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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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nähern wagte. Die bleichen Knochen waren so porös, dass sie zerfielen, sobald er sie mit der Stiefelspitze berührte. Erfreut trampelte er auf den widernatürlich gebogenen Wirbeln, Rippen und Gebeinen herum, bis er sich inmitten einer weiß aufwallenden Wolke bewegte.
    Alvin verstand erst, was diese Zerstörungswut zu bedeuten hatte, als Bornus sich bückte, um mit gezieltem Griff etwas aus dem staubenden Knochenmehl zu klauben. »Ha! Meins!«, rief der Waffenbruder triumphierend. »Ich hab es zuerst gesehen, also darf ich es auch behalten!«
    Bei diesen Worten schwang er ein Schwert mit leicht gebogener Klinge über dem Kopf, dem alsbald, nachdem er den Rücken ein weiteres Mal gekrümmt hatte, eine beinahe identische Waffe folgte. Sofort stürmten andere Krieger herbei und staksten suchend in den Knochen umher, doch als sie nicht fündig wurden, forderten sie, trunken vor Beutegier, Bornus solle eines der wie frisch poliert funkelnden Schwerter herausgeben – aber da waren sie an den Falschen geraten.
    »Nur über meine Leiche!«, warnte der Glatzkopf, dessen Wangen noch ein wenig eingefallener als sonst wirkten. »Doch Vorsicht, ich bin nur schwer zu töten.« Die beiden armlangen Klingen waren so handlich, dass Bornus jede davon mit einer Hand führen konnte. Sie unablässig hin und her schwenkend, schaffte er sich schnell Freiraum.
    Noch ehe sich die anderen Iskander zu einem gemeinsamen Angriff durchringen konnten, ließ sie ein weiteres Triumphgeheul aufhorchen.
    Diesmal war es Rogge, der eine Entdeckung vermeldete. Lachend holte er hinter einem der Podeste einen Streithammer hervor, der einem Raubvogelkopf nachempfunden war. Ein schlanker Kopf, der in einem spitzen Schnabel endete, saß auf einem mit fein ziselierten Federn verzierten Schaft, der sich perfekt mit beiden Händen umfassen ließ.
    Beutefieber breitete sich aus. Nervös strebten alle auseinander, um nach weiteren Kostbarkeiten zu suchen. Einer hob sogar den im Knochenstaub liegenden Ledermantel auf, zog aber dann die Nase kraus und warf ihn angewidert wieder zu Boden.
    Einzig Hormuk empfand Verachtung für dieses würdelose Treiben. Mit hoch erhobenem Haupt schritt er auf die mittlere der fünf Statuen zu, vor deren Podest sich Dutzende von Totenköpfen stapelten. Diese bleichen Schädel waren allesamt mehr als doppelt so groß wie die eines normalen Menschen und wiesen eine natürliche Vertiefung inmitten des Gesichts auf.
    Riesenhäupter mit einer einzigen Augenhöhle. Alvin fühlte einen kalten Hauch über sein Rückgrat streichen.
    Zyklopenschädel! Nie im Leben hätte er es für möglich gehalten, dass er einmal ein wahres Zeugnis dieser sagenumwobenen Riesen zu sehen bekam, und hier türmten sich ihre Köpfe gleich zu Dutzenden auf. Pyramidenförmig stiegen sie an, bis zum Rand des Podestes, auf dem das Ebenbild eines Greifen stand – es konnte sich dabei nur um Goron den Zyklopenschlächter handeln.
    Als Zerbe ihnen diesen Namen anvertraut hatte, hätte Alvin beinahe laut aufgelacht. Nun jedoch schrie alles in ihm, dem unterirdischen Gewölbe zu entfliehen.
    Hormuk kannte solcherlei Ängste nicht, das musste der Bleiche ihm lassen. Ohne ein einziges Mal innezuhalten oder über die Schulter zu blicken, stieg der Hauptmann über die Zyklopenschädel zu dem marmornen Goron empor.
    Statt zu Staub zu zerfallen wie die Skelette unter dem Steinbogen, hielten die Schädel seinem Gewicht stand. Oben angelangt, zog Hormuk ein Messer aus einer ledernen Gürtelscheide und schnitt sich tief in den Ballen der freien Hand. Ganz so, wie Zerbe befohlen hatte.
    In seinem Eifer, dem Lederhäuter zu gefallen, übertrieb es Hormuk allerdings ein wenig. Obwohl seine auf das Podest gelegte Fackel vieles im Dunkeln beließ, war deutlich zu erkennen, dass er nicht nur ein paar Tropfen seines kostbaren Lebenssaftes vergoss, sondern bald schon eine erhebliche Menge davon Gorons Füße und Beine benetzte.
    »Goron!«, rief er mit großem Pathos. »Erhöre unser Flehen!«
    Wie zur Antwort erschütterte ein Erdstoß das Gewölbe.
    Gleich darauf schlugen kleine, sich rasch nach allen Seiten hin verästelnde Blitze aus dem schwarzen Steinbogen, und von knisternden Entladungen umgarnt, fing er so stark an zu glühen, dass die Kammer beinahe vollständig ausgeleuchtet wurde. Erstmals waren ihre gigantischen Ausmaße zu erkennen. Nur in den äußersten Ecken widerstanden einige Schattennester dem immer heller pulsierenden Schein.
    Hormuk breitete die Arme aus, als

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