Bangkok Tattoo
den Berichten wird nirgends auftauchen, daß du in dem Hotel warst. Ich strafe ihn mit Schweigen, während ich mir eine bessere Strategie ausdenke.« Er klingt wütend.
»Hm.« Ein wenig geknickt werfe ich noch einmal einen Blick auf die Leiche. »Ist das die Handschrift des Generals?«
»Er will uns nur wissen lassen, daß er nach der Verhandlung wieder ganz der alte ist.«
Aus den Augenwinkeln bekomme ich mit, daß Lek vor dem großen Spiegel gegenüber vom Sofa posiert. Er kann mit außergewöhnlicher Eleganz auf einem Bein stehen und die Sehne eines imaginären Bogens spannen. Hätte ich doch den Hoteldirektor nicht wieder hereingebeten.
»Und wer ist der Tote?«
Unwilliges Brummen von Vikorn. »Ein unbequemer Journalist mit Hauptquartier in Thailand, beauftragt von einer japanischen Umweltschutzorganisation, die gegen die japanische Zerstörung von Waldgebieten in Asien kämpft. Er hat Nachforschungen über ein thailändisch-japanisches Unternehmen angestellt, das in Isaan Bauern von ihrem Grund und Boden vertreibt, um dort Eukalyptusbäume zu pflanzen. Aber die saugen das ganze verfügbare Wasser auf und verdrängen alle anderen Vegetationsformen, so daß das Land für Generationen unbrauchbar wird. Ihr einziger Vorteil besteht darin, daß sie schnell wachsen und den Japsen genügend Einwegstäbchen liefern. Warum die keine Scheißplastikstäbchen verwenden, kapier ich nicht. Wenn die Chinesen auch unbedingt Holzstäbchen wollen würden, stünde schon längst kein Baum mehr auf der Erde.«
»Und was hat Zinna mit der Sache zu tun?«
»Der gute General besitzt einen fünfunddreißigprozentigen Anteil an der Thai-Nippon-Gesellschaft zur Wiederaufforstung und Verschönerung Isaans. Seine Männer sind verantwortlich für die Einschüchterung der Bauern.«
»Auf Ihrem Territorium hat er so etwas bisher noch nie gemacht.«
»Das Arschloch will sich profilieren, indem er gegen die ungeschriebenen Gesetze verstößt. Bei der Verhandlung ist er ungeschoren davongekommen, und jetzt dreht er mir eine lange Nase.« Dem Colonel geht fast die Luft aus vor Entrüstung.
»Und Sie lassen ihm das durchgehen?«
»Wegen einem kleinen T808 kann ich mich doch wohl kaum auf eine offene Auseinandersetzung mit Zinna einlassen, oder? Genau das möchte er ja.« Er atmet schwer. »Es führt immer mehr als ein Weg ans Ziel.«
»Was soll ich dem Hoteldirektor sagen?«
»Daß die Sache nicht an die Öffentlichkeit kommt. Mehr braucht er nicht zu wissen.«
Ich klappe das Handy zu und sehe den Hoteldirektor an, der ängstlich auf Informationen wartet. »Machen Sie sich keine Gedanken«, beruhige ich ihn. Nach einem Blick, der zu ergründen sucht, ob ich tatsächlich das meine, was er sich erhofft, atmet er erleichtert aus. »Und was ist mit der Leiche?«
»Spezialisten vom Militär werden sie später entfernen.«
»Vom Militär? Was haben die denn mit der Sache zu tun?«
»Nun, wir werden uns nicht darum kümmern, und sie können den Mann nicht einfach hier liegenlassen. Jemand wird sie anrufen. Keine Sorge – das klappt schon.«
»Wieviel schulde ich Ihnen?«
»Ich nehme kein Geld. Sparen Sie sich das fürs Militär.«
»Schauen Sie«, sagt Lek, als wir gerade gehen wollen. Ich hatte das Hemd des Japaners nicht wieder zugeknöpft. Lek zieht es ein bißchen weiter auseinander. »Ist das nicht ein wunderschöner Schmetterling?«
Ich beuge mich hinunter, um die Tätowierung genauer zu begutachten, die ich in meiner Eile übersehen hatte. Lek hat recht, die Ausführung ist gekonnt, die Farben wirken lebhaft und gleichzeitig dezent. Es handelt sich um ein kleines Meisterwerk.
»So ein tolles Tattoo habe ich noch nie gesehen«, sagt Lek.
Im Taxi auf dem Weg zum Revier, mitten in einem Stau auf der Kreuzung Petchburri Road/Soi 39 (auf der anderen Seite der Fenster: Kohlenmonoxyd mit einem kleinen Rest Luft), fragt Lek: »Wissen Sie, daß es nach buddhistischem Glauben am Anfang der Welt drei Menschen gab?«
»Ja.«
»Einen Mann, eine Frau und eine katoy? «
»Genau.«
»Und daß wir in Zehntausenden von Jahren schon zahllose Male alle drei gewesen sind?«
»Ja.«
»Aber die katoy bleibt immer allein.«
»Tja, das katoy- Daseinist ein harter Teil des Reinkarnationszyklus«, sage ich, so sanft ich kann.
»Was ist ein Trance 808?«
»Mord, mein Lieber. Der Ausdruck kommt von der Standardaktenbezeichnung – T808. Vikorn nannte es mal ›Trance 808‹, und das hat sich gehalten.«
Im Revier weist Manny (sie ist gerade
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