Bank, Banker, Bankrott. Storys aus der Welt der Abzocker
vor, bin ich wahrscheinlich nur neidisch, weil ich da gelegentlich mitspielen darf, aber nur als geduldeter Gast, letztlich als Hilfssklave, als Hanswurst, als Möchtegern. Kuster wollte nochmals einen Schluck nehmen, dann überlegte er es sich aber anders und warf eine Pille ein, die ihn innert fünf Minuten in einen traumlosen Tiefschlaf sinken ließ.
Einundsiebzig
Hinderli band sich nach Lindau die Krawatte wieder um, denn eine gute Tarnung ist für einen Liechtensteiner Privatbanker wichtig, wenn er die Grenze nach Deutschland überquert. In der nächsten Raststätte kaufte er sich die FAZ und eine Feinstaubplakette, denn nicht nur Tarnung, sondern auch Gesetzestreue ist für einen Mitarbeiter der Fürstlichen Effektenbank in Deutschland besonders wichtig.
Mit genügend Zeitreserve bog er in Stuttgart in die Schillerstrasse ein und parkierte sein Auto beim Schlosshotel. Dann suchte er sich im Café des Hotels eine ruhige Ecke und wartete auf Herrn Franke, der etwas besorgt über die Sicherheit seiner netten Steuerhinterziehungsstiftung im Ländle war, nach ein paar unglückseligen Vorfällen mit Kundendaten in letzter Zeit. Hinderli hatte sich ja auch leise gewundert, wieso es so einfach war, Tausende von Klarnamen zu kopieren und aus den doch so diskreten fürstlichen Banken zu schmuggeln. Jemand klopfte an die FAZ, die er sich als Erkennungssignal vor die Nase gehalten hatte, und ein unauffälliger Herr mit Brille sprach ihn an: »Franke, ich hoffe doch, dass hinter der FAZ auch in diesem Fall ein kluger Kopf steckt, Herr Hinderli.«
Nach den üblichen Präliminarien kam Hinderli, der kluge Kopf, gleich zur Sache: »Nun, Herr Franke, ich kann Ihnen da einige Alternativangebote unterbreiten, falls Ihre Bedenken wegen der Datensicherheit bei uns in Liechtenstein anhalten sollten. Wir hätten da beispielsweise eine Möglichkeit in Singapur, eine andere Option wären die Bahamas.«
»Reden wir Klartext«, sagte Franke, »davon erfährt der deutsche Fiskus wirklich nie?«
»Nun«, sagte Hinderli vorsichtig, »wir gehen ja davon aus, dass es sich bei Ihren Anlagen nicht um Schwarzgeld handelt, wobei wir andererseits natürlich in Ausübung unserer staatlichen Souveränität nicht verpflichtet sind, das nachzukontrollieren, aber auf jeden Fall ist Ihr Kapital in Singapur beispielsweise völlig anonym deponiert und untersteht weiterhin den klaren Bestimmungen des Liechtensteiner Stiftungsrechts, bei dem Nachforschungen bekanntlich beim federführenden Treuhänder ihr Ende finden.«
»Schön«, sagte Franke, »und wie schaut es aus, wenn ich weitere Einzahlungen vornehmen möchte?«
»Das können wir wie gewohnt handhaben«, sagte Hinderli beflissen, »Sie können Ihre Bareinzahlungen weiterhin in Vaduz vornehmen. Als Entschädigung für mögliche Umtriebe, die Sie gehabt haben mögen, bieten wir neuerdings auch unseren Transferservice aus Deutschland nach Vaduz zu Sonderkonditionen an, lediglich zwei Komma fünf statt fünf Prozent der zu deponierenden Einlage.«
»Großzügig«, sagte Franke und nahm einen Schluck vom Schlosskaffee, »wie viel kostet mich denn der Umzug meines Geldes nach Singapur? Und nebenbei, zufälligerweise hätte ich gerade zweihunderttausend Euro dabei, würden Sie die freundlicherweise gleich selbst nach Vaduz transferieren?«
Hinderli sippte an seinem Schwarztee, um etwas Zeit zu gewinnen, das war nun nicht vorgesehen: »Nun, zu Ihrer ersten Frage, auch da kommen wir unseren Kunden gerne entgegen, wir hätten da eine Pauschalfee von fünfzehntausend Franken, all in, und an den jährlichen Verwaltungskosten würde sich auch nichts ändern.« Nun musste Hinderli aber bezüglich der zweiten Frage Farbe bekennen: »Also normalerweise bin ich mit solchen Transfers ja nicht befasst, aber ausnahmsweise biete ich Ihnen gerne Hand dazu.«
Hinderli unterzeichnete brav eine Quittung über zweihunderttausend Euro, die er natürlich in der Hand behielt, übernahm auch großzügig die Rechnung und folgte Franke zu dessen Wagen auf dem Parkplatz. Nachdem Hinderli das Geldbündel durchgezählt hatte, händigte er Franke die Quittung aus und wollte sich gerade verabschieden, als zwei kräftige Herren wie aus dem Nichts auftauchten. Ehe Hinderli es sich versah, hatten sie ihm das Geldbündel abgenommen, seine Hände auf den Rücken gedreht, und dann klickten auch schon die Handschellen.
»Vorkötter, deutsche Steuerfahndung, Sie sind vorläufig festgenommen«, stellte sich einer von ihnen vor, und
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