Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
Billionen gegenüberstanden. Da wurde es doch eigentlich allen klar, dachte Hugentobler, der Hedgefonds war immerhin von zwei Nobelpreisträgern und dem ehemaligen Vizepräsidenten der amerikanischen Notenbank gemanagt worden, dazu noch der ehemalige Star-Trader Meriwether von den Salomon Brothers, konnte eigentlich nichts schiefgehen.
Der gesammelte Sachverstand dieser Koryphäen hatte die sogenannte Staubsauger-Theorie entwickelt, hier einen Rappen, dort einen Rappen reinsaugen, den niemand sonst sieht, das läppert sich. Tolle Idee, dafür sind aber hohe Volumina erforderlich, die erzielt man nur mit Hebelwirkung, also schlicht und einfach damit, dass man Riesenkredite aufnimmt, so Faktor dreißig, fünfzig im Verhältnis zum Eigenkapital. Wenns in die richtige Richtung läuft, ein Bombengeschäft, wenn’s in die falsche läuft, eine Zeitbombe. Und weil’s zuerst bombig lief, schmiss natürlich jede Großbank der Welt Kredite rein. He, he, kicherte Hugentobler, und alleine die EBS-Deppen konnten sich dann offiziell zugegebene siebenhundert Millionen ans Bein streichen. Schlussfolgerung? Kein theoretisches Modell kann die Welt im Allgemeinen beschreiben. Und die Zukunft erst recht nicht. Punkt. Hedgefonds oder Lotto spielen, wo ist der Unterschied? Oder wie sagte das Keynes mal so richtig? »Markets can remain irrational, longer than you can remain solvent.«
So einfach ist es eigentlich, dachte Hugentobler, aber stattdessen muss ich mir jetzt dieses mathematisch unterlegte Geschwätz anhören, unerträglich. Aber Hugentobler bekam noch Gelegenheit zur Rache. Am Schluss machte der Gelträger nämlich den Fehler, ausgerechnet ihn zu fragen, was er denn von den Ausführungen hielte. »Nun«, sagte Hugentobler, »wenn ein wirklicher Könner wie Warren Buffett jemals auf solch dummes Gequatsche gehört hätte, dann würde er heute gefälschte DVDs an einer New Yorker Straßenecke verkaufen.«
Dem Gelträger verrutschte etwas das Lächeln im Gesicht, und die übrigen Teilnehmer des Meetings warfen Hugentobler dankbare Blicke zu. Jedenfalls die wenigen, die nicht selbst Gel im Haar hatten.
Vierundzwanzig
Wenn es noch etwas Überflüssigeres als Corporate Communication gab, dachte Äbersold, sogar noch überflüssiger als der Privatlift, den sich der CEO hatte einbauen lassen, weil er angeblich unter Platzangst litt, wenn es also etwas noch viel Überflüssigeres gab, dann war es sicherlich die Abteilung Corporate Social Responsibility.
Mission Statement, Rules, Code of Conduct, ein reiner Stuss. »Wir begegnen unseren Mitarbeitern und unseren Kunden mit Respekt.«
Wie soll ich dem Volldeppen Pfäffli mit Respekt begegnen? fragte sich Äbersold, der arbeitet doch nur noch bei uns, weil man ihm zu viel Schweigegeld zahlen müsste, wenn man ihn raushaut. Oder wie soll ich denn meinem Kunden Bäriswyl mit Respekt begegnen? Schon am Eingang glotzt der unserer Empfangsdame so penetrant auf die Brüste, dass es eine Schande ist, und dann muss ich mir sein Altherrengesabber anhören. »Haben Sie das gesehen, die hat vielleicht Musik in der Bluse, so einen Vorbau, das sind ja zwei Möpse, können Sie mir mal deren Handy-Nummer geben?«
Mit Respekt, schnaubte Äbersold, Metzgermeister Bäriswyl meinte wohl, mit hundertvierzehn Tonnen Privatvermögen, die er durch das Massenschlachten von Schweinen und anderen Unappetitlichkeiten zusammengerafft hatte, könne er sich nun selbst wie ein Schwein benehmen.
Einmal und nie wieder hatte ihn Äbersold zum White Turf nach St. Moritz eingeladen. Zuerst hatte sich Bäriswyl im VIP-Zelt innert kürzester Zeit sinnlos besoffen, dann hatte er aufs Buffet gekotzt, und nachdem man ihn endlich in seine Suite verfrachtet hatte, bekam Äbersold nachts um drei einen Anruf von der Rezeption, dass es nun wirklich nicht zum Stil des Hotels gehöre, dass ein Gast zwei billigste und offenbar auch besoffene Nutten auf sein Zimmer bugsieren wolle, und Äbersold hatte einiges an Zeit und Geld aufwenden müssen, um den Concierge zu beruhigen, die beiden Prostituierten rauszuschmeißen und Bäriswyl in ein Taxi zu setzen, das ihn zum nächsten Puff fuhr. Die Rechnung über neuntausenddreihundertfünfzig Franken hatte er natürlich auch noch übernehmen müssen, bei mehr als hundert Mio Vermögen ging das leider nicht anders.
»In unserem Geschäftsgebaren halten wir uns an die hohen ethischen und moralischen Maßstäbe, die ein seriöses und verantwortungsvolles Banking wie auch der Ruf unseres
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