Banditenliebe
den Weg. »Und du hast ihm meinen Namen genannt«, fuhr ich fort. »Er kam in mein Lokal, und als ich ihm sagte, dass ich nicht für ihn arbeiten würde, hat er versucht, einen auf harter Kerl zu machen. Du hattest ihm dazu geraten, stimmt’s?«
Er breitete die Arme aus. »Ich hab mich ein bisschen amüsiert, und?«, prustete er. »Du hast mich als blöden Idioten hingestellt, und ich habe mich revanchiert, indem ich dir diesen Idioten auf den Hals geschickt habe. Und jetzt, nach zwei Jahren, kommst du und gehst mir auf die Nerven?«
»Ich will nur wissen, wer das war.«
»Keine Ahnung.«
»Quatsch. Sonst hättest du dir das nicht erlaubt.«
Er versuchte es mit Drohungen: »Ich kann dir immer noch jede Menge Ärger machen.«
»Ich dir auch«, entgegnete ich. »Aber wenn du mir seinen Namen sagst, bist du mich in zwei Minuten für immer los.«
Er lachte. »Du weißt nicht, wie sehr du mir auf den Wecker gehst.«
»Du bist auch nicht die Liebe meines Lebens.«
»Er ist Schweizer«, erzählte er schließlich. »Ein gerissener Hund; ein Informant hatte ihn als Vertrauten der serbischen Polizei benannt.«
Noch ein Spion. »Und was haben die Serben mit dem Raub zu tun?«
»Du fragst zu viel. Ich habe wirklich keine Ahnung«, stotterte er und ging weiter heimwärts.
»Und du wolltest es auch gar nicht wissen?«
»Nein. Außerdem hätte ich das nie herausfinden können angesichts des schlechten Verhältnisses zu diesen Leuten.«
Die Serben, die Bösewichter von Ex-Jugoslawien. Als ob die anderen harmlos wären. »Der Name!« Fast schrie ich. »Wie hieß er?«
De Angelis wusste es nicht mehr, aber er empfahl mir, im Gästeverzeichnis eines bestimmten Hotels nachzublättern.
»Such ein Paar.«
»Er war nicht allein?«
»Nein. Er hatte eine Frau dabei. Eine gutaussehende.«
Wir warteten auf die Nacht. Die Portiers, die dann Schicht haben, sind leichter zu bearbeiten, und die menschenleeren Foyers helfen dabei, sie zu überreden. Es waren schwierige Stunden. Meine Freunde ließen mich das Gespräch mit dem Ex-Kommissar mehrfach wiederholen und sezierten jedes Wort. Dass die Polizei von Belgrad in die Sache verwickelt war, ließ nichts Gutes vorausahnen und verkomplizierte die Geschichte weiter.
Um zwei Uhr nachts klingelte ich an der Hoteltür. Es öffnete ein Maghrebiner um die fünfunddreißig. Er war nicht froh, dass ich ihn geweckt hatte.
»Wir haben keine Zimmer frei, tut mir leid«, sagte er.
»Ich brauche kein Zimmer«, erklärte ich. »Ich hab ein Wörtchen mit dir zu reden.«
Er nickte resigniert. »Alle wollen sie mit mir reden, und immer nachts«, beschwerte er sich. »Carabinieri, die Infos über bestimmte Gäste haben wollen, Huren, die ihre Freier mit aufs Zimmer nehmen wollen, ohne sich zu registrieren, Dealer, die ihre Tütchen abliefern wollen … Und du, was willst du?«
»In einem alten Register nachschauen.«
»Und wie viel zahlst du?«
Ich zog einen Zweihundert-Euro-Schein hervor.
Er seufzte. »Ich verdiene siebenhundert im Monat.«
»Dann müssen die hier dir doch gut passen.«
»Unbedingt.« Er nahm den Geldschein. »Komm, ich zeige dir, wo’s langgeht.«
Eine halbe Stunde später verließ ich das Hotel und verabschiedete mich mit einem Händedruck von dem Portier. Mich fröstelte in der Kälte dieses Novemberabends, ich zündete mir eine Zigarette an und wurde von den Scheinwerfern von Beniaminos Wagen angestrahlt, der sich vom Bürgersteig löste und langsam auf mich zurollte.
»Er hieß Pierre Allain, die Frau Greta Gardner«, teilte ich Max mit und hielt ihm die Kopien der Pässe hin.
»Die Namen stinken meilenweit nach Fälschung«, lachte der Dicke. »Wie kann sich eine nur Greta Gardner nennen?«
Er hatte natürlich recht. Die Papiere waren gefälscht. Wieder ein Schlag ins Wasser. Herausgeworfenes Geld, wertvolle Zeit, für immer vergeudet, Sylvie immer ferner. Nach weiteren achtundvierzig Stunden, in denen wir versuchten, irgendeinen Anhaltspunkt zu finden, mussten wir uns der Verzweiflung ergeben. Es waren genau einundzwanzig Tage seit ihrem Verschwinden.
»Und was soll ich jetzt machen?«, fragte sich Rossini laut. »Nach Hause fahren und mir sagen, ›morgen ist ein neuer Tag‹, oder so einen Scheiß?«
Max und ich schwiegen. Jetzt ließ sich nichts Sinnvolles mehr sagen. Beniamino verließ den Winkel, ohne sich zu verabschieden. Der Dicke stand auf und goss sich eine großzügige Portion Grappa ein.
»Alkohol. Das ist das Einzige jetzt.«
Ich griff nach
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