Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
Vom Netzwerk:
Scharade?«
    »Deinetwegen. Du solltest schließlich die Stiftung managen, und wir waren nicht sicher, ob du...«
    »Ob ich korrupt genug wäre«, sagte sie ohne Gefühlsregung in der Stimme.
    »Ich hätte kooperativ gesagt, aber genau das war es. Deshalb Amery. Um es echt zu machen.«
    »Wer ist er?«
    »Wer war er. Ernst hat ihn schon erledigt. Er war bloß ein armes Schwein. War jahrelang im Irrenhaus, die Stasi hatte ihn irgendwann mal aus nichtigem Anlaß festgesetzt. Ein alter, halb verrückter Schauspieler, der seine letzten Erfolge vor fünfundzwanzig Jahren gefeiert hat. Aber er war gut, das mußt du zugeben.« Er sah auf die Uhr. »Johanna, hör mir zu. Es ist halb sechs. Gleich geht hier auf der Station der Betrieb los. Die ersten Besucher kommen, Leute gehen ein und aus. Dann dauert es nicht lange, bis Jorge oder Chen oder beide hier auftauchen. Wir müssen sehen, daß wir vorher verschwinden. Was ist, kommst du mit oder willst du sterben?«
    »Wo stecken sie jetzt?«
    »Keine Ahnung. Jedenfalls sind sie nicht weit weg.« Er ging zur Tür, öffnete sie und schaute hinaus auf den Flur.
    »Warum rufst du nicht die Polizei?« Sie folgte ihm. Der leere Gang erstreckte sich endlos vor ihnen. Der gewachste Fußboden glänzte unter dem kalten Neonlicht der Deckenlampen wie trübes Wasser. Johanna blieb nach wenigen Metern stehen. Ihre Beine schmerzten, und ihre Knie zitterten.
    Er faßte sie unter, zog sie mit sich zu den Aufzügen.
    »Warst du dabei, als Klingenberg...?«
    »Nein, ich war nicht dabei. Wiking hat Ernst reingeschleust, der hat’s getan. Jetzt setz dich gefälligst in Bewegung, Johanna!«
    An der Wand neben den Aufzügen waren Münztelefone angebracht. Johanna blieb neben einem von ihnen stehen. »Gib mir meine Handtasche.«
    »Was soll das?«
    »Ich will telefonieren. Ich rufe die Polizei an.«
    »Nein.« Es klang endgültig. Der Aufzug kam, und er zerrte sie hinein. »Ich habe keine Lust, für den Rest meines Lebens im Knast zu sitzen.«
    »Was machst du, wenn ich es doch tue? Wenn ich alles auffliegen lasse?«
    Er starrte auf die Leuchtziffern über der Tür, die in rascher Folge wechselten. »Es würde nichts nützen. Sie haben es abgeblasen. Offiziell hat Amery in letzter Sekunde einen Rückzieher gemacht. Das Geld bleibt da, wo es ist. So lange, bis du...«
    »Bis ich aus dem Verkehr gezogen bin und ein kooperativer Nachfolger da ist?«
    »Ja.«
    »Um so mehr Grund für mich, zur Polizei zu gehen, findest du nicht?«
    »Nein. Du tust es nicht. Du tust es nicht, weil du leben willst. Und weil du reich bist.« Er zog ein zusammengerolltes Bündel Papiere aus der Tasche seines Trenchcoats. »Da, steck’s ein.«
    »Kontounterlagen? Was ist das?«
    »Eins Komma zwei Millionen. Auf einem Konto bei der Kantonalbank Graubünden, auf deinen Namen eröffnet. Gestern erst. Wiking hatte anscheinend nicht mit solchen Schwierigkeiten gerechnet. Das Geld wartet nur auf dich.« Er schob das Bündel in Johannas Handtasche und hängte sie ihr über die Schulter.
    Die Tasche schien eine Tonne zu wiegen. Schmutziges Geld, dachte sie. Genauso schmutzig wie die zwei Milliarden. »Hast du Wiking oder Ernst erzählt, daß ich die Firmen überprüfen wollte?« Er schüttelte den Kopf.
    »Also stammt die Information von Strass. Mein Fax. Wo ist dieser Ernst?«
    »Keine Ahnung. Mal hier, mal da. Niemand weiß es, außer seinem Schatten, diesem Jorge. Vergiß Ernst. Versuch einfach, am Leben zu bleiben.«
    Die Aufzugtüren glitten auf, und Leo faßte Johanna am Arm und zog sie zum Ausgang. Eine mehrere Meter breite Drehtür setzte sich selbständig in Bewegung, als sie die Lichtschranke durchschritten. Ein junges Paar kam ihnen entgegen, die Frau hochschwanger und mit schmerzverzerrtem Gesicht, der Mann hilflos besorgt. Er stützte die stöhnende Frau und schleppte einen Koffer. Draußen wich die Dämmerung einem diffusen, im Frühnebel erstickenden Tageslicht. Es war kalt. Johanna fröstelte trotz ihrer warmen Jacke. Sie umklammerte den Riemen ihrer Handtasche. Ihr Arm, den Leo unnachgiebig festhielt, schmerzte vor Anspannung. Und sie spürte noch einen anderen Schmerz, von dem sie inzwischen wußte, was er bedeutete. Die Einlage zwischen ihren Beinen begann, feucht zu werden.
    Ihr Gesicht war starr wie das einer Toten und ebenso bleich. »Warum, Leo? Um Himmels willen, warum denn nur?« Sie folgte ihm stolpernd zu den Parkplätzen. Das triste Betongebäude löste sich im Nebel hinter ihnen auf.
    Leo blieb neben

Weitere Kostenlose Bücher