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Bangkok Tattoo

Bangkok Tattoo

Titel: Bangkok Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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aussehen.«
    »Kommen Sie«, sagt Mustafa mit so eindringlicher Stimme, daß ich einen Augenblick glaube, er wolle mich aus dem Raum eskortieren. »Kommen Sie nach Songai Kolok. Wir wissen Bescheid über Sie. Sie sind ein komplexer Mensch, aber aufrichtig, und Sie nehmen den Buddhismus ernst. Wenn Sie Ihren Bericht schnell abliefern, uns darin entlasten, wird es anderen später schwerfallen, ihm zu widersprechen.«
    »Aber wie soll ich einen solchen Bericht rechtfertigen, wenn der Fall abgeschlossen ist?«
    Mustafa antwortet voller Ungeduld: »Ihrem Colonel wird es nicht gelingen, die CIA an der Nase herumzuführen. Wir kennen die Einzelheiten seiner Vertuschungsgeschichte nicht, aber mit Sicherheit handelt es sich um eine Sammlung von Lügen. Die Amerikaner werden bald Agenten nach Thailand schicken, und wie unaufrichtig die sind, wissen wir alle. Machen Menschen, die unter fadenscheinigen Vorwänden in souveräne Staaten einmarschieren, vor irgend etwas halt? Im Westen würden viele von einer kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Islam profitieren.«
    Ich schüttle den Kopf, sehe vom einen zum anderen.
    »Das heißt, Sie schieben den Schwarzen Peter mir zu?«
    Vielleicht täusche ich mich, aber ich meine, ein Lächeln über die Lippen des alten Mannes huschen zu sehen.

11
    Mit Ohrstöpseln lausche ich Rod Tit FM, während ich überlege, was ich mit dem noblen Imam und seinem Sohn machen soll. Ich spiele mit dem Gedanken, Vikorn anzurufen, der für ein paar Tage hinauf in sein Haus in Chiang Mai geflogen ist, um mit seiner vierten mia noi oder Nebenfrau zusammenzusein, einer temperamentvollen jungen Dame, die sich von dem Gangster nichts gefallen läßt – und auch keine Kinder von ihm haben will, was einer Vikorn bis dato unbekannten revolutionären Form der Meuterei gleichkommt. Pisit läßt sich mittlerweile darüber aus, wie abergläubisch wir Thais doch immer noch sind. Opfer seiner Häme ist ein moordu, ein professioneller Seher und Astrologe, Angehöriger einer Spezies, die Pisit ganz offensichtlich verachtet.
     
    Pisit: Wenden wir uns doch mal dem aktuellen Trend, Lotterievorhersagen zu kaufen, zu.
    Seher: Ja?
    Pisit: Wie jämmerlich das doch ist. Wir Thais geben mehr Geld für diese kleinen Heftchen an den Kiosken aus als für Pornographie.
    Seher: Wollen Sie damit sagen, Pornographie wäre der bessere Aberglaube?
    Pisit: Nein, das soll heißen, daß Pornographie überhaupt kein Aberglaube ist. In anderen Ländern verdienen Kioske sich ihr Geld mit offener Lust, nicht mit mittelalterlichem Humbug. Beteiligen Sie sich auch an diesen Vorhersagen?
    Seher: Nein, dazu fehlt mir die Qualifikation.
    Pisit: Dann gibt es also in Ihrer Branche einen Zweig mit speziellen Qualifikationen zur Vorhersage der Gewinnzahlen in der Lotterie der nächsten Woche?
    Seher: Ja, so könnte man das ausdrücken.
    Pisit: Und wie hoch ist die Erfolgsquote?
    Seher: Unterschiedlich. Manche haben eine ziemlich hohe Trefferquote und können die Chancen um bis zu fünfzig Prozent steigern.
    Pisit: Indem sie wie Sie in eine Kristallkugel blicken?
    Seher: Nein, das geht ein bißchen anders: Jemand besticht den Verantwortlichen der Lotterie, und der verdient sich etwas, indem er die Heftchenschreiber instruiert. Die müssen dann so tun, als handelte es sich um Humbug, wie Sie es ausdrücken, und die Trefferquote künstlich niedrig halten, damit niemand Verdacht schöpft. Das ist nicht so riskant wie der direkte Gewinn durch die Bestechung des Lotterieverantwortlichen, denn da wird man leichter erwischt.
     
    Endlich bringe ich den Mut auf, Vikorn anzurufen, der sich in der Sommerfrische nur ungern mit geschäftlichen Dingen auseinandersetzt. Doch er hört mir zu, und nach einer Weile sagt er mit ein wenig stockender Stimme: »Nusee Jaema hat mit der Sache zu tun? Bist du sicher?«
    »Ja. Kennen Sie ihn?«
    »Natürlich. Er ist der einflußreichste Moderate im Süden und hat ein Netzwerk aufgebaut, das sein Sohn für ihn leitet. Er wandelt auf einem schmalen Grat. Wenn er mit uns kooperiert, sehen seine Leute ihn möglicherweise als Verräter. Wenn nicht, könnte er als militant dastehen.«
    »Was für eine Art von Netzwerk?«
    »Ein Netzwerk der Information. Fahr mal lieber runter und schau, was du rauskriegen kannst.«
     
    Offenbar bleibt mir die Reise in den gottverlassenen Süden nicht erspart. Doch am nächsten Morgen in der Bar werde ich, nicht zum erstenmal, durch eine E-Mail-Botschaft auf einem Computerbildschirm

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