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Bank, Zsuzsa

Bank, Zsuzsa

Titel: Bank, Zsuzsa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die hellen Tage
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einhängte, bevor sich ihre Füße lösten und sie durch
die Luft getragen wurde, über die Köpfe der Zuschauer, in weiten Kreisen nach
oben, Kopf und Rücken nach hinten gebogen, als würde sie mit weit
ausgestreckten Armen fliegen. Unter der Kuppel kam sie auf einem Seil zu
stehen, und wenn es aussah, als verbeuge sie sich, ließ sie sich kopfüber
fallen, und es wurde sofort still in den Reihen, man hielt die Luft an, während
Évi schneller und kürzer atmete, und wenn sie sich auf halber Höhe im Seil
fing, wenn sie sich mit den Füßen und einer Hand festklammerte daran, sprangen
die Menschen wie von einem Schrecken befreit auf und klatschten. Évi glitt
langsam hinab, löste den Haken vom Rücken, kam mit einer letzten Drehung auf
dem weichen Boden zu stehen, und unter Rufen und Pfiffen, unter lautem Applaus
verschwand sie hinter dem Vorhang, wo Zigi ein Tuch um ihre Schultern legte,
damit ihr vom Schweiß nicht kalt wurde. Einmal hatte er uns gesagt, Évi sei so
schnell hinter dem Vorhang verschwunden, dass er an Fischschwärme habe denken
müssen, die mit einer einzigen raschen Bewegung davongleiten, und wann immer er
seine Fußspitzen in einen Fluss getaucht habe und ein Fischschwarm
auseinandergestoben sei, habe er sofort an Évi denken müssen, daran, wie sie
früher hinter dem Vorhang verschwunden sei.
    Aja hatte keine Erinnerung daran,
nicht eines dieser Bilder kehrte beim Erzählen zurück, obwohl Évi sagte,
damals habe es ausgesehen, als habe Aja ihnen zugeschaut, als habe sie allen
zugeschaut, wenn sie nicht schlief oder dämmerte, in ihrem Tuch, das sie während
der Proben an zwei Stangen gebunden und so übereinandergeschlagen hatten, dass
Aja nicht herausfallen konnte, und das jeder anstieß, der vorbeiging, damit
Aja weiter darin schaukelte. War sie wach, richtete sie den Blick auf Zigi und Évi,
die über Drahtseile liefen und durch die Luft sprangen, neben Artisten auf Einrädern,
die sich an den Händen hielten, wenn sie Aja umkreisten, und einer Akrobatin,
die mit ihrem Scheitel die Fersen berührte, wenn sie sich weit nach hinten bog
und ihre Knöchel fasste, in einem Libellenkostüm mit durchsichtigen Flügeln
und schwarzer Kappe, die zwischen den Augen spitz zusammenlief, eine Frau, die
nicht nur wegen des Kostüms, sondern wegen ihrer zitternden, flatternden
Bewegungen von allen Libelle genannt wurde. Viele Stunden hatten sie jeden Tag
im großen Zelt verbracht, in dieser Luft, die Évi den Atem nahm, jedes Mal,
wenn sie es betrat und die Vorstellung des letzten Abends nachhallte. Évis
Augen gewöhnten sich schnell an die Dunkelheit hinter dicken Stoffplanen, und
wenn sie in den Pausen mit einem Blinzeln ins Tageslicht zurückkehrte, ging sie
wie schwerelos über den Boden aus Sägespänen, nahm draußen ihren Klappstuhl
und setzte sich vor ihren Wagen, wo Zigi darauf achtete, von Libelle weit genug
entfernt zu sitzen, und alle vorgaben, ihre Blicke nicht zu bemerken. Wenn ihnen
die Sonne zu heiß wurde, spannten sie ein großes Tuch auf, und wenn sie die
Füße hochlegten und den Kopf auf die Lehne fallen ließen, sahen sie gar nicht
mehr aus wie Menschen, die an einem Trapez schwangen und kopfüber von der
Kuppel stürzten.
    Évi glaubte, einen Ort gefunden zu
haben, an dem sie in Ruhe schlafen konnte, an dem sie in der Nacht nichts aufscheuchte
und am Tag nichts bedrohte. Sie sprang mit einer Leichtigkeit durch die Luft,
die sie für verloren gehalten hatte, sie betrat das Seil wieder, als habe ihr
Körper kein Gewicht, als dürfe sie alle Gesetze von Kraft und Bewegung hinter
sich lassen, und wenn sie am Abend das Geschirr in die Spüle gestellt und den
Tisch hochgeklappt hatten, schlief sie ohne Träume neben Zigi in ihrem schmalen
Bett, in das sie ihre blauen Schuhe legte, damit sie in der Nacht einen guten
Platz haben würden. Sie glaubte es so lange, bis Libelle ihren Stuhl näher an
Zigi heranrückte und eine Grenze durchstieß, die Évi für sie gezogen hatte,
gleich nachdem sie und Libelle hier aufeinandergetroffen waren. Als Évi spät am
Abend die durchsichtigen Flügel vor dem gekippten Fenster hatte zittern und
flattern sehen und Zigi sich erst am Morgen zu ihr ins Bett gelegt hatte, nahm
sie ihre Tasche und fing an, ihre Kleider aus den wenigen Schränken zu holen
und einzupacken. Sie hatte keine Eile, sie hatte Zeit, nichts drängte sie an
einen neuen Ort, weil sie ohnehin nicht wusste, wohin, und als Zigi sie so sah,
nahm er seine wenigen Sachen und legte sie in den

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