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Bangkok Tattoo

Bangkok Tattoo

Titel: Bangkok Tattoo Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Burdett
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auf unseren öffentlich-rechtlichen Sender um, wo der berühmte, hochverehrte Phra Titapika einen Vortrag über die voneinander abhängigen Ursprünge hält. Auch das Thema interessiert mich momentan nicht, also kehre ich zurück zu unserem Fall.
    Wo versteckt der kluge Mann ein Blatt? hat der große Sherlock Holmes einmal gefragt. Natürlich in einem Wald. Und wo beginnt der clevere Detektiv seine Suche nach einem talentierten Tätowierer mit dem Auge eines Zen-Aquarellisten? Jedenfalls nicht in Songai Kolok, soviel steht fest. Soi 39, Sukhumvit Road ist da vielleicht die bessere Adresse. Dort sind alle Clubs fest in japanischer Hand. Da wir in unserem Land nach wie vor das Recht auf freie Meinungsäußerung genießen, steht auf den Schildern am Eingang klar und deutlich, daß Nicht-Japaner hier keinen Zutritt haben. Ich werfe mich in Schale (es ist Freitagabend, einundzwanzig Uhr dreißig) und schlendere die Straße hinunter, bis ich zu einem prächtigen Buddhaschrein voller Ringelblumenschmuck komme. Ich hebe die Hände zu einem wai und bitte stumm um Rat.
    Dann gehe ich die Straße auf und ab, bis sie so gut wie leer ist, und klopfe ohne wirklichen Plan an eine scharlachrote Tür. Eine Luke öffnet sich, eine aufgedonnerte Thai-Mamasan begrüßt mich mit mürrischem Blick, und ich erkläre ihr, warum es in ihrem eigenen und im Interesse ihres Chefs liegt, mir zu öffnen. Widerwillig pflichtet sie mir bei.
    Wenige Minuten später befinde ich mich in einer der in der Pornoindustrie so beliebten Mischkulissen: Kerker von de Sade, Pappmaché-Felsenformationen (mit Plastikketten) von Disney, Geisha-Kostüme (ich muß ehrlich zugeben, daß unsere Mädchen sich darin nicht besonders gut machen – sie fühlen sich beengt), Nutten aus Isaan. Man führt mich diskret zu den Sitzgelegenheiten im hinteren Teil des Clubs, wo mein Blick auf unterschiedliche Stadien leidenschaftlicher Entblößung sowohl der Kunden als auch der Girls fällt.
    Eine an den Pappmaché-Felsen mit dahinter lauerndem Drachen gekettete, gänzlich nackte junge Frau versucht, nicht allzu gelangweilt zu wirken, während man sie auspeitscht und ihren Busen mit heißem Wachs beträufelt. Mit einem unschuldigen Lächeln (genauso lächelnd wird sie morgen an einem Stand Mangos verkaufen) fragen mich ihre Augen, ob ich sie begehre. Ich will ihr gerade ein Nein signalisieren, als mir der um ihren Bauchnabel geringelte Lindwurm auffällt. In dem Club ist es schummerig, zu schummerig, um einem Werk solcher Güte wirklich gerecht zu werden. Ziemlich sicher, daß ich nicht der erste bin, der diesen Wunsch äußert, bitte ich um mehr Licht. Die Mamasan reicht mir eine Taschenlampe (von Hitachi, mit aufladbarer Batterie). Aus der Nähe und ganz ohne Vergrößerungsglas bestätigen sich meine forensischen Vermutungen: smaragdgrüne, geflammte Schuppen, eine tintenblaue, gespaltene Zunge, die sich in den Nabel der Dame schlängelt, wunderschön ausgeführte Schwingen. (Dieses Tier ist keiner von den plumpen Drachen, mit denen der heilige Georg für gewöhnlich ringt, nein, es gehört der eleganteren fernöstlichen Mythenwelt an: Offenbar bin ich auf der richtigen Fährte.) Ich verlange, daß die Maid sofort von ihren Fesseln befreit wird.
    Sobald klar ist, daß ich willens bin zu zahlen, schlüpft die junge Dao, so ihr Name, ohne fremde Hilfe aus den Ketten. Sie sieht keine Notwendigkeit, etwas anzuziehen, und so nimmt sie nackt neben mir auf einer der gepolsterten Bänke am hinteren Ende des Clubs Platz, in unmittelbarer Nähe ähnlicher Sitzgelegenheiten mit anderen, sich stetig bewegenden Körpern. Der Mamasan ist es eindeutig lieber, wenn ich bei meiner Befragung wenigstens so tue, als ließe ich mich von Dao verführen, und so befreit diese mich von meiner beruflichen Zurückhaltung, indem sie meine rechte Hand ergreift und sie um ihre linke Brust wölbt. Vorsichtig beginne ich, Wachsflocken davon abzupulen. Sie betastet meinen Schwanz, um zu sehen, ob ihr Körper die gewünschte kommerzielle Wirkung auf den meinen hat (kein Kommentar), während ich ihr ganz romantisch ins Ohr flüstere: »Wo bekommt man in Thailand ein so tolles Tattoo?«
    Sie lächelt dankbar, als hätte ich ihr ein Kompliment für ein neues Kleid gemacht, und offenbart mir ihre zweite Tätowierung, indem sie sich auf die Bank kniet und mir ihr Hinterteil zuwendet, auf dem zwei Drachen um ihren dunklen Preis ringen. »Phantastisch«, sage ich, als sie sich mit einem Lächeln auf mich setzt und

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