Band 6 - Blutnacht
Unterboden setzte kurz auf, als ich das Auto ins Licht katapultierte. Mein Atem stockte schluchzend, als ich mir über die Wangen wischte.
Ich ging nicht richtig in die nächste Kurve und fühlte einen Moment Panik, als ich die Straße verließ und das Betreten verbote n-Schild mitnahm.
Aber ich war draußen. Ich musste mit meiner Mom reden, und es würde mehr brauchen als zwei Sicherheitsleute in Smokings, um mich aufzuhalten. Warum hat sie es mir nicht erzählt? Meine Hände schwitzten und mir hob sich der Magen. Warum hatte mir meine verrückte, bekloppte Mutter nichts erzählt?
Die Reifen quietschten in jeder Kurve, und als ich einmal auf der langen Auffahrt war, fing ich an, mich zu fürchten.
War der Grund dafür, dass sie mir nichts erzählt hatte, dass sie ein wenig verrückt war, oder war sie ein wenig verrückt, weil sie zu viel Angst hatte, es mir zu erzählen?
22
Das Knal en von Trents Autotür durchbrach die Herbststil e, und die menschlichen Kinder, die an der Ecke auf den Bus warteten, drehten sich kurz um, bevor sie sich weiter unterhielten. Jemand hatte eine Tomate auf dem Straßenschild an der Ecke verschmiert und sie hielten sich sichtbar davon fern. Ich schlang gegen die Kälte die Arme um den Oberkörper, warf die Haare aus den Augen und hielt auf den Weg zum Haus meiner Mutter zu.
Die Kälte des rauen Asphalts drang durch meine Socken.
Ohne Schuhe zu fahren hatte sich seltsam angefühlt, als wären die Pedale zu klein. In der Zeit, die ich hierher gebraucht hatte, hatte ich mich etwas beruhigt und Trents Kommentar über Scham, Schuld und Betretenheit hatte mich daran erinnert, dass ich nicht die Einzige war, die von dieser Sache betroffen war.
Tatsächlich war ich irgendwie nur der Schluss dieses Dramas. Die Spätfolge. Der Verlierer. Ich war entweder die schamvol e Folge eines Fehlers oder das Ergebnis einer geplanten Aktion, deren Beginn vertuscht wurde.
Keine der Optionen gab mir ein gutes Gefühl. Besonders, weil mein Dad seit langer Zeit tot war, was dem Mann, der meine Mutter geschwängert hatte, jede Menge Zeit gegeben hätte, sich zu melden. Oder viel eicht war es ja ein One-Night-Stand gewesen und es war ihm egal. Viel eicht wusste er gar nichts. Viel eicht wol te Mom einfach nur vergessen.
Die Kinder an der Ecke hatten bemerkt, dass ich nur Socken trug. Ich ignorierte ihr Gejohle, während ich mit hochgezogenen Schultern den Weg entlangtapste.
Erinnerungen daran, wie ich an dieser Haltestel e gestanden hatte, tauchten auf, daran, wie ich in denselben Bus stieg, der auch diese Menschenkinder aufsammelte.
Ich hatte nie verstanden, warum meine Mutter in einer überwiegend menschlichen Nachbarschaft hatte leben wol en. Viel eicht war der Grund, dass mein Vater ein Mensch gewesen und es weniger wahrscheinlich gewesen war, dass jemand bemerken würde, dass er keine Hexe war?
Meine Zehen waren vom tauenden Raureif durchgefroren, als ich die Veranda erreichte. Ich fing an zu zittern, klingelte an der Tür und hörte, wie die Glocke drinnen läutete. Ich wartete und schaute mich um, dann klingelte ich wieder. Sie musste zuhause sein; das Auto stand in der Einfahrt und es war verdammt nochmal sieben Uhr morgens.
Inzwischen beobachteten mich sämtliche Kinder an der Haltestel e. »Hey, da ist die verrückte Tochter der verrückten Mrs. Morgan«, murmelte ich, schob die lose Platte in der Hausverkleidung beiseite und holte mir den Ersatzschlüssel.
»Schaut, sie hat keine Schuhe! Was für ein durchgeknal ter Freak.«
Aber die Tür war nicht verschlossen und mit einem wachsenden Gefühl von Besorgnis steckte ich den Schlüssel ein und ging ins Haus. »Mom?«, rief ich und spürte die Wärme des Hauses in meinem Gesicht.
Es kam keine Antwort und ich rümpfte die Nase. Es roch komisch, wie verbranntes Metal .
»Mom? Ich bin's«, sagte ich lauter und schloss extra heftig die Tür. »Es tut mir leid, dass ich dich so früh wecke. Ich muss mit dir reden.« Ich schaute ins leere Wohnzimmer. Gott, war es hier stil . »Mom?«
Meine Anspannung legte sich ein wenig, als ich aus der Küche das typische Geräusch von Albumseiten hörte, die voneinander gelöst werden. »Oh, Mom«, meinte ich leise und setzte mich in Bewegung. »Hast du wieder die ganze Nacht Fotos angeschaut?«
Besorgt stiefelte ich in die Küche. Meine nassen Socken quietschten auf dem Linoleum. Meine Mom saß in verblichenen Jeans und einem blauen Pul over am Tisch, ihre Hand um eine leere Tasse Kaffee gelegt. Ihr Haar
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