Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Band 6 - Blutnacht

Band 6 - Blutnacht

Titel: Band 6 - Blutnacht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kim Harrison
Vom Netzwerk:
Die Schutzwand vor dem Fenster stand wieder und schimmerte sanft. Und im hintersten Eck neben dem Fenster fand ich Trent.

    Er saß in schweigender Nachtwache und trug immer noch die zu großen Kleider, die er gestern schon anhatte. Ich erinnerte mich, dass der große Ledersessel und der kleine runde Tisch daneben sein Platz waren, nahe am großen Kamin und so aufgestel t, dass er den Wasserfal sehen konnte, der über eine künstliche Klippe herabfiel, um dann als Bach um die Veranda und seinen Pool herum zu plätschern. Obwohl der Rest des Raums ein unendliches Chaos war, war der viel eicht zwei Quadratmeter große Bereich, in dem er saß, sauber und gesaugt. Neben ihm dampfte eine Tasse irgendwas.
    Mir schnürte sich die Brust zusammen. Die Hand locker auf dem Geländer ging ich schnel die Stufen hinunter, entschlossen, herauszufinden, was er meinem Dad gegeben hatte, das ihn umgebracht hatte - und warum.
    »Trent.«
    Der Mann zuckte zusammen und riss seinen Blick von dort los, wo das Wasser in den Teich fiel. Ich schlängelte mich zwischen Sesseln und Couchen entlang und ignorierte den verschütteten Alkohol und die in den Teppich eingetretenen Essensreste. Besorgnis zeigte sich in Trent, als er sich aufrichtete. Fast schon Angst. Aber er hatte keine Angst vor mir. Er hatte Angst vor dem, was ich sagen würde.
    Atemlos blieb ich vor ihm stehen. Sein Gesicht war ausdruckslos, aber seine Augen wirkten gehetzt. Mit rasendem Puls schob ich mir eine Strähne hinters Ohr und nahm die Hand von der Hüfte.
    »Was hast du meinem Dad gegeben?«, fragte ich und hörte meine Stimme, als käme sie von außerhalb meines Kopfes. »Woran ist er gestorben?«
    »Entschuldigung?«
    Wut kam aus dem Nichts. Ich hatte letzte Nacht gelitten, als ich den Tod meines Vaters nochmal durchlebte und Quen dabei half, zu überleben. »Woran ist mein Dad gestorben?«, schrie ich, und das leise Gespräch auf der Bühne verstummte. »Mein Dad ist an exakt demselben gestorben, was Quen erlitten hat, und erwarte bloß nicht von mir, dass ich glaube, dass diese zwei Dinge nicht verbunden sind. Was hast du ihm gegeben?«
    Trent schloss die Augen und seine Wimpern legten sich auf eine Haut, die plötzlich unendlich weiß war. Langsam lehnte er sich in seinem Stuhl zurück und legte sorgfältig die Hände auf die Knie. Die Sonne machte sein Haar fast durchscheinend, und ich konnte sehen, wie es in der Wärme des Raumes schwebte. Ich war so frustriert und vol er widersprüchlicher Gefühle, dass ich ihn schütteln wol te.
    Ich trat einen Schritt nach vorne und er riss die Augen auf, um meine zerzauste Erscheinung zu mustern. Sein Gesicht war bar jeden Gefühls, und das machte mir fast Angst. Er bedeutete mir, mich ihm gegenüber zu setzen, aber ich verschränkte nur die Arme und wartete.
    »Quen hat ein experimentel es genetisches Medikament genommen, dass den Vampir-Virus blockieren sol «, erklärte er mit flacher Stimme, die normalerweise gekonnte Betonung völ ig erstickt von der eisernen Kontrol e, unter der er seine Gefühle hielt. »Es macht ihn dauerhaft inaktiv.« Sein Blick suchte meinen. »Wir haben verschiedene Wege ausprobiert, die Auswirkungen des Virus' zu überdecken«, fügte er müde hinzu, »und obwohl sie funktionieren, lehnt der Körper sie absolut ab. Dein Vater ist an der Nachbehandlung gestorben, die den Körper dazu bringen sol , die eigentliche Anpassung zu akzeptieren.«
    Ich biss sanft in die Narbe an der Innenseite meiner Lippe und fühlte ein weiteres Mal die Angst davor, gebunden zu sein. Ich hatte dieselben vampirischen Zusammensetzungen in meinem Gewebe. Ivy beschützte mich vor beiläufiger Bejagung. Quens Narbe war auf Piscary eingestel t gewesen, und nachdem jede Wilderei schon aus Prinzip zu einem scheußlichen zweiten Tod geführt hätte, war Quen vor al en außer dem Meistervampir sicher gewesen. Piscarys Tod hatte al erdings Quens gebundene Narbe in eine ungebundene verwandelt, mit der jeder Vampir, ob tot oder untot, straflos spielen konnte.
    Das Risiko musste für ihn unerträglich geworden sein. Er konnte Trent nur noch auf der theoretischen Ebene beschützen. Quen hatte die elfprozentige Chance gewählt, weil er das einem Schreibtischjob vorgezogen hatte, der ihn langsam getötet hätte. Und da Quen gebissen worden ist, als er mir gerade den Arsch gerettet hat, hat Trent mich verantwortlich gemacht.
    Ich ließ mich auf den Rand eines Stuhls sinken, als der Nahrungsmangel mir die Kraft nahm. »Du kannst den

Weitere Kostenlose Bücher