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Bangkok Tattoo

Bangkok Tattoo

Titel: Bangkok Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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mit diesem einen Schuß eine lebenslange Fehde in Gang setzte. Unerwarteterweise ergab sich daraus Vikorns leidenschaftliche Bekehrung zur Demokratie, weil er erkannte, daß das Volk der einzige Knüppel ist, groß genug, die Armee zu schlagen.
    In diesem Krieg hat es schon zahlreiche Scharmützel gegeben, denn Zinna ist ein ernstzunehmender Gegner. Wie alle großen Geschichtenerzähler kam Vikorn irgendwann zu dem Schluß, daß die Wahrheit sich am besten mit Hilfe der Fiktion ausdrücken läßt, und so befahl er letztes Jahr eines Tages, eine Wagenladung Morphiumbriketts auf Zinnas Grund und Boden in Chiang Mai zu kippen, um dann dem örtlichen Polizeichef einen Tip zu geben. Der Skandal hätte den General aus dem Sattel gehoben, wenn da nicht bei der folgenden Verhandlung seine leidenschaftliche Verteidigungsrede, gestützt durch Videoaufnahmen aus einer Überwachungskamera, gewesen wäre. Auf dem Film war ein Lastwagen zu sehen, der sich über ein Feld näherte und aus dem zwei junge Männer mit schwarzen Schnürstiefeln die grauen Briketts auf das Anwesen Zinnas schoben. Nahaufnahmen führten zu dem Schluß, daß es sich nicht um Militär-, sondern um Polizeistiefel handelte.
    Sobald Vikorn begriff, daß Zinna die Verhandlung überstehen würde, änderte er seine Taktik. Statt sich selbst um den Sturz Zinnas zu bemühen, versprach er den Cops in District 8 eine Beförderung sowie eine Belohnung von einhunderttausend Dollar, wenn es ihnen gelänge, den General dingfest zu machen. Zusätzlich vertraute er einem Untergebenen die Akte an (falls das der richtige Ausdruck ist, denn bei diesen Ermittlungen wird nie etwas schriftlich festgelegt), mit der er sich immer dann beschäftigen soll, wenn keine dringenderen Aufgaben anstehen. Vikorns Wahl dieses Untergebenen war fast schon teuflisch schlau, denn woher wußte er, daß eines meiner geheimsten Laster der Wunsch nach Beförderung ist?
     
    »Er hat mir den Fehdehandschuh hingeworfen.« Vikorn bedenkt mich mit einem wütenden Blick.
    »Wie ungehörig.«
    »Verschon mich mit deinem farang- Hohn . «
    »’tschuldigung.«
    »Ist dir klar, was das bedeutet?«
    »Vielleicht nicht so ganz.«
    »Vielleicht überhaupt nicht. Würdest du zu mir nach Hause kommen und einen Haufen Elefantenscheiße auf meinen persischen Teppich kippen?«
    »Auf Ihren was?«
    »So ungefähr muß man diese Beleidigung verstehen. Schlimmer geht’s nicht. Niemand, ich wiederhole: Niemand, nicht mal diese Scheißer von der Armee, macht so was. Das ist die Grundregel. Sonst hätten wir …«
    »Anarchie?«
    Er wendet den Blick in meine Richtung, ohne mich wahrzunehmen. In diesem Fall ist der Ausdruck »blinde Wut« keine leere Phrase. Unvermittelt geht Vikorn zu seinem Schreibtisch, nimmt die Waffe in die Hand, um sie zu mustern, als wüßte er nicht so recht, zu welchen Verbrechen sie taugt, und legt sie dann vorsichtig wieder neben die Fotos. Ich atme erleichtert auf, denn ich erlebe nicht zum erstenmal, wie sein Zorn einer fast schon herkulischen Entschlossenheit weicht, seine unermeßliche Intelligenz zur Rache zu nutzen. Wieder sieht er mich an, diesmal mit wacherem Ausdruck. »Ja, Anarchie. Glauben farangs wirklich, daß unsere Gesellschaft ohne Regeln auch nur eine Minute überleben könnte? Daß wir uns nicht an die geschriebenen halten, macht uns noch lange nicht zu Dritte-Welt-Trotteln. Kein jao por dringt vorsätzlich in das Revier eines anderen jao por ein. So etwas tut man nicht. Das könnte uns in die Steinzeit zurückkatapultieren.«
    »Verstehe.«
    »Gut, du verstehst also. Das allein zählt doch, oder? Was die Sterne zum Funkeln und die Planeten in die Umlaufbahn bringt, ist einzig die Frage, ob Sonchai Jitpleecheep etwas versteht oder nicht.«
    »Ich habe nicht …«
    »Was? Du bist verantwortlich für die geheime Akte – es war deine Aufgabe, mich vor so etwas zu bewahren.«
    »Wie bitte? Sie haben mich nie angewiesen, Sie vor Zinnas Provokationen zu schützen. Ich sollte nur nach Gelegenheiten Ausschau halten …«
    Er brüllt mich an: »Begreifst du denn nicht, daß eine Reaktion meinerseits jetzt zwingend ist? Und daß diese Reaktion schlimmer ausfallen muß als das, was er mir angetan hat?«
    Ich verkneife es mir zu sagen: Das ist aber keine sonderlich buddhistische Einstellung.
    Schwer atmend, um Fassung ringend, fragt Vikorn: »Wie viele große Festnahmen wegen Drogendelikten hat’s seit Zinnas Freispruch gegeben?«
    »Nur zwei. Beide Male ging’s um versuchten

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