Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
Hauses gebietet.« Wie kamen die nur auf solch einen Schwachsinn, fragte sich Äbersold.
Wenn ich Bäriswyl nach diesem Ausflug nicht unser neustes strukturiertes Hedgefonds-Gebastel angedreht hätte, bei dem alles unklar ist, außer dass wir mehr an seiner Kohle verdienen als er, dann hätte ich aber ein ziemlich unangenehmes Gespräch mit Business Controlling gehabt, und eine Pfeife von CSR wäre da sicher nicht dabeigesessen.
Und überhaupt, Äbersold kam mal wieder in Fahrt, mehr als sechzig Prozent meiner Kunden sind Steuerhinterzieher und Schwarzgeld-Besitzer, und wie viel Prozent vom Rest schlichtweg Halunken, Gangster oder Mafiosi sind, will ich gar nicht wissen.
Nehmen wir doch nur den Iwanowitsch, hatte sich offenbar in den wilden Zeiten eine Staatsklitsche in Moskau unter den Nagel gerissen. Kam einmal im Jahr, schmiss eine Riesenparty im Hyatt, das letzte Mal waren sogar die Kaviar-Vorräte zur Neige gegangen, schleppte immer mindestens zwanzig Tonnen zusätzlich an, trennte sich nicht mal beim Vögeln von seinen drei Bodyguards, und zack – in Moskau auf offener Straße erschossen, zweimal in die Brust, einmal in den Hals und der Fangschuss in die Schläfe.
He, he, kicherte Äbersold, das Konto war seither eingefroren, und das würde auch noch ein ganzes Weilchen so bleiben.
»Ziel unseres Handelns ist es, nachhaltigen Wert für die Gesellschaft und die Aktionäre zu schaffen.« So ein Mist, schäumte Äbersold. Ziel meines Handelns, also unseres Handelns, ist es, mir möglichst viel Kohle abzugreifen, damit ich bald einmal so einen Schwachsinn nicht mehr lesen muss und endlich friedlich mit Maria, Juana oder Angelina durch die Karibik schippern kann. Äbersold schüttelte sich noch mal, drückte auf die Delete-Taste und spülte damit das letzte Rund-Mail von CSR dahin, wo es hingehörte: in den Orkus.
Fünfundzwanzig
März ist immer die Zeit des Jahres, die Luxusautohändler in Zürich und an der Goldküste herbeisehnen und gleichzeitig ein wenig fürchten. Denn dann werden die Boni der Banken bekanntgegeben, und kurz danach bilden sich lange Schlangen vor den Porsche-, BMW- und Mercedes-Garagen, während die Vertretungen von Bentley und Rolls-Royce den kleineren Andrang abfedern können, abgesehen davon weiß ja jeder Banker, dass es sowieso mindestens ein halbes Jahr dauert, bis da das Wurzelholz fertig geschnitzt ist.
Auch Philipp Kuster blätterte fleißig Kataloge durch, stellte sich im Internet schon mal diverse Ausstattungsvarianten zusammen, aber eigentlich war er furchtbar unentschieden. Er hatte zwar einen Personal Trainer, einen Fashion Consultant, einen Innenarchitekten und eine Wellness-Beraterin, aber niemanden, der ihm bei der Auswahl der richtigen Automarke helfen konnte. Denn dieses Problem musste ja zuerst gelöst werden; welche Marke? Saab, Volvo, das hatte irgendwie nicht das richtige Standing, fiel weg. Ferrari, Lamborghini, ein schöner Traum, aber das ging in seiner Position und als seriöser Private Banker irgendwie nicht. Bentley oder ein Rolls, das könnte er zwar den Kunden gegenüber vertreten, aber so lange sein direkter Linienvorgesetzter Mercedes fuhr, wäre das innenpolitisch sicher ein ganz falsches Signal. Porsche ginge eigentlich, aber Kuster war sich einfach nicht sicher, ob er wirklich der Porsche-Typ war. Und BMW? Also so lange die nicht einen anständigen Kofferraum bauen konnten, der nicht aussah, als ob man auf den Siebener noch nachträglich einen Deckel drangeklebt hätte, nein, konnte man streichen.
Dann bliebe noch Mercedes, aber irgendwoher hatte Kuster vielleicht ein Jugendtrauma, einen Mercedes stellte er sich immer noch mit gehäkelter Klorollenumhüllung auf der Hutablage vor. Kuster seufzte, jetzt hatte er schon fast den ganzen Vormittag mit diesem Problem verbraten, und er war immer noch keinen Schritt weiter. Vielleicht der neue Citroën C6, dachte er in leichter Verzweiflung, aber das gäbe wahrscheinlich auch das falsche Signal, Künstlertyp, irgendwie unangepasst, gar nicht gut. Und die Modellpalette hört bei achtzigtausend auf, das war ja lächerlich. Oder ein Lexus? Wäre vielleicht eine Option, aber irgendwie kriegen die Japaner einfach nicht diese Klasse in der Linienführung hin, die es ja doch sein sollte.
Kuster war schon fast entschlossen, das Problem als pendent abzuhaken und sich auf das Mittagessen vorzubereiten, als er plötzlich eine Idee hatte. Wieso bin ich da nicht schon eher drauf gekommen, schüttelte er den Kopf, ein
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