten Ausdruck eines Assistenzarztes. Die andere war offensichtlich die Vorgesetzte, älter und mit der aufrechten, steifen Haltung, die ich schon öfter bei Offiziel en gesehen hatte, die eine übersteigerte Meinung von sich selbst hatten. Ich schaute mir die ältere Frau mit ihrem silbergrauen, hochgesteckten Haar genauer an, und dann noch einmal. Offensichtlich hatte sich Trent seinen Wunsch nach einer Kraftlinienhexe doch noch erfül t.
»Heilige Scheiße«, meinte ich. »Ich dachte, Sie wären tot.«
Dr. Anders versteifte sich und hob
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