Banditenliebe
so alt wie die Welt: Männer werden im Bett gesprächig. Vor allem die Gangster. Sie reden nicht unbedingt über sich selbst, sondern verraten die Geheimnisse anderer, um sich interessant zu machen. Sie hörte interessiert zu, merkte sich alles und setzte die Infos gewinnträchtig um.
Ich kannte sie gut. Einmal hatte ihr ein Industrieller vom Ort, der mit Fahrradfelgen reich geworden war, den Hof gemacht. Im passenden Moment war er nach Rumänien umgezogen, denn dem unersättlichen Rom Steuern zu zahlen und sich mit den Gewerkschaften herumzuschlagen, nervte ihn wirklich. Der naive Mensch dachte, er geht mit einer Dame ins Bett, und vertraute ihr an, er sei die Minderjährige leid, die er in Timis¸oara vögelte. Während Morena sich die Strümpfe anzog, verlangte sie schon ein Extrageschenk, damit sie ihn nicht bei seiner Frau verpfiff.
Der Mann hatte sich an einen Anwalt gewandt, der mich für die Verhandlungen engagierte. Anfangs hatte ich nichts davon wissen wollen. Für mich sah es aus wie die übliche sexuelle Ausbeutung, garniert mit Machtmissbrauch und Gelderschleichung. Der Industrielle hatte mich aber unbedingt treffen wollen, koste es, was es wolle, und er schwor mir, die sechzehnjährige Rumänin in Ruhe zu lassen, mehr noch, er wollte ihr Arbeit verschaffen und ihrer Familie unter die Arme greifen. Der Anwalt wollte dafür garantieren, dass er sein Versprechen hielt. Ich nahm das an, es war die einzige Möglichkeit, dass die junge Frau da rauskam, ohne sich mit einem Fußtritt begnügen zu müssen. Mit Morena eine Absprache zu treffen, war schon schwieriger. Sie machte einen auf feine Dame, verabredete sich mit mir in teuren Restaurants und verlangte eine astronomische Summe. Zur großen Zufriedenheit des Erpressten konnte ich sie auf fünfzigtausend drücken.
In der Folge begegneten wir uns hin und wieder in den Aperitif-Lokalen. Sie begrüßte mich dann ganz begeistert, als wären wir alte Freunde. Ich hatte immer eine professionelle Distanz zu ihr gewahrt, aber in Wirklichkeit gefiel sie mir ganz gut. Gerade so viel, um miteinander ins Bett zu gehen. Eines Nachts vertraute ich das auf der Suche nach Zuspruch meinen Freunden an. Das war der nächste Fehler.
»Wie kannst du auch nur daran denken?« Max war empört. »Sie wirkt wie die Hexe aus Schneewittchen.«
»Unserem Marco gefallen gefährliche Schlampen«, erklärte Beniamino. »Wie als er seinerzeit auf Sardinien diese psychopathische Killerin gevögelt hat.«
»Ich weiß noch gut. Die berühmte Gina Manes«, erinnerte sich der Dicke.
»Kommt, lassen wir die alten Geschichten ruhen«, protestierte ich.
»Gut. Von Frauen verstehst du jedenfalls nichts«, beendete der alte Rossini das Thema, und wir sprachen über etwas anderes.
Doch an dem Tag, als ich sie wiedersah, auf einem Barhocker sitzend, die übergeschlagenen Beine sahen aus einem eleganten kurzen Rock hervor, dachte ich, es war ein Irrtum, es nicht zu versuchen. Und wenn ich von Sylvies Verschwinden nicht so erschüttert gewesen wäre, hätte ich ihr etwas zu trinken angeboten.
Morena war mein wohlgefälliger Blick durchaus nicht entgangen. »Bist du wegen der Arbeit hier oder zum Vergnügen?«
»Arbeit.«
»Aber du würdest gern was anderes machen, stimmt’s?«
»Nein.«
Sie zog einen Schmollmund wie ein kleines Mädchen. »Lügner.«
Morena wollte das Spiel gern weiterspielen, doch der Anblick meiner beiden Freunde zeigte ihr, dass es an der Zeit war, in Verhandlungen einzutreten.
»Weihnachten muss ich jede Menge Geschenke machen«, erklärte sie. »Das ist zurzeit wirklich furchtbar teuer.«
»Halt den Mund und hör zu«, zischte Rossini.
»Wirklich ein feiner Herr, dein Freund«, bemerkte sie und glitt von dem Barhocker. Sie nahm mich beim Arm und deutete auf einen Tisch etwas abseits. »Ich rede nur mit dir.«
Ich erklärte ihr, was für eine Art Information wir suchten. Sie blähte die vom Koks geröteten Nüstern wie eine Wölfin, die Beute wittert.
»Und was springt für mich dabei heraus?«
»Werd bloß nicht nervös«, bemerkte ich kühl. »Viel Geld ist damit nicht zu machen.«
Sie griff mit ihren rot lackierten Fingernägeln ins Glas, holte die Orangenscheibe heraus und lutschte gemächlich daran, um mir zu zeigen, wie geschickt sie das machte. »Ich glaube dir nicht.«
»Dein Fehler.«
»Die Polizei hat den Diebstahl zu den Akten gelegt«, erklärte sie. »Wenn ich heute meinen hübschen Bullen anrufe, der mir am Monatsende das Gehalt zahlt, und ich
Weitere Kostenlose Bücher