Bank, Zsuzsa
Sträuchern, die an unserer
Haut kratzten, und Aja zeigte Kunststücke, die Zigi mit ihr eingeübt und Évi
ihr nicht verboten hatte. Beim Fahren zog sie manchmal die Füße hoch und
stellte sie auf den Sattel, um so weiterzurollen, dann wieder saß sie auf dem
Gepäckträger und hielt den Lenker mit einem Gürtel, den sie aus ihrem Hosenbund
gezogen hatte. In diesem Sommer hatte man einen breiten Holzsteg ins Wasser
gesetzt, an dessen Spitze wir zu viert, fünft nebeneinanderstehen und ins
trübgrüne Wasser springen konnten. Wir vertrieben uns die Zeit damit, uns auf
den Brettern auszustrecken, das Kinn auf die Fäuste zu legen und auf die
Wellen zu schauen, wenn zwischen den Weiden ein leichter Wind aufkam. Meist
aber war das Wasser glatt und ohne Bewegung, und wenn wir ein Blatt darauf
warfen, blieb es lange an derselben Stelle. Wir waren allein mit unseren Rädern
und Badetüchern, mit unseren Schritten, Sprüngen und Stimmen, deren Klang wir
über den See schickten. Erst am Abend, wenn es im Wald still wurde, kamen sie
aus Kirchblüt mit den Wagen herausgefahren, um uns aufzuscheuchen und
zusammenzutreiben, aus dem Wasser zu ziehen und zu rufen, es ist Zeit, es wird
dunkel.
Bevor wir den See verließen, die
Räder durch Sand und Gras der Böschung schoben und mit unseren Klingeln die
Vögel aufschreckten, fuhr Aja ein letztes Mal hinunter bis an die Spitze des
Stegs. Der Tag endete mit dieser kleinen Übung, die groß genug war, um die
Blicke aller anzuziehen, die auf dem Waldweg stehen geblieben waren. Wir
schauten zu, wie Aja sich abstieß und über den Steg jagte, ihre Arme hochriss
und erst absetzte und bremste, wenn das Vorderrad schon übers Wasser ragte. Es
gehörte zum ausklingenden Sommer, so wie Zigis Abschied, die kühleren Nächte,
das tiefgelbe Licht dazugehörten, und am Abend wartete ich darauf - genauso wie
ich am Morgen auf die zehn Glockenschläge am großen Platz wartete, wenn ich
mich in den Ferien zu Aja aufmachte. Erst wenn Aja den Steg verlassen und ihr
Rad die Böschung hochgeschoben hatte, erst dann stiegen alle auf und fuhren
los, und wenn sie einmal ihr Kunststück vergessen hatte, kehrten wir um und
warteten, bis Aja Streifen in den Sand der Böschung gezeichnet und ihr
Vorderrad an der Spitze des Stegs über dem Wasser zum Stehen gebracht hatte.
Vielleicht war sie an diesem Abend abgelenkt worden, von einem Vogel, der
plötzlich aufflog, einem Windhauch, der das Wasser kräuselte, vielleicht waren
ein Badeanzug, ein Sonnenhut auf dem Steg liegen geblieben, und sie hatte
ausweichen wollen. Vielleicht war es, weil Zigi abgereist war, weil der Bauer
die Felder kahlgeschoren und den Weizen weggebracht hatte. Vielleicht aber
auch, weil meine Mutter zum ersten Mal zur selben Zeit wie Évi an den Waldsee
gekommen war, als hätten sie sich abgesprochen. Vielleicht hatten sich ihre
Schatten in Ajas Blickfeld geschoben und sie verwirrt, weil wir unsere Mütter
nie zusammen sahen, weil meine Mutter Abstand zu Évi hielt und immer wenigstens
ein Gartenzaun die beiden voneinander trennte.
An diesem Abend jedenfalls hatte
Aja ihre Hände zu spät auf den Lenker gesetzt, hatte zu spät gebremst und war
weiter durch die Luft gefahren, als wolle sie fliegen. Einen Augenblick lang
glaubte ich, es sei eines ihrer neuen Kunststücke, und als sie ins Wasser fiel
und ihr Fahrrad nicht losließ, rannte vielleicht deshalb keiner los, um zu
helfen, weil alle glaubten, auch das gehöre dazu. Meine Mutter war die Erste,
die sich von uns löste und im Laufen ihre hellen Sandalen abstreifte,
schneller als Évi, die einen Augenblick gezögert hatte, bevor sie rufend durch
den Sand rutschte und meiner Mutter folgte. Es sah aus, als zittere der ganze
Steg unter ihren Schritten, unter ihren nackten Füßen, bis Évi an seiner Spitze
auf die Knie fiel und die Arme nach Aja ausstreckte, die sich kaum bewegte und
weiter hinabsank, als dürfe sie ihr Fahrrad nicht loslassen, das unter Wasser
schwer geworden war. Évi bekam ihre Hand zu fassen, und als Aja sie ihr
entriss, zog meine Mutter Bluse und Hose aus, sprang in ihrer weißen Wäsche
kopfüber mit gestreckten Beinen und spitzen Zehen ins Wasser und schob Aja an
den Steg heran. Dann tauchte sie nach dem Rad, um es hochzustemmen zu Évi, die
Aja schnell aus dem Wasser gezogen hatte, an tropfnassen, klebenden Kleidern,
die sie noch schmaler und kleiner aussehen ließen, jetzt, da sie bibbernd hinter
Évi stand und meiner Mutter zuschaute, wie sie ihr rotes Fahrrad
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