Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bankster

Bankster

Titel: Bankster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudmundson
Vom Netzwerk:
abschließen. Das Absatzklackern auf dem Granit sagte mir, dass es Harpa war, daher wurde ich nicht unruhig, als sie auf mein Rufen nicht antwortete, ich dachte, dass sie etwas vergessen hatte und gleich ins Wohnzimmer kommen würde, um einen zweiten Abschiedsversuch zu starten. Nach einer Weile rief ich noch einmal: »Hi, hast du was vergessen?« Sie antwortete immer noch nicht, und ich hörte auch nicht, dass sie sich bewegte oder in der Wohnung herumlief – abgesehen von dieser deutlich spürbaren Präsenz war ich immer noch allein zu Hause. »Harpa? Harpa?!« Keine Antwort, nur ein winziges Geräusch und ein eingebildeter Atemzug. Schließlich legte ich das Buch weg und ging in den Flur. Es war in der Tat Harpa. Sie hatte noch Mantel und Schuhe an, lehnte an der Tür und starrte vor sich hin. Ich sah sofort, dass sie sehr ängstlich war, ihr Gesichtsausdruck war derselbe wie der, als wir vor ein paar Jahren in Amsterdam von einem gepflegten jungen Mann ausgeraubt worden sind. Ich fragte sofort, was los ist, aber sie redete erst nach der dritten und immer unruhigeren Nachfrage. Da hatte sie sich schon von der Tür entfernt und mich umarmt:
    »Ich weiß nicht, was ich mir gedacht habe. // Was? // Ich kann das nicht mehr. // Was, mein Liebes? // Ich wollte dich nie anlügen, jetzt ist es passiert. // Du musst es mir sagen. // Das ist so idiotisch. // Sicher nicht. // Doch, es ist idiotisch. // Was? Lass es einfach raus.«
    Während Harpa mit den Tränen kämpfte, spürte ich, wie sich die Erde unter uns drehte. Ich dachte an lebensbedrohliche Krankheiten und ans Fremdgehen, und in Wirklichkeit hielt ich sie nicht im Arm, sondern hielt mich an ihr fest, um nicht zu fallen, hielt sie so fest, dass ich fühlte, wie sich ihr Brustkorb stoßartig ausdehnte und zusammenzog:
    »Du darfst das nicht falsch verstehen, Markús, denk nicht, dass ich dich nicht mehr liebe, obwohl ich es dir nicht sofort gesagt habe. // … // Ich bin in diesem Jahr nicht arbeiten gewesen. // … // Sie konnten mich nur bis zu den Weihnachtsprüfungen behalten. // Okay. // Es gab so viele ausgebildete Lehrer, die anfangen wollten, und die haben Vorrang. // … // Ich wusste es schon im Dezember und wollte es dir immer sagen – aber du hattest dich gerade so gut gefangen – das macht es aber nicht besser. // Spielt keine Rolle, Liebes. // Doch, es ist schlecht, wenn Menschen nicht mehr miteinander reden. // Es war lange Zeit kaum möglich, mit mir zu reden. // … // … // Ich hatte jeden Morgen das Gefühl, dich zu verlassen. Ich tat so, als würde ich zur Arbeit fahren, und du hier zu Hause dachtest, ich wäre dort. // Das habe ich in der Tat gedacht. Aber ich finde es viel schöner, dich jetzt hier zu haben. // Gut. // … // Aber ich habe in einer Lüge gelebt, zum ersten Mal in meinem Leben. // Unnötig, sich in Seifenopergefilden zu verlieren, Liebes, Liebes … // Wo? Wie hoffnungslos muss das Leben denn sein, damit man sich in Seifenopergefilde begibt? // … // Wir müssen reden, Markús. // Das haben wir immer gemacht. // In letzter Zeit nicht, wir waren nicht ehrlich zueinander. // Die Gesprächsthemen waren ziemlich ermüdend in letzter Zeit. // Dann gibt es noch mehr Grund, um ehrlich zueinander zu sein und die Sache aufs Wesentliche runterzureden. // Ganz richtig. // … // Nehmen wir uns Kaffee und Cognac und seien wir ehrlich. // Jetzt? // Ja. // Verzeihst du mir? // Natürlich. // Ganz? // Harpa, wie könnte ich anders? // … // Jetzt muss ich nicht mehr allein den Weihnachtsschmuck wegräumen.«
    Das ehrliche Gespräch war kurz. Harpa kam schnell auf Müdigkeit und Energieeinbruch zu sprechen, rührte ihren Kaffee nicht an, leerte aber das Cognacglas, bevor sie ins Bett krabbelte. Ich legte mich zu ihr. Mit geschlossenen Augen haben wir noch ein paar Worte gewechselt. Jetzt schläft sie schon seit drei Stunden an meiner Seite.

20. Januar – Dienstag

    »Mach dir das mal klar – es ist fast zwölf Uhr an einem Dienstag mitten im Winter, ein so normaler Tag, wie man ihn sich nur vorstellen kann, und wir sitzen hier in der Küche und trinken Kaffee und futtern Kekse. Das wäre normal, ja sogar unglaublich nett, wenn wir sechzig und in Rente wären. Den ganzen Tag vor uns und so. Wir müssten sechzig sein und kurz vor einer Frühlingsstädtereise stehen, vielleicht nach Wien, da sind wir noch nie gewesen, und wir müssten heute Abend zu unseren Kindern fahren, sie besuchen und es genießen, unsere Enkel zu verwöhnen. Wir

Weitere Kostenlose Bücher