Band 6 - Blutnacht
untotes Leben auf ewig zu verlängern.«
Ich lehnte mich wieder an die Arbeitsplatte und überkreuzte die Beine an den Knöcheln. Dann nippte ich an meinem Kaffee und dachte darüber nach. Ich erinnerte mich daran, dass Ivy, als sie mich gebissen hatte, zusammen mit meinem Blut auch einen Teil meiner Aura genommen hatte.
Die Theorie passte wunderbar zu meiner eigenen heimlichen Hypothese, dass ein untoter Vampir die Il usion einer Seele oder Aura um sich herum braucht, weil das Hirn sonst realisiert, dass es tot ist, und den Vampir in die" Sonne treibt, um so Köper, Geist und Seele wieder in Balance zu bringen.
»Es tut mir leid«, meinte ich und dachte, dass der Papst bei meinen Gedanken einen Herzinfarkt erleiden würde. »Es kann nicht klappen. Ich weiß nicht, wie ich Ivys Seele retten sol , wenn sie stirbt. Ich weiß es einfach nicht.«
Rynn Cormels Blick wanderte über die in der Küche verstreuten, teilweise zertretenen Kräuter. Mir wurde warm, weil ich mich fragte, ob er wusste, dass ich herumexperimentiert hatte, um Wege zu finden, Ivys Blutdurst zu bändigen.
»Du bist diejenige, die das Mächtegleichgewicht zwischen den Vampiren und den Werwölfen gebrochen hat«, warf er mir ach so leise vor, und mir wurde durch und durch kalt.
»Du hast den Fokus gefunden«, fuhr er fort, und mein Puls beschleunigte sich.
»Mein Freund - mein Exfreund - hat das getan.«
»Spitzfindigkeiten«, meinte er und wedelte mit einer Hand.
»Du hast ihn ans Licht gebracht.«
»Und wieder begraben.«
»Im Körper eines Werwolfs«, rief er und zeigte damit einen Hauch von Verärgerung.
Das war viel eicht dazu gedacht gewesen, mich einzuschüchtern, aber es hatte den gegenteiligen Effekt. Zur Höl e, ich hatte heute Nacht schon einen Dämon gebunden.
Mir gehörte die Welt. »Wenn du David auch nur berührst . .«, sagte ich und stel te meine Tasse weg.
Aber Rynn Cormel zog nur die Augenbrauen hoch und seine Wut verschwand unter der Erheiterung, die er in meinen Drohungen fand. »Versuch nicht, mich einzuschüchtern, Rachel. Das lässt dich dämlich aussehen.
Ich sage, dass du das Gleichgewicht gestört hast. Das Artefakt ist aufgetaucht. Die Macht verschiebt sich. Langsam, mit der gemütlichen Geschwindigkeit von Generationen, aber sie wird sich in Richtung der Werwölfe verschieben.«
Er stand auf. Ich dachte weiter an meine Splat Gun, aber ich wusste, wo sie war - viel zu weit weg.
»Wenn du einen Weg finden kannst, wie die Untoten ihre Seele behalten, dann wird die Zahl der Untoten ähnlich langsam ansteigen.« Er lächelte und begann, seinen Mantel zuzuknöpfen. »Das Gleichgewicht bleibt erhalten. Keiner stirbt. Ist das nicht, was du wil st?«
Ich hatte eine Hand auf meinen Bauch gelegt. Ich nahm an, dass ich etwas Derartiges hätte erwarten müssen; keine gute Tat bleibt ungestraft. »Und die Hexen und Menschen?«, fragte ich.
Er blickte aus meinem Küchenfenster in die Dunkelheit.
»Viel eicht hängt das auch an dir.«
Aber ich hörte »Wen interessiert's«. Ich wünschte mir nur, das al es ginge vorbei, als ich sagte: »Ich weiß nicht, wie ich es anstel en sol . Du hast die falsche Hexe.«
Rynn Cormel fand seinen Hut und hob ihn mit einer eleganten Bewegung vom Boden auf. »Ich glaube, ich habe die einzige Hexe«, sagte er und schlug auf dem Stoff klebende Löwenzahnsamen von seiner Kopfbedeckung.
»Aber selbst, wenn du keinen Weg findest, werden andere sehen, was du al es geschafft hast, und darauf aufbauen. In der Zwischenzeit. . was habe ich schon verloren, wenn ich erkläre, dass dein Blut für jeden tabu ist außer für Ivy? Was kostet es mich schon, sicherzustel en, dass du und sie eine Chance bekommen, eine Blutbeziehung frei von Stress und Ärger aufzubauen?«
Ich unterdrückte ein Schaudern und meine Hand hob sich wie von selbst, um meinen Hals zu bedecken.
»Es macht überhaupt keine Mühe«, sagte er und setzte seinen Hut auf.
Okay, er rettete meinen Arsch vor Vampiren. »Ich weiß das zu schätzen«, erklärte ich widerwil ig. »Danke.«
Ein Kupfertopf kratzte über Salz, als Rynn Cormel ihn mit der Spitze seines feinen Lederschuhs zur Seite schob. »Das ist hart für dich, oder? Jemandem etwas zu schulden?«
»Ich schulde. .«, setzte ich an, zog dann eine Grimasse und rieb mir den Rücken, wo ein Schrankgriff mich aufgeschürft hatte. »Ja«, gab ich schließlich widerwil ig zu.
Sein Lächeln wurde breit genug, um einen Hauch von Zahn zu zeigen, und er drehte sich um, als wol e
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