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Bankster

Bankster

Titel: Bankster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gudmundson
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Bankenviertel getroffen. Sie steckte in einem dunkelblauen Kostüm und hatte eine altbackene Frisur, trug das pechschwarze Haar in einem Lehrerinnendutt im Nacken. Ich hatte sofort den Eindruck, dass sie bei einer großen, altehrwürdigen Bank arbeitet, obwohl ihr fruchtbarer Körper nicht zu übersehen war. Die Schlüsselwörter waren: fleischig, figurbetont und fest, von der fast unsichtbaren Strumpfhose unterm Rock bis hoch zu den Lippen und dem lockigen Haar, das sich durch solch einen Dutt nicht zähmen lassen wollte, es war augenscheinlich von Natur aus wild, und einigen Locken war die Flucht schon gelungen.
    Irgendwie sind wir ins Gespräch gekommen. Island hatte sie neugierig gemacht, und ich versuchte, ihr etwas beizubringen. Als wir beide unsere Sandwichs gegessen, den Gemüsesaft getrunken und lächelnd die Essensreste aus den Zähnen gelutscht hatten, zeigte sich, dass sie so interessiert an Island war, dass wir in eine nahe gelegene Bar gehen mussten, um uns dort weiter unterhalten zu können. Ich glaube, es ging nicht die ganze Zeit um mich und mein Heimatland. Jedenfalls habe ich auch viel über Valentine erfahren, wie sie als Vierjährige mit ihrer Familie von Albanien nach Italien gegangen ist und sich trotz Armut zu einer guten Ausbildung durchgeschlagen hat, wie sie in dem Dorf, in dem sie als Lehrerin gearbeitet hat, einen reisenden Briten kennengelernt und ihn ein Jahr später geheiratet hat, dass sie sich nach kurzer Ehe getrennt haben, sie alleinstehend ist und selbstständig im Bankenviertel arbeitet. Ich habe mich nach ihrem Job erkundigt, aber sie wollte nichts sagen, nur dass sie persönliche Dienste anbiete. Ich hatte schon ein paarmal kurz daran gedacht, bekam die Bestätigung, dass sie eine Prostituierte sei, aber erst, als ich mich nach zwei Cocktails mit großen Gesten zur Verabschiedung anschicken wollte. Ich war wahnsinnig erleichtert, und es fiel mir leicht, sie mit aufs Zimmer zu nehmen. Geld macht aus den dreckigsten Handlungen blitzsaubere Geschäfte.
    Die erste Nacht hat vierhundert Pfund gekostet, aber dafür bekam man ihre Visitenkarte. Die nächsten Male zweihundertfünfzig. Ich habe sie fast immer angerufen, wenn ich in der Stadt war, bei längeren Aufenthalten mehr als einmal. Wenige Male war sie beschäftigt, generell ist sie aber zum Glück ans Telefon gegangen und noch vor Mitternacht in meinem Zimmer eingetroffen. Valentine war auf ganze Nächte spezialisiert, verschwand erst am Morgen, mucksmäuschenstill, und in jenen Nächten offenbarte sich ihr Spezialistentum insofern, als dass ich nie an Harpa denken musste. Einmal habe ich sie gefragt, ob sie kein Zuhause habe und nie in ihrem eigenen Bett schlafe, worauf sie nicht antworten wollte. Da meinte ich, dass das selbstverständlich nicht meine Sache sei, und bat um Entschuldigung und fügte hinzu, dass es mir auch ganz egal sei, ob sie wirklich Valentine heißt, das Wichtigste sei, dass sie komme, wenn ich rufe, mein Herz würde nämlich lachen, wenn sie bei mir ist, sie sei mein Lieblingskunstwerk in ganz London und dürfe auch bezüglich ihres Aussehens nichts ändern, es sei denn, es mache ihr nichts aus, wenn ich nie wieder anriefe.
    Ich fand zweihundertfünfzig Pfund nie genug für eine ganze Nacht, und ich versuchte immer, ein kleines Abschiedsgeschenk für sie bereitzuhalten. Ich weiß nicht, ob es ihr wichtig war, und das war mir auch ganz egal, ich glaube, dass die meisten Kunden so etwas gemacht haben in der Hoffnung, von ihr als etwas Besonderes angesehen und beim nächsten Mal besonders freigiebig behandelt zu werden. Ich habe es nur für mich selbst getan. Je größer die Summe ist, umso größer und dichter ist der Schatten, den sie wirft, man muss sich keine Mühe machen, die Taten zu verstecken, sie verschwinden von allein – ja, und es könnte sogar sein, dass ich zusammen mit dem Goldfüller auch ein Fußkettchen mit blutroten Steinen für Valentine gekauft habe. Wenn, dann ist es so gut im Schatten der Geschäfte versteckt, dass ich es aus der Erinnerung schälen müsste.
    Später
    Ich habe darüber nachgedacht, ob ich eine interessantere Persönlichkeit wäre, wenn Valentine wirklich existiert hätte, nicht nur als verschriftlichte Kopfgeburt. Und es ist komisch – naja, nicht wirklich, aber zumindest ein bisschen – und auf einmal bitter, zugeben zu müssen, dass es für mich das Größte war, nach dem Meeting des Tages auf einer Bank im St. James’s Park zu sitzen, die seltenen Vögel auf dem

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