Banditenliebe
abhören.«
»Hat er dir das erzählt?«
»Ja.«
›Und was kommst du und erzählst mir das?‹, dachte ich. Aber wenn sie mich von der Spur hätte ablenken wollen, hätte sie mir eine Geschichte erzählen können, in der die Polizei nicht vorkam.
»Sie haben den Stoff bis vor einem halben Jahr zurückgehalten, und jetzt verkaufen sie ein Kilo pro Monat über eine Bande, die für sie dealt.«
»Mein Geld bleibt, wo es ist. Die Geschichte interessiert mich nicht mehr.«
»Verpiss dich«, stammelte sie enttäuscht.
»Gib mir den Namen von diesem Typen und seine Handynummer.«
»Seit wann bist du der Rächer der misshandelten Mädchen?«
›Tja, für dich mache ich das ja auch nicht‹, dachte ich. Es war für Sylvie. Es gelang mir nicht, dieses verfluchte Foto aus dem Sinn zu bekommen. »Gibst du mir beides oder nicht?«
Sie steckte die Hand in die Tasche und holte eine Visitenkarte heraus. »Hier. Ich brauche sie nicht mehr.«
Rocco Ponzano war nicht größer als ein Meter sechzig, aber er war der geborene Schläger. Um ihn von dem schlechten Umgang in den Gassen von Genua wegzubekommen, hatte sein Vater ihn mit vierzehn in ein Boxstudio gesteckt. Vier Jahre später war er dort ausgetreten, hatte aber die alten Freunde wieder getroffen, die geduldig auf ihn gewartet hatten und ihm den Weg in den Knast bahnten, und dort hatte ich ihn kennengelernt. Jetzt lebte er in Padua und arbeitete in einer Wiedereingliederungskooperative für ehemalige Strafgefangene. Er hielt sich auf dem rechten Weg, aber diesen Gefallen konnte er mir nicht abschlagen. Er hatte mir zu viel zu verdanken.
Das Arschloch, das sich mit Morena vergnügt hatte, lebte mit Frau und Tochter in einer Villa in Este, einer gepflegten Ortschaft der Provinz. Am selben Abend, als er vor der Haustür aus seinem Fünfzigtausend-Euro-Wagen stieg, stand er Rocco gegenüber, der ihn mit einer Reihe präziser, brutaler Schläge ins Gesicht empfing. Er konzentrierte sich auf Nase und Augenbrauen.
Ein paar Stunden später, als ich sicher sein konnte, dass er aus der Ambulanz entlassen war, rief ich ihn aus einer Telefonkabine an. Ich hielt ihm eine kleine Rede über gute Manieren. Er schwor mir beim Kopf seiner Tochter, dass er die Lektion begriffen hatte.
Dann verlor ich die Nerven. »Was habt ihr nur alle?«, schrie ich. »Könnt ihr nicht mehr normal vögeln? Müsst ihr immer gewalttätig und brutal sein?«
Ich rauchte ein paar Zigaretten, in meinen Wagen eingeschlossen, dann fuhr ich zum Winkel zurück, wo Max den ganzen Tag in seiner Wohnung geblieben war. Er zeigte mir das Foto von Fatjion Bytyçi am Tag seiner Verhaftung.
»Er sieht mehr aus wie ein Stenz als wie der Erbe einer Mafia-Dynastie. Sieh dir nur mal an, wie der sich anzieht, verfluchte Scheiße.«
Er hatte nicht ganz unrecht. »Diese Kosovaren sind noch ziemlich bäurisch. Die werden ihren Stil finden, wenn Hollywood sich um sie kümmert.«
»Du siehst zu viel fern.«
»Nie genug. Hast du noch was über ihn gefunden?«
»Nichts.«
»Ich habe Morena getroffen.« Und ich erzählte ihm die Geschichte von der Polizistenbande.
Er machte eine wegwerfende Geste. »Unfug. Und selbst wenn das wahr wäre, es würde uns nicht helfen, Sylvie zu finden.«
Pavle Stojkovi ć hielt Wort und rief uns am siebenten Tag zusammen. Diesmal in einer eleganten Patisserie in Vicenza. Er fragte Rossini nach der Fahrt und zeigte sich unzufrieden, dass sie so lange gedauert hatte.
Wir waren von alten Leuten umgeben und von Müttern, die ihre Kinder ermahnten, sich nicht mit Schokolade und Sahne zu beschmieren. Die Atmosphäre wurde immer weihnachtlicher, alles ringsum funkelte und ließ für uns diese Tage noch irrealer und tragischer erscheinen.
Der serbische Gangster bestellte einen Tee und wartete schweigend auf ihn. Er begann zu sprechen, einen Moment bevor Rossini platzte und ihn an die Wand knallte.
»Zu Greta Gardner haben wir nichts herausbekommen«, erklärte er. »Aber wir haben erfahren, dass eine Bauchtänzerin, auf die die Beschreibung der verschwundenen Dame passt, seit einiger Zeit in einem Bordell in der Umgebung von Grenoble auftritt.«
Ich spähte nach Beniaminos Gesicht. Marmorn. Stojkovi ć sah ihm direkt in die Augen.
»Es tut mir leid, Ihnen das berichten zu müssen … Es handelt sich um einen sehr speziellen Ort.«
Mein Freund schluckte. »Ein Club für Gang Bangs?«
»Leider ja.«
Kurz verschlug es mir den Atem. Gruppenvergewaltigung. Die Männer sahen ihr beim Tanzen zu,
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