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Bankgeheimnisse

Bankgeheimnisse

Titel: Bankgeheimnisse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Sievers
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sein kann. Er hat immerhin Verständnis dafür, daß wir zusammen sein wollen.«
    »Oh, natürlich, wie kann ich das vergessen«, spottete er. »Eine oder zwei Wochen im Jahr. Diesmal sogar vier. Was ist in ihn gefahren? Wird er auf seine alten Tage sentimental?«
    »Fabio, hör auf damit. Verdirb uns nicht alles.«
    Er sah ihre bittenden Augen. Jetzt war wieder die Verzweiflung darin, die er so gut kannte. Er verfluchte sich stumm, legte mit zerknirschter Geste seine Hand über ihre im Schoß geballten Fäuste. Ihr Gesicht wurde weich. Sie vergab ihm in derselben Sekunde, so wie man einem ungezogenen, reumütigen Iünd verzeiht, einem Kind, das zu haben ihr nicht vergönnt gewesen war. Ernesto hatte in seiner Jugend Mumps gehabt und konnte keine Kinder zeugen, ein Umstand, der an ihm fraß wie Säure, vor allem seit Fabio, Ernestos Ziehsohn, Neapel verlassen und alle Brücken hinter sich abgebrochen hatte. Fabio verdrängte die von Abscheu, Selbsthaß und Bitterkeit geprägten Bilder aus jenen Tagen und lächelte seine Schwester friedfertig an. »Du hast recht, wie immer. Reden wir über etwas anderes.«
    »Was soll ich heute abend kochen?« fragte sie in gewollt munterem Ton.
    Sein Lächeln wurde breiter. »Hm, warte mal. Vielleicht etwas aus Resten. Ich denke, ich habe da noch ein paar überfällige Eier im Haus. Und ziemlich viele angegammelte Zucchini. Ja, jede Menge Zucchini sogar. Oh, und als ich heute morgen den Kühlschrank aufmachte, lagen auch noch ein paar alte Kalbsknochen drin. Fällt dir schon etwas ein?«
    »Laß mich überlegen.« Stirnrunzelnd tat sie, als dächte sie angestrengt nach. »Ich hab’s«, schmunzelte sie. »Fettuccine.«

    Johanna starrte den grauhaarigen Mann, der ihr gegenüber hinter seinem Schreibtisch saß, erwartungsvoll an. »Na, was ist? Sie sagen ja gar nichts!«
    Jäger erwiderte ihren Blick mit teilnahmsloser Miene. In seinen Augen lag ein leicht abschätziger Ausdruck. »Rekapitulieren wir doch einmal. Sie kommen hierher in die Staatsanwaltschaft, abgehetzt, in Eile, gerade von einer Geschäftsreise aus Paris zurückgekehrt, wie Sie sagen, und unterbreiten mir eine äußerst interessante Hypothese, der zufolge ihr ehemaliger Chef, Harald Klingenberg, nicht Selbstmord begangen hat, sondern ermordet wurde. Vergiftet. Von irgend jemandem vergiftet, der sodann ihrem Bruder, um ihn zu belasten, ähnliches Gift untergeschoben hat. Weil er nämlich dringend davon ausgehen mußte, daß alsbald der angebliche Selbstmord sich als Mord herausstellt und Hinweise auf ihn, den wahren Mörder ans Tageslicht kommen.«
    Sie hatte sich seine geschraubten Formulierungen mit wachsender Ungeduld angehört. »Ja, ja, ich hatte Ihnen all das doch gestern schon gefaxt. Die Hinweise müssen sich in einem der Bücher befinden, die zuletzt auf seinem Schreibtisch gelegen haben. Sagen Sie mir doch einfach, welche Titel es waren, und fertig. Sie haben sicher eine Liste in der Akte. Ich wette, daß Sie das haben!« Sie trommelte ungeduldig mit den Fingern auf den Armlehnen des schäbigen Besucherstuhls herum und wippte hart nach vorn. Eine Feder quietschte protestierend.
    »Mal langsam. Wer sagt denn, daß ich Ihnen die gewünschte Auskunft nicht gebe?« Ein mißmutiger Zug erschien um seinen Mund. »Ach, nehmen Sie es mir nicht übel — aber ich darf Sie bitten, mit dem Stuhl nicht so herumzuwippen. Er ist leicht schadhaft, und es könnte passieren, daß er auseinanderbricht. Dann sitzen Sie auf dem Fußboden, und ich habe keinen Besucherstuhl mehr. Es würde Monate dauern, bis ich einen anderen bekomme. Hier braucht alles seine Zeit, wissen Sie.« Er sah sich angelegentlich um, und sie folgte seinen Blicken. Diese Art von altem, sperrmüllreifem Büromobiliar war ihr noch aus Referendartagen vertraut. Sie hatte einige Monate während ihrer Ausbildung in diesem Gebäude verbracht, in einem anderen Büro, bei einem anderen Staatsanwalt. Dort hatte es nicht viel anders ausgesehen als hier bei Jäger. Die meisten Schreibtische und Aktenschränke in diesem Haus waren älter als ihre Benutzer.
    Ihr wurde klar, daß er auf die Ausstattung ihres eigenen Büros anspielte, daß er Vergleiche zwischen sich selbst und ihr anstellte. Vergleiche, die ihn in seinen Augen schlecht abschneiden ließen und ihn gegen Johanna einnahmen. Sie war ein Youngster, noch grün hinter den Ohren, er ein altgedienter Jurist. Doch sie verdiente doppelt soviel wie er und saß in einem erstklassig eingerichteten Büro. Sie bekam die

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