Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
Vom Netzwerk:
aus dem grünen
Waldsee fischte, kurz bevor er es hätte verschlucken können.
    Alle Kinder waren abgestiegen,
hatten die Fahrräder in den Sand geworfen, waren hinabgelaufen und am Wasser
stehen geblieben. Ich wunderte mich, dass meine Mutter Aja nicht einfach hatte
zum Ufer schwimmen lassen, sondern so getan hatte, als würde sie ertrinken,
wenn keiner sie herauszog. Dass sie sich nicht gescheut hatte, ihre Kleider
auszuziehen und in Unterwäsche kopfüber ins Wasser zu springen, um ein Fahrrad
zu retten, auf dem Aja an vielen Tagen dieses Sommers neben einem hüpfenden, lachenden
Zigi an den Feldern entlanggefahren war und das deshalb nicht auf dem Grund
eines Waldsees liegen durfte. Vielleicht hatte ich Schuld daran, vielleicht
hatte ich das in ihr ausgelöst, wenn ich von Aja geredet, wenn ich mich gesträubt
hatte, sobald meine Mutter am Gartenzaun gewartet und ich Aja für die Nacht zu
verlassen hatte - jedes Mal, wenn sie mich ins Bett gebracht hatte, und mein
letzter Satz ein Satz mit Aja gewesen war. Vielleicht hatte sie deshalb ins
Wasser springen und nach Aja tauchen müssen, obwohl doch jeder wusste, Aja
konnte schwimmen, sie konnte sogar gut schwimmen, sie würde nicht einfach
untergehen.
    Aja ließ sich von meiner Mutter
die nassen Kleider und Schuhe ausziehen, als sei sie noch zu klein, es selbst
zu tun, und als Évi sagte, Aja könne ohne Kleider zurückfahren, es sei warm
genug, in einem Ton, als wolle sie Aja bestrafen, bestand meine Mutter darauf,
dass Aja ihre Bluse überzog, die vor ihren Füßen auf dem Steg lag. Meine Mutter
wrang das Wasser aus ihren Haaren und sagte, sie würde sich so in den Wagen
setzen, hinter unserem Tor könne sie niemand sehen, wenn sie aussteigen würde,
und als Évi still blieb, streifte meine Mutter Aja die Bluse über, und ich
konnte sehen, wie es Aja gefiel, in der weißen Sommerbluse meiner Mutter zu
sein, die einen fremden Duft trug und deren halblange Ärmel über ihre Hände
reichten. Ajas Rad war übersät mit den dunklen Gräsern des Sees, und als meine Mutter
es über die Böschung schob, tropfte das Wasser von ihnen. Aja stieg auf, ohne
sich nach Évi umzudrehen, und während sie schneller fuhr als alle anderen, als
sei sie einer Gefahr entwischt und fürchte noch, von ihr eingeholt zu werden,
zeichnete sie eine Spur aus winzigen Punkten in den Staub.
    Meine Mutter hatte Évi im Wagen
mitnehmen wollen, wenigstens durch den Wald, bis zur größeren Straße, weil sie
glaubte, etwas in Évis Blick erkannt zu haben, das ihr sagte, sie dürfe Évi
nicht allein lassen, jedenfalls erklärte sie es mir später so. Aber Évi hatte
nicht einsteigen wollen, heute müsse sie allein gehen, hatte sie erwidert, sie
wolle warten, bis unsere Stimmen nicht mehr zu hören seien. Als wir losfuhren,
Aja ein gutes Stück vor uns, in der weißen Bluse meiner Mutter, die sie trug
wie ein langes Kleid, hatte Évi den Steg bereits verlassen. Als meine Mutter in
ihrer nassen Wäsche in den Wagen stieg, mit einem letzten Winken zu mir, stand
Évi am Ufer, die Hände ineinandergelegt, den Blick aufs Wasser gerichtet.
Zum ersten Mal Karl
     
    Zuvor hatten sich unsere Mütter
nur so gekannt wie Mütter, deren Kinder befreundet sind, sie hatten sich an Évis
Gartenzaun nie etwas zu sagen gehabt, an den seltenen Abenden, wenn meine
Mutter mit dem Wagen gekommen war, wenn sie an Évi vorbeigeschaut und ihre
Kleider glattgestrichen hatte, als wüsste sie gerade nicht wohin mit ihren
Händen. Wenn ich zu ihr gelaufen war, schien sie erleichtert, als glaube sie,
mir habe in Évis Garten etwas zustoßen können. Sie hatte den Motor laufen
lassen und die Wagentür nicht zugeworfen, als müsse sie Évi zeigen, wie knapp
ihre Zeit war, zu knapp jedenfalls, um die Wagentür zu schließen und eine Weile
am Zaun zu stehen, wo Évi sie jedes Mal mit der gleichen Geste hereingebeten
hatte, nachdem sie das schiefhängende Tor schon geöffnet hatte, sobald sie den
Wagen in einer Wolke aus Staub sich hatte nähern sehen. Meine Tage mit Aja
hatten meine Mutter ratlos zurückgelassen, und es dauerte, bis sie wieder mit
mir reden konnte wie sonst, bis sie ihren hastigen, eilenden Ton wiederhatte,
aus dem sie jeden ihrer Sätze spann. Seit diesem Nachmittag aber, an dem Aja
mit dem Fahrrad ins trübe Wasser des Waldsees gefallen und meine Mutter ihr
nachgesprungen war, gab es etwas, das unsere Mütter verband, ohne dass sie es
hätten auszusprechen brauchen. Meine Mutter vergaß, dass sie Évis Garten

Weitere Kostenlose Bücher