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Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker

Titel: Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: René Zeyer
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und spießte das zweite von drei Salatblättern auf, das im neuen In-Restaurant »Pult« als Trio von Sommersalat auf seinem Balsamicospiegel mit genesteter Brunnenkresse im Pastetenbettchen serviert wurde. Sein alter Kollege Stephan war mal wieder im Land, der hatte sich als Privatbanker vor Jahren selbstständig gemacht und tourte durch Amerika, von Kanada bis Chile, um seinen rund vierhundert Kunden hilfreich beizustehen, ihr sauer verdientes Geld vor den gierigen Klauen der Finanzämter in Sicherheit zu bringen.
    »Also in Argentinien würde der Koch für einen solchen Salat für diesen Preis von den Gauchos durch die Straße geprügelt«, grinste Stephan, »aber du lädst ja ein. Aber genau, was mir das Leben immer schwerer macht, ist das Problem, wie ich das Schwarzgeld aus dem Land rauskriege, Banküberweisung kann man ja heutzutage vergessen, Bargeld ab zehntausend Dollar ist risky, ein Geldbote, wenn er nicht geschnappt wird und nicht mit dem Zaster verschwindet, greift sich mindestens zehn Prozent ab, und wenn’s ganz blöd läuft, kann man ja an fast jedem Dollarschein Kokainspuren nachweisen, das stellt einen logistisch vor ganz schöne Herausforderungen. Ganz zu schweigen davon, wie man heute euch Schweizer Banker dazu überreden muss, auch mal einen größeren Betrag in Cash reinzunehmen.«
    Kuster nickte, machte sich durch mehrmaliges Fingerschnippen beim gelangweilten Personal bemerkbar und wies auf das fast leere Weinglas von Stephan hin, das schwungvoll aufgefüllt wurde, wobei der Kellner am Schluss die Flasche nicht abdrehte und deshalb eine kleine Tropfenspur zum Eiskübel hinterließ. Immerhin Weißwein, dachte Kuster. »Und wie machst du’s dann, komm, rück raus, reine Neugier, ich fühle mich hier pudelwohl an der Bahnhofstrasse.«
    Stephan schaute enttäuscht auf die zwei klitzekleinen Kalbsleberstreifen, die, ergänzt durch zwei Kaffeelöffel Kartoffelpüree, drei Scheibchen Karotten und zwei ganz nett geschnitzte Zucchini-Stäbchen, die Sinfonie von der Naturkalbsleber, im Pfännchen gebräunt, mit Akkorden von frischem Sommergemüse und einer Trüffelkartoffelmousse bildeten, nicht zu vergessen der Morchelschaum, den wohl die drei Pilzfitzelchen in jeweils einem bleistiftminendünnen, braunen Kreis darstellten.
    »Dafür würde in Argentinien der Koch von den Gauchos gleich in der Küche erschlagen«, sagte Stephan, »aber auch dazu lädst du ja ein. Nun, eigentlich müsste ich dafür eine anständige Mahlzeit in einem anständigen Restaurant kriegen, mindestens«, und mit zwei, drei Bissen putzte Stephan seinen Teller leer.
    Kuster winkte mit beiden Händen, bis es ihm gelang, wieder die Aufmerksamkeit eines der vielen beschäftigungslosen Kellner zu erregen. »Noch etwas Wein?«, fragte der vermeintlich zuvorkommend, obwohl alle Gläser auf dem Tisch noch wohlgefüllt waren. »Nein, im Moment nicht«, sagte Kuster, »aber wenn es vielleicht möglich wäre, meinem Gast noch etwas nachzulegen.«
    »Aber natürlich«, sagte der Kellner, »sofort.«
    »Also«, sagte Stephan, »der absolute Spitzentrick heißt Hawala.«
    »Ha was?«, fragte Kuster verblüfft.
    »Hawala, islamische Geldüberweisung. Du gehst, sagen wir in Lima, in eine Hawala-Stube, deponierst dort hunderttausend Dollar, und schwupps schickt der Inhaber ein Fax an seinen Kollegen in Zürich, dort hunderttausend auszuzahlen. Funktioniert strikt auf Vertrauen und Gottesfürchtigkeit, kein Beschiss, keine Kommissionen, nur eine kleine Aufwandentschädigung.«
    »Ist ja genial«, sagte Kuster, und der Kellner nahte mit einer großen Silberglocke auf einem Teller und stellte das Gebilde mit großartiger Geste vor Stephan ab. Dann hob er die Silbercloche, und auf dem Teller barmte ein einziges Leberstreifchen mit zwei Karottenscheibchen und einem Kaffeelöffel Kartoffelpüree um die Wette.
    »Vergiss es«, sagte Kuster, »wir gehen dann gleich noch richtig essen, sorry, war eine schlechte Wahl. Aber gibt es da denn keinerlei Probleme mit diesen Hawalas?«
    »Nun ja«, erwiderte Stephan, nachdem er den Tellerinhalt mit einem Bissen in den Magen befördert hatte, »ein klitzekleines Problem gibt es schon. Auch al-Kaida und andere Wahnsinnige benützen diese Überweisungsmöglichkeit, aber Allah ist groß und hat mich bisher beschützt.«
    »Du bist doch nicht etwa …«, sagte Kuster.
    »Aber nein«, unterbrach ihn Stephan, »wobei, nach diesem Essen muss ich es mir ernsthaft überlegen.«
Vierundsiebzig
    Investmentbanking, dachte

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