Bangkok Tattoo
Anwalt beauftragt, uns zu erklären, daß wir keine gesetzliche Handhabe besitzen, Buckle festzuhalten. Und der Polizeipräsident hat Vikorn telefonisch Buckles Freilassung nahegelegt.«
»Wie hat Vikorn das aufgenommen?«
»Er fuchtelt in seinem Büro mit der Waffe herum.«
Ich beende das Gespräch mit Ruamsantiah, hole tief Luft und wähle Vikorns Handynummer.
Vikorn: »Du weißt Bescheid?«
»Ja. Wir haben ihn freilassen müssen.«
»Kannst du dir vorstellen, was für einen Gesichtsverlust das für mich bedeutet?«
»Ja.«
»Ich werde zum Gespött der Leute.«
»Nicht unbedingt. Wir können eine zweite Meinung über den Stoff einholen, vielleicht eine fa rang -Expertise im Ausland erstellen lassen.«
»Und was haben wir dann? Zwei sich widersprechende Berichte. Mehr Manövrierraum braucht er nicht.«
»Sie dürfen jetzt nicht aufgeben.«
»Thais lachen über Loser, und in diesem Fall stehe ich wie der Verlierer da. Ich stelle ihm eine Falle, er windet sich raus. Ich schnappe mir einen seiner Kuriere, er eist ihn los.«
Was soll ich sagen? Es stimmt alles.
»Sei vorsichtig – er ist noch nicht mit uns fertig«, warnt mich Vikorn niedergeschlagen, bevor er das Gespräch beendet.
Am Abend bin ich wieder in der Bar. Es ist nicht viel los, und ich spiele mit dem Gedanken, zeitig die Schotten dicht zu machen, als mein Handy klingelt. Es ist der für den Klong-Toey-District zuständige Colonel. Offenbar hat man einen stämmigen, muskulösen, ungewöhnlich häßlichen, tätowierten farang aus dem Fluß gefischt. Jemand hat dem Colonel den Tip gegeben, daß ich möglicherweise etwas über ihn weiß. Per Telefon instruiere ich Lek, mich mit dem Taxi abzuholen.
23
An der Kreuzung Ratchadaphisek/Rama IV Road sagt Lek: »Ich bin noch nie in Klong Toey gewesen. Ist es dort wirklich so schlimm, wie es heißt?«
»Schon.«
»Und es macht Ihnen nichts aus, daß wir beide ganz allein dort hinfahren?«
»Wir sind Cops, Lek.«
»Ich weiß. Es geht ja auch nicht um mich. Ich fühle mich sicher in Ihrer Gesellschaft. Sie sind so etwas wie ein Buddha für mich – bei Ihnen zu sein, vertreibt alle Ängste aus meinem Herzen.«
»Hör auf, so zu reden.«
»Weil das nicht zu einem Macho-Cop paßt? Aber ich liebe Sie, weil Sie soviel für mich tun. Ich kann doch nicht gegen meine Gefühle handeln.« Ich seufze. »Verraten Sie mir, wann ich meine Ältere Schwester kennenlerne?«
»Wenn wir bereit sind. Du und ich.«
In Wahrheit habe ich noch immer nicht den Mut aufgebracht, Fatima anzurufen. Jedesmal wenn ich den Telefonhörer in die Hand nehme, drängt sich mir ein Bild auf, wie sie den Jungen mit Haut und Haaren verschlingt. »Lek, erinnerst du dich noch an das, was du mir neulich gesagt hast? Daß der Pfad der katoy der einsamste und härteste ist, für den ein Mensch sich entscheiden kann?«
»Nicht ich habe mich dafür entschieden, sondern mein lebensrettender Geist.«
»Na schön. Und vielleicht hat dieser Geist Fatima erwählt – aber dessen muß ich mir erst sicher sein. Ich habe das Gefühl, dein Leben in Händen zu halten.«
Lek berührt kurz mein Knie. »Der Buddha wird Ihnen beistehen bei der Entscheidung. Sie sind so weit auf dem Pfad fortgeschritten, fast am Ziel.«
»Das empfinde ich nicht so. Ich komme mir eher vor, als würde ich die Jugend verderben.«
Lek lächelt. »Das beweist doch nur, daß Sie ein arhat sind. Aber ich muß meinem eigenen Pfad folgen, nicht wahr? Hier geht es um mein Schicksal, mein Karma.«
»Stimmt.«
»Leihen Sie mir das Geld für die Kollagen-Implantate in Po und Busen?«
Ich stöhne: »Tja, wahrscheinlich schon.«
Klong Toey: Schwerverbrechen pittoresk verpackt. Der talat oder Markt ist das emotionale Zentrum, ein etwa quadratisches Areal mit grünen Schirmen und Planen, auf denen kleine, höllisch scharfe Chilischoten auf den Tüchern armer Frauen ausgebreitet liegen; sich tote und lebendige Hühner drängen; Enten in Holzkäfigen leise vor sich hin quaken; alle nur erdenklichen Krabben in Plastikgefäßen nach Luft schnappen; Freiluftmetzger ganze Büffel zerteilen; dazu Ananas, Orangen, Durianfrüchte, Grapefruit, Ballen billiger Baumwolle, Werkzeuge für den Dritte-Welt-Handwerker (für gewöhnlich aus so schlechtem Material, daß sie schon nach einer Stunde Nutzung den Geist aufgeben – ich führe einen persönlichen Kleinkrieg gegen unsere Schraubenzieher, die sich biegen lassen wie Zinn; dich, farang, würden sie zum Wahnsinn treiben); und so
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