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Band 6 - Blutnacht

Band 6 - Blutnacht

Titel: Band 6 - Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
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eine halbe Stunde die Kraft gegeben, zu kämpfen. Danach wurde es dann richtig schlimm.

    Ich schloss die Augen und fühlte ein Prickeln in der Nase, das von drohenden Tränen kam. Er hatte länger und schlimmer gelitten als irgendjemand sonst, den ich bis jetzt gesehen hatte, und hatte mehr durchgestanden, als ich für möglich gehalten hätte. Er hatte nicht aufgeben wol en, aber der Schmerz und die Erschöpfung waren so groß gewesen. .
    Ich hatte ihn beschämt, bis er noch einen Atemzug nahm, hatte ihn angeschrien und ihn angefleht. Al es, um ihn am Leben und bei der Qual zu halten, obwohl seine Muskeln schmerzten und jeder Atemzug mir in der Seele genauso wehtat wie in seinem Körper. Ich hatte ihn daran erinnert, zu atmen, wenn er es vergaß oder so tat, als hätte er es vergessen, hatte seine Ehre in Frage gestel t, bis er noch einmal Luft holte. Und dann noch einmal, und noch einmal -
    die Folter ertrug, und die Erleichterung, die der Tod bedeutet hätte, scheute.
    Mein Bauch tat weh und ich öffnete die Augen. Quen würde mich hassen. Die Dinge, die ich gesagt hatte. . Hass hatte ihn am Leben gehalten.
    Kein Wunder, dass er Trent nicht hatte im Raum haben wol en. Quen konnte mich hassen, wenn er wol te, aber irgendwie. . glaubte ich nicht, dass er es tun würde. Er war nicht dämlich. Wenn ich ihn wirklich hassen und meinen würde, was ich gesagt hatte, dann hätte ich einfach den Raum verlassen und ihn sterben lassen.
    Mein Blick verschwamm, als ich über die kahlen Aste vor mir in den fahlblauen Herbstmorgen schaute. Obwohl Quen gelitten und gewonnen hatte, fühlte ich immer noch einen inneren Schmerz, der von meiner physischen und psychischen Erschöpfung noch verstärkt wurde.
    Mein Dad war auf genau dieselbe Art gestorben, als ich dreizehn gewesen war, und ich erkannte einen Funken Wut in mir, dass mein Dad aufgegeben hatte, wo Quen es nicht getan hatte. Aber dann verwandelte sich die Wut in Schuld.
    Ich hatte versucht, meinen Dad am Leben zu halten, und hatte versagt; was für eine Tochter kann einen Fremden retten und ist unfähig, ihren eigenen Dad zu retten?
    Quens Kampf zu beobachten hatte jedes noch so kleine Detail zurückgebracht, wie ich da gesessen und die Hand meines Dads gehalten hatte, während er starb. Derselbe Schmerz, dieselbe schwere Atmung. . al es dasselbe.
    Ich blinzelte und plötzlich sah ich klar, in meinem Kopf und auch die Äste vor mir. Mein Dad ist genau auf dieselbe Art gestorben. Ich war da. Ich habe es gesehen.
    Meine Socken verhakten sich auf dem rauen Boden, als ich mich umdrehte und durch die offene Tür in den Raum blickte. Quen hatte gesagt, dass es egal war, ob er lebte oder starb, aber dass ich da sein musste, um die Wahrheit zu sehen. Er würde sein Wort nicht brechen, indem er mir sagte, warum mein Dad gestorben war, aber er hatte mir die Verbindung gezeigt, indem er mich gezwungen hatte, seinen Kampf mit ihm durchzustehen.
    Das Blut wich mir aus dem Gesicht und mir wurde noch kälter. Dr. Anders hatte nicht zusammengestel t, was auch immer Quen genommen hatte, aber ich würde wetten, dass sie es angepasst hatte, damit es besser wirkte. Und mein Dad war an einer früheren Version desselben Gifts gestorben.
    Wie in einem Traum verließ ich den strahlenden Morgen und glitt zurück in die umfassende, schattige Wärme. Ich ließ die Tür einen Spalt offen, damit Quens Unterbewusstsein die zwitschernden Vögel hörte und so wusste, dass er noch am Leben war. Er brauchte mich nicht mehr, und er hatte mir gezeigt, was er mir hatte zeigen wol en. Was Trent ihm verboten hatte, zu sagen.
    »Danke, Quen«, flüsterte ich, als ich am Bett vorbeiging.
    Trent. Wo war Trent? Er musste es wissen. Trents Vater war zuerst gestorben. Was auch immer also mein Vater geschluckt hatte, Trent hatte die Entscheidung getroffen, es ihm zu geben.
    Angespannt öffnete ich die Tür und hörte entferntes Murmeln. Das öffentliche Wohnzimmer war leer bis auf den Assistenzarzt, der auf der Couch lag und mit offenem Mund schnarchte. Leise ging ich zum offenen Gang und schaute auf den großen Raum hinunter.
    Das beruhigende Geräusch von Stimmen, unterlegt von leisem Klappern, zog meinen Blick zur Bühne. Sie war leer bis auf die Techniker der Band, die al es zusammenpackten und eigentlich mehr redeten als arbeiteten.
    Die Morgensonne erleuchtete die Überbleibsel der Party aus Glasscherben, halbvol en Tel ern, zerknül ten Servietten und Dekorationsresten in Orange und Rot, die auf dem Boden lagen.

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