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Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
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erkennen konnte, über die bunten Rahmen, mit denen Évi die
Bilder zusammenhielt und auf die sie mit einem kleinen Pinsel Farbe gab, wenn
ihr danach war. Für meine Mutter stand Évis Haus nicht am Rand unseres
Städtchens, dort, wo es ausfranste und Felder und Wald begannen, für meine
Mutter stand es in einer anderen Welt, die sie bislang nicht gekannt, die sie
auch nie hatte betreten wollen und von der sie gehofft hatte, ich würde sie
bald verlassen. Aber seit sie aufgehört hatte, am Zaun nach mir zu rufen, seit
sie durch Évis Garten ging, als sei es nie anders gewesen, musste sie spüren,
etwas lag über Évi und den Dingen, die sie umgaben, etwas, das wir nicht fassen
oder greifen konnten. Sie musste sehen, dass Évi nicht nur dieses Haus
bewohnte, das aus Resten zusammengehämmert war und aussah, als könne es sich
vom Boden lösen und über Weizen und Mais zum Bahnwärterhäuschen schweben,
sondern dass ihr auch der Weg davor gehörte, auf dem wir Bälle über ein Netz
geworfen hatten. Alle Wege gehörten ihr, alle staubigen Pfade, die an den
Feldrainen nach Kirchblüt führten. Sobald Évi am Morgen die Läden aufstieß und
über die Felder schaute, gehörten sie ihr, sobald sie über die Steinplatten zum
schiefhängenden Tor ging und es beim Öffnen durch den Staub zog, sobald sie den
Mais mit ihren Armen streifte, wenn sie zur Brücke über den Klatschmohn ging,
mit ihren schnellen, leichten Schritten, die den Boden kaum zu berühren
schienen. Meine Mutter fragte nicht mehr, ob Évi keine Angst habe, allein in
einem Haus hinter Feldern zu leben. Évi brauchte nicht zu erklären, drei Linden
und ein Zaun aus Holzlatten reichten ihr als Schutz, der Bachlauf, der im
Sommer nur selten Wasser führte, und Aja, selbst wenn sie nichts tat als
nebenan zu schlafen und sich in ihre Laken zu drehen. Wenn meine Mutter und Évi
unterm Birnbaum saßen, achteten sie nicht mehr auf uns, sie suchten auch nicht
mehr nach Worten, sie schlugen einfach die Beine übereinander und redeten.
Wenn meine Mutter abfuhr, ging Évi mit zum Wagen und klopfte ans Fenster, und
meine Mutter kurbelte es hinunter, damit sie weitersprechen konnten, als hätten
sie nicht genügend Zeit gehabt, sich alles zu sagen, als sei ihnen soeben noch
etwas eingefallen, das bis zum nächsten Mal nicht warten konnte.
    Ajas Sturz ins trübe Wasser und
ihre Fahrt zurück auf ihrem dunkelroten Rad mit den nassen Gräsern hatte auch
Zigi erreicht, in einem Brief, den Évis Freunde geschrieben hatten, und weil
jeder so tat, als sei es ein Unfall gewesen und Aja durch eine glückliche
Fügung heil geblieben, tat auch Zigi so. Von der Gärtnerei am Friedhof ließ er
zwei Sträucher liefern, eine rote und eine schwarze Johannisbeere, die an
einem Samstagmorgen, als Aja aufgestanden und ans Tor gelaufen war, auf der
Ladefläche eines grünen Lieferwagens gebracht wurden und von denen Évi sagte,
die eine sei für Aja, die andere für mich. Wir setzten sie am Zaun ein, wo es
die beste Sonne und den besten Halbschatten unter den Linden gab und sie
schnell hochwachsen würden. Im Frühjahr zeigten sie ihr erstes helles Grün,
und als ihre Beeren zu wachsen anfingen, verschwand ein Junge aus dem Viertel
mit den Sandsteinhäusern und Rosengärten, aus einer dieser Straßen, die wir
jederzeit mit der nächsten verwechseln konnten. Er jagte nicht mehr mit uns
durch den Wald zum See, er lief nicht mehr über den Schulhof, um sich in kurzen
Hosen auf die Aschenbahn zu werfen, er versteckte sich nicht länger hinter
Pfeilern und Büschen, wenn wir ihn fangen wollten. An den Feldrainen waren vor
den Polizeiwagen Bänder gespannt, die uns zurückhielten, und über Wochen
flackerte das Gelb der Taschenlampen durch den Wald, wie ein flaches Feuer, das
sich über dem Boden ausgebreitet hatte und nicht höher stieg. Auch vor dem
Maisfeld stand ein Wagen, sein zuckendes Licht reichte in Ajas Zimmer und Évis
Küche und färbte an den Abenden unsere Gesichter blau. Die Feldwege und
schmalen Pfade im Wald waren erfüllt von Stimmen und Rufen, die zusammenwuchsen
und sich über unseren Köpfen bewegten wie Wolken vor einem Unwetter. Jeder
sprach davon, und von nichts anderem sprach man mehr, auf den Straßen, die zum
großen Platz führten, vor den Geschäften und dem Tor zur Schule webte jeder an
diesem Netz aus Stimmen, in dem wir uns mehr und mehr verfingen, jedes Mal,
wenn wir versuchten, uns daraus zu befreien.
    Als wir nach Wochen wieder zum
Waldsee durften, hörten wir die

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