Banditenliebe
ihm erzähle, ich könnte ihm die Namen der Täter nennen, dann kreuzt er nicht mal auf.«
Ich spitzte die Ohren. »Warum denn das?«
Sie tat gespielt einen Deckel auf einen Topf. »Ich hab’s dir gerade gesagt: Die Sache ist zu den Akten gelegt.«
»Du scheinst dich ja gut damit auszukennen.«
Sie lächelte. Verführerisch sah sie diesmal wirklich nicht aus. »Mag schon sein. Aber wenn ich etwas erfahre, will ich zehntausend Euro.«
»So werden wir nicht handelseinig.« Ich stand auf.
Sie griff nach meinem Handgelenk. »Mein Bulle hatte sich mit den Ermittlungen beschäftigt, aber nicht offiziell, verstehst du?«
Das verstand ich bestens, aber ich mochte mich nicht allzu interessiert zeigen. »Wie so viele in der Zeit.«
Sie stand auf und kam mit dem Mund ganz nah an mein Ohr. »Aber er mag zwei Sachen ganz besonders«, säuselte sie. »Geld und wie ich ihn lutsche.«
Ihr warmer Atem ließ mir ein Frösteln die Wirbelsäule herunterlaufen. »Meine Handynummer kennst du«, murmelte ich und ging.
Spät am Nachmittag verlor Rossini die Geduld mit einem Idioten, der lange wegen Entführung gesessen hatte und uns verarschen wollte. Er hatte wohl vergessen, dass wir alle drei auch schon Gäste des Staates gewesen waren und jeden Trick in der Kunst des Lügens beherrschten. Wir saßen in einem Bierlokal, der Typ neben Beniamino, der nur einfach die Hand ausstreckte und seine Hoden packte, mit einem Griff, der in der Welt des Schmuggels legendär war.
Das Arschloch sperrte vor Schmerz den Mund auf, unfähig, das kleinste Geräusch von sich zu geben, und legte die Stirn auf die Tischplatte. »Verpiss dich«, zischte Rossini.
»Lass ihn«, sagte ich, besorgt, der Auftritt könnte jemandem auffallen. »Der Knast hat ihn verdorben.«
»Ach was, kennst du jemanden, dem er gutgetan hat?«, sagte Max polemisch.
»Ich meine ja nur … er ist eben ein Trottel.«
Der Dicke ließ nicht locker. »Beniamino hat länger gesessen als er«, erklärte er. »Und was soll das heißen? Dass er ein noch größerer Trottel ist als das Arschloch da?«
Der Ex-Entführer drehte sich zur Wand, um sich zu erbrechen. Wir widmeten ihm kaum einen Blick.
»Was ist los?«, fragte ich. »Willst du streiten?«
Der Dicke schüttelte den Kopf. »Du redest nur manchmal wirklich Blödsinn. An diesem Tisch sitzen mehr als vierzig Jahre Knast, und du kommst mit geistreichen Bemerkungen.«
Der alte Rossini stand auf. »Basta«, befahl er. Und zu Max sagte er: »Von der nächsten Psycho-Tante, die du abschleppst, lässt du dir diese Angst vorm Knast ausreden. Du hast zu kurz gesessen, um dich als Lebenslänglicher aufzuspielen.«
Der Dicke wollte gerade etwas erwidern, als der Kellner kam. Osteuropäischer Akzent. Vielleicht Ukrainer. Er deutete auf den Typen, der immer noch zusammengeklappt auf der Bank saß, und auf die Essensreste am Boden.
»Und wer macht das jetzt sauber?« fragte er angewidert.
»Das Problem ist, euer Bier ist zu kalt«, beklagte ich mich.
»Und verwässert ist es auch«, meinte Beniamino.
Ich ging an ihm vorbei und steckte ihm einen Zwanziger in die Hemdentasche. »Tut uns leid.«
Manchmal hatte ich Streit mit Max. Mit Beniamino war es zwar schwieriger, aber nach zehn Minuten war es immer gut. Max La Memoria hingegen war reizbarer als ich, und bisweilen dauerte es mehrere Tage, bis einer von uns beiden den ersten Schritt zur Versöhnung machte.
Diese Situation war jedoch anders gelagert, und ich verlor keine Zeit. »Zukünftig werde ich Anspielungen auf den Knast möglichst unterlassen.«
Max lachte laut los. »Scheiße, das war schnell. Du hast mir nicht mal Zeit gelassen, den Schnabel zu halten.«
Als wir in den Wagen stiegen, spähte ich in den Rückspiegel und sah den Dicken, wie er in Gedanken versunken aus dem Fenster schaute. Beniaminos Worte hatten ihn hart getroffen, aber sie waren nur zu berechtigt gewesen. Der Knast ist eine widerliche Bestie, und wer irgendwann mit ihr Bekanntschaft geschlossen hat, muss seinen Frieden mit ihr machen. Bei jeder Gelegenheit herumzujammern hat keinen Zweck.
In der Nacht durchstreiften wir die Straßen auf der Suche nach alten Huren und Transen, die als redselig galten. Wir fanden nur wenige, die meisten hatten sich zurückgezogen.
»Ja, die guten Zeiten sind vorbei«, meinte Angelica, eine Transe, die keine allzu kurzen Miniröcke anziehen konnte, weil sonst ihre Ausstattung zwischen den Beinen zu sehen war. »Alles ausländische Ware heutzutage.«
»Hast du dich
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