Banditenliebe
oft mit Beniamino gearbeitet hatte, mit dem Treffen einverstanden erklärt. Beim Warten auf die Antipasti sprach er lange und mit großer Begeisterung von klassischer Musik. Aber er machte auch klar, dass er die nötigen Informationen eingeholt hatte, indem er über Jazz und Blues plauderte und sich bei mir über einige Musiker erkundigte, die im Winkel aufgetreten waren.
»Ich habe in Belgrad ein Konzert von Maurizio Camardi gehört«, erzählte er. »Ich war mit meiner Tochter da.«
Er versenkte erst einmal genüsslich die Gabel im Risotto, bevor er sich bereit zeigte, uns anzuhören. Max machte seine Ledertasche auf und holte eine Aktenmappe heraus, die die Fotokopien der angeblichen Pässe von Pierre Allain und Greta Gardner enthielt sowie Fotos und Informationen zu Sylvie. Er schob das Ganze dem Gorilla hin, der neben ihm saß, und der gab es seinem Boss weiter. Gangster mögen es, wenn die Hierarchien beachtet werden.
»Der Mann ist tot. Wie wir wissen, war er ein Vertrauter der serbischen Polizei«, erklärte ich. »Die Frau hat Rossinis Lebensgefährtin entführen lassen und verlangt im Austausch mit ihr Informationen über den Drogenraub aus der Rechtsmedizin in Padua von 2004.«
»Und ihr wollt wissen, welche ›Interessen‹ sie vertreten?«
»Wir wollen so viel Unterstützung wie möglich.«
Er wollte sichergehen, dass er richtig verstanden hatte. »Das heißt?«
»Informationen. Alles, was wir brauchen können, um die Sache aufzuklären.«
»Und um meine Frau zu retten«, klärte Rossini.
»Ein großer Gefallen, der erwidert werden müsste … mit Zinsen, wie ihr Italiener sagt.«
»Dazu sind wir bereit.«
Stojkovi ć nickte. Er blickte Beniamino in die Augen. »Sie haben ein schönes Motorboot.«
»Es gibt kein schnelleres.«
»Eine Kurierfahrt für Informationen über den Raub«, schlug Stojkovi ć vor. »Und zwei für alle Informationen über die Gardner oder Ihre Herzensdame, die wir innerhalb einer Woche beschaffen.«
»Einverstanden. Was für eine Ware werde ich transportieren?«
»Diese Frage beantworte ich nicht. Ist das ein Problem?«
Der alte Schmuggler schüttelte den Kopf, und der serbische Gangster lächelte zufrieden: »Wir sind nicht ausgerüstet für den Transport übers Meer. Vielleicht lohnt es sich ja in Zukunft für Sie, für uns zu arbeiten.«
Rossini ließ sich Zeit. »Eins nach dem anderen.«
Der Bodyguard füllte Stojkovi ć s Glas mit einem hervorragenden Sauvignon aus dem Friaul. Unter genüsslichem Schlürfen begann der Serbe zu erzählen. Ein Großteil des aus der Rechtsmedizin verschwundenen Heroins hatte der kosovarischen Mafia gehört. Zwei Drittel des in Europa vertriebenen Stoffs stammten aus Afghanistan und wurden im Kosovo raffiniert, um dann in verschiedenen Ländern vertrieben zu werden. Seit 1997 beherrschten die Kosovaren den Markt in der Schweiz, in Österreich, Belgien, Deutschland, Ungarn, Norwegen, Tschechien und Schweden. In Italien hatten sie noch zwei Konkurrenten, die Türken und die Serben, die sich jedoch erheblichen logistischen Problemen gegenübersahen und anders als die Kosovaren keinerlei »Erleichterungen« seitens der Geheimdienste erwarten konnten.
»Das heißt, der Raub ist von den italienischen Behörden organisiert worden?«
»Ja.«
»Und warum?«
»Das Kosovo bewegt sich triumphal auf die Unabhängigkeit zu. Aber die UCK ist nicht nur ein Heer von Freiheitskämpfern, sondern vor allem der bewaffnete Arm der Mafia, die sich weitgehend aus diesen Männern rekrutiert.«
»So sehen es jedenfalls die Serben«, unterbrach ich ihn.
Er legte das Besteck auf den Teller und verschränkte die Hände unter seinem Kinn. »Ich bin zutiefst überzeugt, dass das Kosovo zu meinem Land gehört, aber hier geht es um ein Geschäft: Informationen gegen eine Dienstleistung, und ich bin korrekt. Was ich hier erzähle, ist kein Kneipengeschwätz, verstehen Sie, Signor Buratti?«
»Ich verstehe sehr gut. Entschuldigen Sie bitte.«
Noch einen Schluck Wein, dann schilderte er die Hintergründe des Raubs und ließ dabei seine gegrillte Dorade kalt werden. Die Kosovo-Mafia zielte darauf ab, einen Drogenstaat mitten in Europa aufzubauen, doch in den Augen der internationalen Öffentlichkeit durfte das einzig als Befreiungskampf der albanischen Mehrheit gegen das Belgrader Joch erscheinen. Die kolumbianische Mafia hatte schon Vereinbarungen angeboten, um ihr Kokain dort anlanden zu können; die Kosovaren sollten es dann über ihre eigenen Kanäle
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