Bangkok Tattoo
was diesen stehenbleiben läßt, springt auf den Rücken der Dogge und gesellt sich zu seinem Artgenossen, während andere Affen sich um sie versammeln. Mu zählt mit sanfter Stimme ihre Namen auf. Offenbar ist der gesamte District 8 anwesend.
Dann nennt Mu die Namen der Hunde, allesamt die bekannter Drogenhändler. »So erinnere ich mich an Menschen: Ich überlege, welcher meiner Hunde dem Betreffenden am ähnlichsten ist. Wenn es sich um einen Polizisten handelt, dann muß es natürlich ein Affe sein. Die Affen sind schlauer, aber nicht sonderlich glücklich. Mit ihnen gibt’s immer Probleme. Die Hunde hingegen wirken einigermaßen zufrieden, solange die Affen sie in Ruhe lassen.«
»Gibt es auch einen Hund namens Denise?«
Sie sieht mich an. »Denise?« wiederholt sie, bevor sie auf ein Bulldoggenweibchen deutet. »Ja, da ist sie. Sind Sie ihretwegen hier?«
»Ja.«
Sie zögert. »Ist das genehmigt? Vikorn hat mir seinen Schutz zugesagt.«
»Wir waren vorsichtig, sind mit dem Taxi hergekommen. Ich bin sicher, daß uns niemand gefolgt ist.«
Ziemlich aufgeregt holt sie eine Chanel-Tasche und einen großen silbernen Handspiegel. Ohne die geringste Befangenheit öffnet sie die Tasche, nimmt ein Silberdöschen heraus, das möglicherweise einmal für Schnupftabak gedacht war, klopft das weiße Pulver auf den Spiegel, bildet mit einer Rasierklinge Häufchen und Linien, beugt sich darüber, hält sich das linke Nasenloch zu, während sie mit dem rechten das Koks einsaugt, wechselt die Nasenlöcher und erhebt sich schließlich wieder, um Handtasche und Spiegel in einer einzigen fließenden Bewegung auf ein Tischchen in der Nähe zu legen. Als sie Leks Blick bemerkt, erklärt sie: »Das beruhigt meine Nerven.«
Mir zugewandt, stößt sie einen Seufzer aus. »Heute sind mehr farang- Frauen in dem Geschäft als früher. Denise mischt schon eine ganze Weile mit. Am Anfang war sie noch ein kleines Rädchen im Getriebe, ein bißchen schusselig, und wurde in Phuket und auf Ko Samui von den Leuten des britischen MI6 beschattet. Sie hat – anders als die meisten – nie selbst Drogen geschmuggelt, sondern immer Männer als Kuriere benutzt. Bei diesen Männern handelte es sich ausschließlich um hirnlose, drogensüchtige Briten und Amerikaner, die am Strand rumhingen.
Mehr als die Hälfte von ihnen wurde erwischt, das tat ihrem Ruf nicht gut, und wer sich in dem Geschäft auskannte, wollte keinen Stoff für sie transportieren. Doch dann gelang es ihr irgendwie, Verbindung zum Militär aufzunehmen, und da hat sie sich eine neue Strategie zurechtgelegt. Allerdings mußte sie den Kurieren ihre guten thailändischen Kontakte glaubhaft machen. Einer von Zinnas Leuten hat sie mir vorgestellt.«
»Das heißt, Sie arrangieren Ihre Glaubwürdigkeitssitzungen?«
Ein Lächeln. »So könnte man es ausdrücken. Nun wählte sie ihre Kuriere sehr viel sorgfältiger. Die Kerle waren immer noch strunzdumm, besaßen aber mehr Erfahrung. Es handelte sich nicht mehr um Strandlungerer, sondern um Leute, die zu Hause im Drogenhandel tätig und schon mal im Gefängnis gewesen waren. Immerhin wußten sie, wie der Hase lief. Der letzte, ein gewisser Chaz Buckle, kannte sich mit dem hiesigen System aus. Ihm war klar, daß man das Land mit einem Koffer voller Stoff am sichersten verläßt, wenn man einen Verbündeten an hoher Stelle hat. Egal, ob bei Polizei oder Armee.«
»Er war ihr Liebhaber?«
»Ja. Das ist meistens so. Sie setzt den Sex bewußt ein – wahrscheinlich verschafft ihr das einen Kick.«
»Er hat sich ihren Namen auf den Arm tätowieren lassen.«
Sie zuckt mit den Achseln. »Tätowierungen – was bedeuten die schon? Sie sind wie T-Shirts. Aber vielleicht lief zwischen den beiden tatsächlich was Ernsteres. Immerhin hat sie ihn Zinna persönlich vorgestellt.«
»Und wieso hat Zinna sich darauf eingelassen?«
Mu sieht mich an. »Weil er plötzlich auf mehr als hundert Kilo Morphium saß, die er so schnell wie möglich loswerden mußte. Ich glaube, Sie wissen, woher der Stoff stammt. Es ist der gleiche, mit dem Vikorn ihn in dem Verfahren drankriegen wollte. Zinna hat sich sofort bemüht, das Morphium verschwinden zu lassen, weil er ahnte, daß Vikorn sich an seine Fersen heften würde. Die Kuriere mußten zwanzig, dreißig Kilo auf einmal transportieren – dazu kann man keine Amateure verwenden. Und Profis verlangen Sicherheiten, in Thailand einen einflußreichen Verbündeten, der ihnen ein problemloses Verlassen des
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