Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Bankster

Bankster

Titel: Bankster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudmundson
Vom Netzwerk:
ein Werk- oder Wochenendtag gewesen ist. Bald vermutete ich, dass es an einem Wochenende war, wahrscheinlich an einem Sonntag, weil der Kai noch nicht geräumt war und als künstliche Landzunge in den Fjord ragte – keine Ahnung, was ich da getrieben habe.

16. Januar – Freitag

    Harpa hat etwas gesagt, als wir uns heute Morgen in der Küchentür getroffen haben, ich kann mich partout nicht erinnern was, aber es brachte mich dazu, den Blick zu heben und ihr ins Gesicht zu sehen. Da bemerkte ich, dass eines ihrer Augen ganz rot war, machte sie darauf aufmerksam und fragte, ob sie wieder diese Entzündung bekommen habe wie im letzten Frühjahr. Sie meinte, dass sie am Dienstag mit der Entzündung aufgewacht, es aber schon besser geworden sei und sie beschlossen habe, die Augentropfen auszuprobieren, die noch vom letzten Mal übrig sind, und sie würden auch wirken. Ich erinnere mich nur vage, wie ich reagiert habe.

18. Januar – Sonntag

    Nach langer Suche habe ich die Massageölflasche unter dem Waschbecken gefunden. Bevor ich sie in die Nachttischschublade legte, vergewisserte ich mich, dass der Inhalt in Ordnung war. Für mich roch das Öl wie immer, eher unappetitlich, und ich dachte daran, es zu benutzen, wenn wir vom Restaurant zurückkämen, aber das war vielleicht unangemessen optimistisch. Ein halbrohes Rindersteak, gebackene Kartoffeln und Rotwein in erschöpften Körpern ist kein gelungenes Vorspiel dafür, dass dieselben erschöpften Körper nach Hause eilen zu einer romantischen, duftölverschmierten Schmusestunde und lustvollem Sich-Herumwälzen, als wären sie blutjung und voller Neugierde. Mein Optimismus in Bezug auf das Massageöl war auf abgelaufene Sehnsüchte gebaut.
    Nach dem Essen haben wir es noch nicht einmal mehr auf einen Drink in die Bar geschafft, sondern haben uns Hand in Hand durch die unbelebtesten Straßen nach Hause geschleppt, stapften dabei so schwer auf, dass man es laut im frischen Schnee hören konnte. Auf dem Weg wollte ich Harpa die Venus zeigen, nachdem ich ihr von ihrem besonderen Stand am Himmel erzählt hatte, aber wir konnten den Planeten wegen der Häuser auf dem Hügel nicht sehen. »Sie kann ja nicht wirklich hoch am Himmel stehen, wenn Reykjavík es schafft, sie zu verdecken«, sagte Harpa und gähnte.
    Wir haben es tatsächlich noch ins Bett geschafft, aber nur so gerade noch. Ich half Harpa aus Mantel und Stiefeln, bevor ich mich selbst auszog und sie in die düstere Wohnung führte. Ich glaube, wir haben beide gespürt, dass ich versuchte, Feuer zu entfachen, jedenfalls hat Harpa müde gelächelt und sich nach einem wahnsinnig tiefen Gähnen entschuldigt, und ich habe ihr zuliebe auch gegähnt. Einige Minuten später waren wir auf der Tagesdecke eingeschlafen, ich mit offenem Gürtel und Harpa mit runtergelassenem Rock, wie zwei schlafende Baumfäller in karierten Hemden und Jeanslatzhosen, erschöpft nach einem gewöhnlichen Tag im Wald.
    Später
    Harpa hat vorhin die Tür aufgestupst und zu mir ins Zimmer gelugt. Sie fragte, ob ich Lust hätte, mit ihr einen Film zu sehen, oder ob ich damit beschäftigt sei, meine Lebensgeschichte zu schreiben. Ich war keineswegs mit Schreiben beschäftigt, dachte, dass der Eintrag fertig sei, und hatte angefangen, ein neues Buch zu lesen, was ich ihr bewies, indem ich es in der Luft schwenkte und ein unschuldiges Gesicht machte.
    Ich habe den halben Film abgewartet, bis ich ihr erklärt habe, dass ich Vésteinns Vorschlag von vor ein paar Tagen befolge und eine Art Tagebuch führe. Harpa korrigierte mich, sagte, dass ich das schreckliche Tagebuch schon im letzten Jahr begonnen hätte, und sie meinte, dass es mich am Ende noch vom Weiterleben abhalten würde, wenn ich an irgendeiner Sorge festhielte, nur um darüber schreiben und mich selbst bemitleiden zu können.

19. Januar – Montag

    Wenn dies ein Kapitel in einem Buch wäre, könnte es Geständnis heißen.
    Ich bin heute Morgen mit Harpa aufgestanden, gegen meine Gewohnheit, und ich musste sie, die am Küchentisch saß, im Internet Nachrichten las und den dritten oder vierten Kaffee trank, darauf aufmerksam machen, wie spät es schon war. Kurz darauf haben wir uns mit einem Kuss verabschiedet und ich mich in Richtung Sofa bewegt, die Stehlampe angeknipst und einen Augenblick lang über Arbeitslosengeld nachgedacht, bevor ich das Buch beim Knick aufgeschlagen habe.
    Einige Seiten später hörte ich die Tür aufgehen, jemanden in den Flur treten und hinter sich

Weitere Kostenlose Bücher