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Banditenliebe

Banditenliebe

Titel: Banditenliebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Massimo Carlotto
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der Calvados-Flasche, obwohl es noch zu früh zum Trinken war. Ich goss das erste Glas in einem Zug herunter. Ich wollte mich schnell betäuben.
    Beim dritten Glas fiel ich aufs Sofa und richtete die Fernbedienung auf den CD -Player. Ich drückte auf Play und stellte die Lautstärke auf Maximum. Die Stimme von Jimmy Witherspoon explodierte; er sang Money’s Gettin’ Cheaper .
    Ich kann nicht mehr leben
    Aber ich muss es versuchen
    Seit die Totengräber im Bürgermeisteramt sitzen
    Ist es auch teuer geworden zu sterben
    In der dreißigsten Nacht hörte mein Handy nicht auf zu klingeln. Ich schlug die Augen auf und orientierte mich langsam: Ich lag auf dem Sofa, im Fernsehen eine Softporno-Darstellerin aus den Siebzigern, die die Potenz eines Amuletts rühmte. Ich griff nach dem Telefon und kontrollierte die Nummer auf dem Display. Es war eine, die ich gespeichert hatte. Ich richtete mich jäh auf, als ich den Namen las.
    »Sylvie!«, rief ich erleichtert.
    Es war eine Frauenstimme, aber ich hatte sie nie zuvor gehört. Kalt wie das Wasser eines Bergbachs. Starker deutscher Akzent, zu stark, um glaubhaft zu sein. »Du musst noch eine Arbeit zu Ende bringen, für die du bezahlt worden bist.«
    »Greta Gardner«, riet ich.
    »Genau. Dann brauche ich ja nicht in die Details zu gehen.«
    »Erzähl mir von Sylvie!«
    »Du findest einen Umschlag im Briefkasten«, sagte sie, dann hängte sie ein.
    Ich stürzte die Treppe hinunter. Ein gelber Umschlag mittlerer Größe, persönlich eingeworfen. Er enthielt ein Foto von einer Tänzerin in Bühnenkleidung. Das geschminkte Gesicht trug ein Lächeln, aber die Augen, die im Moment des Abdrückens ins Objektiv schauten, erzählten eine Geschichte von Gefängnis, Wut und Schmerz. Ich betrachtete Tag und Stunde, die rot unten links verzeichnet waren. Sylvie lebte.
    Erneut stürzte ich über die Treppe, hämmerte mit den Fäusten gegen Max’ Tür und rief Beniamino an. Beim zweiten Läuten nahm er ab. Wieder eine schlaflose Nacht.
    »Komm schnell«, keuchte ich.
    Der Dicke kam. Er besah sich das Bild. »Ich mache Kaffee«, sagte er mit gebrochener Stimme und zog sich in die Küche zurück, um dort in Ruhe zu weinen. Ich hatte zu viel Alkohol und zu viel Adrenalin intus, um es ihm gleichzutun. Ich zog die Schublade auf, in der ich die Kopie des Passes von der Gardner aufbewahrte. De Angelis, der Ex-Kommissar, hatte sie als attraktive Frau beschrieben. Falls das stimmte, wurde das Foto ihr nicht gerecht. Darauf erschien sie als fade, unspektakuläre Blondine.
    Bis dahin hatte ich gedacht, dass der sogenannte Pierre Allain sie als Tarnung dabeigehabt hatte. Dabei hatte sie das Kommando, das war mir klargeworden, als ich ihre Stimme hörte. Wirklich, von Frauen verstand ich nicht viel.
    Der alte Rossini küsste das Foto, dann umarmte er uns beide fest. Er führte sich die Hand übers tränengefurchte Gesicht. »Meine Sylvie …«
    Kaffee. Dann eine gute Stunde über immer wieder die Fäuste auf den Tisch und der Ausruf: »Verflucht, sie lebt! Verflucht nochmal!«
    Und: »Wir müssen sie befreien, wir müssen die Arschlöcher auftreiben, die den Raub begangen haben, und dann müssen wir verhandeln, aber schwer aufpassen, dass wir uns nicht ficken lassen, denn die Alte hat einen Plan, um sich zu rächen …«
    Als sich der durch die Nachricht ausgelöste Gefühlssturm allmählich legte, betrachteten wir die Lage genauer. Sylvie war Gefangene der Komplizin – und, wer weiß, vielleicht Geliebten – des Typen mit dem Ring, die über dessen verfrühtes Abtreten durchaus nicht froh war und eine teuflische, komplizierte Rache ersonnen hatte.
    Sie hatte Sylvie einkassieren und uns durch ihr Schweigen einen Monat lang im Leeren kreisen lassen. Jetzt hatte sie sich mit einer konkreten Forderung gemeldet: die Verantwortlichen für den Drogenraub ermitteln. Es waren seither mehr als zwei Jahre vergangen, warum sollte die Sache immer noch so wichtig sein? Nur eines war klar: Wir hatten keine andere Wahl, als anzunehmen.
    Auch wenn sie es nicht explizit gesagt hatte, Sylvies Schicksal hing von dieser Ermittlung ab. Natürlich waren wir nicht so naiv zu glauben, das Ganze würde mit einem Austausch zu Ende gehen. Rossinis Frau sollte am Leben bleiben, bis wir den Fall gelöst hatten. Dann würde sie beseitigt werden. Und möglicherweise wir alle.
    Ich nahm das Foto zum x-ten Mal in die Hand und betrachtete es. Sie hätte uns irgendein Bild von Sylvie schicken können, aber nein, sie hatte sie

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