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Bankster

Bankster

Titel: Bankster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudmundson
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Scheine, die ich in der Schublade zwischen den kleinen Souvenirs und Reiseunterlagen der letzten Jahre gefunden habe, verwandelten sich in 9347 Isländische Kronen. Und auch ich war es, der dem Straßenmusikanten auf dem Rückweg 347 Kronen in den Gitarrenkoffer geworfen hat, ich konnte nicht anders. Obwohl sich die Temperatur der Frostgrenze näherte und die Sonne schon hinter den Gebäuden verschwunden war, versuchte er sich an einem Santana-Solo. Mit so steifgefrorenen Fingern misslang es natürlich gründlich – aber es waren die Fehler, die mich dazu brachten, bei ihm stehen zu bleiben, ich fand sie gut, geradezu schön. Ich blieb eine gute Minute lang stehen und hörte zu, dachte erst, dass er ein deutsches Schlaflied spielt, für eine schlecht gestimmte Gitarre komponiert, bis ein lächelnder Tourist meinte, dass das wohl die Frostausgabe von Santana sei.
    Ich weiß, was in den letzten Tagen passiert ist, kann diese Ereignisse aber nicht als Teil meines Lebens bezeichnen. Als ob ich nur geistig anwesend gewesen wäre, als Zuschauer. Auch jetzt, hier im Café. Die Umgebung ist mir bekannt, und doch fern. Ich habe das Gefühl, durch ein umgedrehtes Fernglas zu gucken, alles so weit weg, ich winzig klein und ohne jeglichen Anschluss. So bin ich aufgewacht, so betäubt – wie mit Federn ausgestopft. Die drei alten Freundinnen, die am Nachbartisch lachen und ihre lange Freundschaft genießen, könnten einen qualvollen Vergiftungstod sterben, ohne dass ich reagieren würde. Wahrscheinlich würde ich aufstehen, sobald es still wird, zu ihrem Tisch gehen und die aufgerissenen Augen und klaffenden Münder schließen, und vielleicht noch mit einer Serviette die sahnigen Kuchenkrümel von den runzligen Kinnen wischen.
    Im Moment trompetet und singt Chet Baker über den Gästen. Noch nicht einmal ihm, diesem Fleischklopfer im Seelenleben von Menschen mit Liebeskummer, gelingt es, mich zu berühren. Totale Gefühllosigkeit, eigentlich ein gutes Gefühl.

22/3 – Sonntag

    Jetzt schreibe ich schwarz. Das muss nicht unbedingt symbolisch sein. Der blaue Pentel-Füller ist gestern leer geworden, und da ist mir dieser vorzügliche Goldfüller eingefallen, den ich vor einigen Tagen beim Kramen in der Kleingeldschale wiederentdeckt hatte. Ich weiß nicht, wie er dort gelandet ist, inmitten von wertlosem Metall, dieser Klunker, den ich im letzten oder eher im vorletzten Jahr in London gekauft hatte – ja, wahrscheinlich war es 2007. Die Reisen Nr. 50–80 fließen in meiner Erinnerung zusammen, aber ich weiß noch, dass wir zu viert waren und einen wunderbar frühlingshaften freien Nachmittag hatten: Sonnenbrille, Hitze und die Jacke über der Schulter. Diejenigen, die mit mir unterwegs waren, sind nicht mehr zu erkennen, neblige Gespenster in der Erinnerung. Wir sind auf der Sonnenseite die Kensington entlanggeschlendert, in eine schattige, kühle Seitenstraße eingebogen und haben uns in einem altehrwürdigen Schmuckgeschäft umgesehen. Einer wollte sich eine teure Uhr kaufen, und als wir das Geschäft kurz darauf verließen, war ich der Einzige, der keine neue Uhr am Arm und die alte in der Tasche trug. Meine richtige Uhr lag zu Hause in Island im Regal, ich trug sie so gut wie nie und meine Gewissensbisse reichten aus, um mir keine neue zu kaufen. »Mensch, du musst dich accessoirisieren«, sagte da eines der Gespenster, während es einen mächtigen Uhrbrocken anprobierte. Ich konnte nicht widersprechen und verließ das Geschäft mit diesem edlen Füller in der Brusttasche, kein Silber-, sondern ein Goldfüller, weil ich einen braunen Anzug trug.
    Wir kamen wieder auf die Kensington zurück und schlenderten im Frühlingswetter – für uns natürlich nichts Geringeres als ein strahlender Sommertag – weiter, bogen zum Hyde Park ab, breiteten unsere Jacken aus und setzten uns an eine jahrhundertealte Eiche, deren Äste sich in der warmen Brise hin- und herwiegten. Während wir uns an einer Imbissbude am Parkrand einen Snack holten, sprachen wir über die Früchte des Wohlstands. Die glatten Stirnen glänzten über den Sonnenbrillen, in denen sich meine eigene schwitzige, sorglose Stirn spiegelte.
    Das sind meine Erinnerungen zu diesem dicken Goldfüller mit schwarzer Tinte.
    Und da der Füller aus London stammt, ist es nur angebracht, ihn zu verwenden, um von Valentine zu erzählen, in meiner Erinnerung wird sie immer mit London verknüpft sein.
    Das erste Mal haben wir uns im Gesundheits-Fastfood-Imbiss Pret a Manger im

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