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Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
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werde er
kommen und mich holen, und obwohl ich den Zug nehmen wollte, weil ich sie
mochte, die langsamen, schmutzigen Bummelzüge, die nie nach einem Fahrplan
fuhren und kaum vorankamen, bestand er darauf, sich noch einmal einen Wagen zu
mieten und hinaus zu den grünen Hügeln zu fahren. Er legte den Rahmen seines
Fahrrads in den Kofferraum, band die Klappe wieder mit dem Seil fest, und
bevor sie einstiegen, standen wir da, in unserem Dreieck, und es fiel uns
schwer, uns zu verabschieden, obwohl wir uns unzählige Male an unzähligen
Tagen verabschiedet hatten. Eine verrückte Angst überkam mich, Aja und Karl
könne etwas zustoßen, vielleicht hatte das die Landschaft mit mir gemacht, der
Landregen, der schnell kam und genauso schnell vorbeirauschte, vielleicht
hatten mich die Zikaden so gestimmt, die Libellen, die sich beim Schwimmen auf
unsere Köpfe gesetzt hatten, der heilige Franz und die Verdammten auf den
Fresken, die es in die Hölle zog. An diesem Morgen hatte ich Angst um Aja und
Karl, und sie löste sich nicht auf, diese Angst, auch nicht, als Aja ihr Rad
auf dem schmalen Weg schlug, den wir allein nicht hatten finden können, und sie
verschwand auch nicht, als wir uns umarmten, Aja mit ihren flüchtigen, schnell
in die Luft geworfenen Küssen, und Karl mit seiner umständlichen, steifen Art,
mich an den Schultern zu fassen und heranzuziehen, als könne er mir weh tun.
Als der Fiat durchs hohe Gras rollte, Aja ihre schmalen Füße aus dem Fenster
hängte und Karl einen Arm durchs offene Schiebedach streckte und winkte, lief
ich durch die Staubwolke zum Ende des Weges, blieb stehen und schaute ihm
nach, bis er zwei Kurven weiter hinter Sonnenblumen verschwand, die sich nach
dem Licht drehten, als wollten sie von Karl und Aja Abschied nehmen.
    Ein Gefühl der Unruhe überfiel
mich, als hätte ich mich falsch entschieden und müsste es schon bereuen, als
ich hinter dem Friedhof hoch zu den Pinien ging und zurück auf den Schotterweg
schaute, über den Aja und Karl soeben in einem roten Fiat gefahren waren. Ich
schrieb es der Hitze zu, die sich kurz vor Mittag auf die Dächer, auf die Wipfel
der Bäume legte und ein Flirren über die Felder schickte, und den ganzen Tag
versuchte ich, es zu verscheuchen, wie die Stechmücken, die in der Dämmerung
auf meinen Armen landeten. Aber es ließ mich nicht los, auch nicht in der
Nacht, als ich aufstand und Türen und Fenster schloss, weil ich zum ersten Mal
Angst vor der Dunkelheit hatte.

Zwischen Felsen
     
    Ich hatte genug Arbeit für Wochen
mitgebracht, breitete früh am Morgen meine Hefte auf dem schmalen Tisch unter
dem Fenster aus und legte Steine auf die losen Blätter, damit ein Wind sie
nicht hochwirbeln und wegtragen würde. Ich saß auf einem Holzstuhl, dessen
Lehne nachgab und den irgendwer vor Jahren gestrichen haben musste, schlug die
Wörterbücher auf, in denen ich mich verlieren und alles andere darüber vergessen
konnte, las und blätterte, jedes Mal, wenn ich ein Wort nachgeschlagen und
darunter ein anderes gefunden hatte, von dem ich auch wissen wollte, was es
bedeutete, und das ich dann in eines meiner Hefte schrieb, um es mir zu merken
und immer wieder nachzulesen. Das Haus war ohne Karl und Aja in eine Stille
gefallen, als sei mit ihrer Abreise jeder menschliche Klang entwichen und als
klopften nur noch Falter an meine Tür. Drinnen war ich allein mit einem
Weberknecht, der sich langsam über die kühlen Steine bewegte, an einem Bein
eine Staubflocke, die sich verfangen hatte, und einer Heuschrecke, die neben
der Gasflamme über den Herd lief, kaum eine Handbreit entfernt, und mich an Aja
denken ließ, die auf den Fluren des Krankenhauses auf einer Höhe und im
Gleichschritt mit dem Tod ging und aufpassen musste, dass er sie nicht
überholte. Seit Tagen hatte ich nur diese Heuschrecke als Gesellschaft, die
sich am Morgen neben meinen Frühstücksteller und am Nachmittag auf die Seiten
meines Buches setzte, und wenn mir die Ruhe am Abend zu viel wurde, band ich
mein Haar zusammen und stieg durch die hohen Gräser hinunter zur Bar, trank
einen Kaffee im Glas und hörte den Stimmen zu, bis ich die Vorstellung wieder
ertragen konnte, allein mit einer Heuschrecke im Lärm der Zikaden zu sein, wenn
sie ansetzten, die Luft zu zersägen, vor diesem Haus, das einsam hinter einem
Friedhof lag und als Nachbarn drei schiefe, sich zum Hang neigende Pinien
hatte. Wenn ich einschlief, sah ich noch immer die Farben, die der Tag in die
Wiesen und Felder

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