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Bangkok Tattoo

Bangkok Tattoo

Titel: Bangkok Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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große Achtung entgegen, denn sie und ich, wir ziehen die Hockstellung vor, und keiner von uns hat jemals unter Verdauungsstörungen gelitten, farang.
    In Hat Yai nehme ich ein Taxi zum Bahnhof.
    Apropos Eisenbahn: Wahrscheinlich haben wir unsere Züge zur Glanzzeit des Empire von den Briten erworben; irgendein kammgarngewandeter Edwardianer in den englischen Midlands berechnete wohl, daß man, wenn man die Polsterung wegließe, einen Thai pro Sitz mehr unterbringen könne. Nach einer halben Stunde Fahrt haben die Latten bereits ein Muster in mein Hinterteil gedrückt, das nun vermutlich einem Gatter gleicht.
    Landschaft: Kleine, schwarze, geigenförmige Vögel singen im Gleichklang auf Telefonkabeln, ein silbergrauer Büffel walzt durch ein Feld, nackte Kinder spielen in einem Bach, das Gras ist grün wie auf einem Spieltisch, auf den überfluteten Feldern sehe ich die ersten zarten Schößlinge der zweiten Reisernte; alles wird durch die Hitze verzerrt. Der Anblick südlich von Hat Yai verändert sich dramatisch, allerdings nicht aus geographischen Gründen. Urplötzlich tragen die auf den Feldern arbeitenden Frauen islamische Kopftücher und lange Röcke. Viele von ihnen sind von oben bis unten schwarz gekleidet. Es liegt nicht in der Natur unserer Frauen, ihre Gesichter aus Prüderie zu verhüllen, folglich ist die Botschaft unmißverständlich: Hier befinden wir uns in einem anderen Land. Auch die Männer tragen islamische Kopfbedeckungen, entweder die an ihre jüdischen Brüder erinnernden Scheitelkäppchen oder blumentopfähnliche Dinger, die schräg auf dem Kopf sitzen. Es ist früher Abend, kurz vor Sonnenuntergang, und durch die Dämmerung schallen die Rufe unsichtbarer Muezzins, die die Gläubigen in die Provinzmoscheen holen. Ich bekomme es mit der Angst zu tun. Hier unten im Süden ist alles möglich.
    Der Zug erreicht Songai Kolok in der Dunkelheit, und mein Instinkt rät mir, den Ort in Augenschein zu nehmen, bevor ich mich mit Mustafa in Verbindung setze.
    Jedes zweite Gebäude der Hauptstraße scheint auf Gäste zu warten, und ich spiele mit dem Gedanken, mich aus nostalgischen Gründen in einem der heruntergekommeneren einzuquartieren (ich könnte ein Buch über die Absteigen schreiben, in denen Mum und ich im Ausland wohnten, wenn sie zwischen zwei Kunden pendelte), entscheide mich aber dagegen. Ich werde einen Moslem gewogen stimmen müssen, also wähle ich das auf den ersten Blick größte und beste Hotel. Sein Name lautet »Gracious Palace«, und zwar in Thai, Malaiisch und Englisch; es ist gleichzeitig groß, teuer, zu hell und schmuddelig. An der Rezeption erhalte ich Handtücher, Seife und drei Kondome. Nun, zumindest kann niemand behaupten, daß man die Aids-Gefahr hier nicht ernst nähme.
    Eine halbe Stunde später bin ich geduscht und umgezogen (ich trage wie üblich schwarze Schuhe, schwarze Hose und weißes Hemd) und schlendere durch die Stadt, um mir ein Bild zu machen. Am besten gefällt mir das Polizeirevier. Es handelt sich um ein großes, fast majestätisches Gebäude, von einer Mauer umgeben, vor der sich etwa dreihundert kleine Bambushütten mit jeweils einem oder zwei Mädchen befinden. Natürlich sind diese Hütten nicht Teil eines riesigen Freiluftbordells, denn dazu wären sie zu klein. Sie geben sich den Anschein, als könnte man dort Essen und Getränke kaufen, und in manchen gibt es sogar winzige Kühlschränke mit Bier, aber ihr eigentlicher Zweck liegt auf der Hand.
    Die Mädchen sind normalerweise keine örtlichen Musliminnen, sondern Buddhistinnen aus dem restlichen Thailand, besonders aus dem armen Norden, die sich auf diesen Nischenmarkt spezialisiert haben. Die Arbeit hier bringt längst nicht so viel ein wie die auf dem farang- Markt in Bangkok, verspricht aber sicherere Einnahmen. Jedes Wochenende und auch während der Woche überqueren Horden gläubiger junger Moslems aus Malaysia die Grenze und lassen ihre Frömmigkeit auf der anderen Seite zurück. Sie kommen in teuren Wagen mit Vierradantrieb, auf billigen Honda-Motorrädern, in Bussen oder Minibussen, manche sogar auf Fahrrädern oder zu Fuß. In dem Ort wimmelt es von ihnen. Die Mädchen haben Malaiisch gelernt, und der Ringgit wird als Zahlungsmittel akzeptiert. In allen Hütten lassen sich stehende oder sitzende junge Männer von den Girls bezaubern. In gewisser Hinsicht sind sie zivilisierter als die farangs. Sie kommen nicht nur des Bumsens wegen hierher, sondern wollen das volle Programm inklusive

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