Bangkok Tattoo
Zusammenhang mit Zinna bedeuten könnte, mußte ich mich um den Fall Mitch Turner kümmern, und dann folgte die Reise in den Süden, nach Songai Kolok.
Ende der Rückblende, farang.
19
Ruamsantiah, immer noch voller Bewunderung ob Vikorns Durchtriebenheit, ruft ein wenig außer Atem zurück: »Ich war gerade bei ihm in der Zelle.«
»Wie geht’s ihm?«
»Schlecht, wirklich schlecht. Sie mußten ihn festbinden.«
»Entzugserscheinungen?«
»Extremer Cold Turkey. Mit seinen Bärenkräften hat er immer wieder den Kopf gegen das Gitter geknallt.«
»Ist er in der Verfassung für eine Vernehmung?«
»Wenn man ihm hilft, vielleicht. Das müssen Sie machen – er spricht ja kaum ein Wort Thai.«
»Ich komme gleich. Haben Sie übrigens schon seine Akte von Scotland Yard? Die brauche ich, bevor ich ihm Fragen stelle.«
»Ich habe ein Fax, aber das konnte ich nicht lesen, weil’s in Englisch ist. Ich schick’s Ihnen rauf.«
Der Sergeant beordert einen jungen Beamten mit Buckles Akte aus Großbritannien zu mir. Chaz begann seine Kriminellenkarriere in der Besserungsanstalt, darauf folgten halbwegs erfolgreiche fünf Jahre als Einbrecher, danach Gefängnis, wo er heroinsüchtig wurde und kleine Deals abwickelte. Nach der ersten großen Razzia ging er zu deutlich ausgeklügelteren Methoden über, wird nun des organisierten Drogenhandels zwischen Südostasien und Großbritannien über Amsterdam verdächtigt, tut aber offenbar alles, um nicht mehr im Knast zu landen. Trotz zahlreicher Entzüge ist es ihm nicht gelungen, seine Sucht loszuwerden.
Ich treffe Ruamsantiah auf der Treppe zu den Zellen, und wir lassen uns vom Gefängniswärter zur Nummer vier führen. Ausnahmsweise hat dieser Mitleid walten lassen und gepolsterte Hand- und Fußfesseln wie in Krankenhäusern verwendet statt der sonst üblichen Ketten. Wir schauen durch die Gitterstäbe. Chaz ist in ziemlich schlechter Verfassung, zittert wie Espenlaub, stöhnt vor sich hin. Auf der Stirn hat er einige üble Platzwunden und blaue Flecken. »Die hat er sich selber beigebracht«, sagt der Gefängniswärter sofort.
»Hat er irgendwelche Drogen intus?«
»Nur Beruhigungsmittel.«
Der Wärter wählt einen Schlüssel von einer endlos langen glänzenden Chromkette und öffnet damit die Tür. Ruamsantiah und ich betreten die Zelle, die vom Geruch der Verzweiflung erfüllt ist. Ich begrüße den Mann darin: »Chaz.« Sein Blick flackert kurz in meine Richtung.
»Vielleicht können wir Ihnen helfen.«
Wieder ein Flackern. Dies ist definitiv nicht derselbe Mann wie der von der Vernehmung letzte Woche. Unerfüllte Begierden zeigen uns unsere dunkelsten Winkel, unsere schlimmsten Ängste, unsere ärgste Feigheit. »Denise hat Sie also nicht wie versprochen hier rausgeholt, was, Chaz?« Ich lasse väterliche Betroffenheit in meiner Stimme mitschwingen, dazu Freundlichkeit, aber auch einen Hauch Drohung. Er sieht mich an, bevor er den Kopf zitternd zurück auf die Brust sinken läßt.
»Sie sind doch kein Anfänger, sondern ein Profi, Chaz, oder? Ich habe Ihre Akte gelesen – Sie gehören nicht zu den Dummköpfen in Ko Samui und Pataya, die alles riskieren würden für ’nen Schuß. Sie waren die rechte Hand von der Chefin, ihr Liebhaber, stimmt’s? Sie mußten sich nie Gedanken über eine Razzia machen, weil die Chefin so reich ist und soviel Einfluß und so gute Kontakte besitzt, daß sie Sie jederzeit und überall rausholen kann. Nur deswegen hatten Sie den Mumm, sich auf mich zu stürzen, wissen Sie noch? Wir sind hier in Thailand, sie braucht bloß die Leute von der Spurensicherung zu bestechen, und schon sind Sie frei und können sich sofort wieder ’nen Schuß mit dem allerbesten Stoff setzen, nicht wahr? So sah zumindest die Theorie aus. Sie hat Ihnen von ihrer Macht vorgeschwärmt und Ihnen gesagt, daß Sie was Besonderes sind, stimmt’s? Aber Sie besaßen genug Erfahrung, um ihr nicht blind zu vertrauen. Sie mußte Ihnen ihren Einfluß beweisen. Sie wissen, wie wichtig Kontakte hier sind. Aus Ihrem Paß ersehe ich, daß Sie in den letzten fünf Jahren fünfundzwanzigmal in Thailand eingereist sind. Beziehungen stehen für Reichtum, Macht und Glück. Auch Denise ist ohne nur eine ganz gewöhnliche farang. Also verraten Sie uns: Wer ist Denises Hauptkontakt?«
Diesmal macht er sich nicht einmal die Mühe, den Kopf zu heben. Ich nicke Ruamsantiah zu, der einen Plastikbeutel mit weißem Inhalt aus einer Tasche holt.
»Chaz«, sage ich leise. Sein
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