Bannkrieger
starrte er Alvin an, der schon die Hälfte der zwischen ihnen liegenden Distanz überwunden hatte, und langte nach der Klinge in seinem Waffengehänge. Der Kletterer hatte den Stahl gerade heraus, als Alvin bei ihm anlangte.
Alvin zog den Kopf ein, sprang vor, mit der Schulter voran, und stieß dem anderen vor den Brustkorb, sodass der Gardist zurücktaumelte und ins Leere trat. Rücklings stürzte er den Schacht hinab.
Vom eigenen Schwung mitgerissen, flog Alvin hinterher.
Das hatte er nicht geplant. Instinktiv ließ er Fackel und Schwert los und bekam das Seil zu packen. Er musste sich auf die Lippen beißen, um nicht laut aufzuschreien, als ihm die Innenflächen zerschnitten wurden.
Auf Höhe des nächsten Stockwerks konnte er den Sturz endlich abbremsen. Da er ohnehin schon wild umherpendelte, brauchte er nur einmal kräftig Schwung zu holen, um sicher auf festem Boden zu landen.
Die Gardisten, gegen die er eben noch gekämpft hatte, waren inzwischen nach oben gelaufen. Rasch rannte er zu dem Sterbenden, dem er die Klinge in den Hals gestoßen hatte, und wand ihm das Schwert aus den Händen.
»Nun gib schon her!«, fluchte er, weil sich der Kerl noch immer wehrte. »Du brauchst es ohnehin nicht mehr!«
Es schmerzte, den mit Lederstreifen umwickelten Griff zu packen, trotzdem stürmte er frisch bewaffnet die Treppe hinauf. Oben wurde heftig gekämpft. Die Hellebardenträger setzten zwei Nekalesen zu, die es noch nicht durch die Lichtscharte geschafft hatten.
Alvin fiel dem Gegner mit wuchtigen Schlägen in den Rücken, aber es war zu spät, seine Krieger schwammen bereits in ihrem Blut. Trotzdem kämpfte er weiter, denn solange Bornus und die anderen am Seil hingen, waren sie wehrlos.
Bei einem zufälligen Blick durch die gitterlose Öffnung sah Alvin zwei einsame Fackelträger, die noch am Dachrand standen. Einer von ihnen war Rogge, der seine Höhenangst nicht überwinden konnte, und der andere Bornus, der ihn nicht zurücklassen wollte.
Alvin hätte ihnen gern einen lauten Fluch zugebrüllt, doch harte Schritte auf den Treppenstufen ließen ihn herumwirbeln. Ein gutes Dutzend weiterer Gardisten stürzte herbei. Rasch schlug er mit dem Schwert einige ineinander übergehende Kreise aus dem Handgelenk und stellte sich mit dem Rücken zur Wand. Nur drei Herzschläge später umgab ihn ein stählerner Wall.
»Waffe runter!«, forderte ein Feldweibel, der das Kommando führte. »Oder du bist des Todes!«
Das bin ich ohnehin! , dachte Alvin, aber da seine aufgescheuerten Handflächen brannten, kam er der Aufforderung nach.
Seine Gegner entspannten sich ein wenig, als der Stahl zu Boden klirrte. Dann aber stürmte ein Gardist aus der Kornkammer, hielt Zerbes leere Flickenlederhülle in die Höhe und meldete laut schreiend, was es dort zu sehen gab.
»Seid ihr von Sinnen?«, fragte der Feldweibel Alvin. »Ihr habt das Korn verhext?«
»Bis auf den Grund verdorben, das trifft’s wohl eher«, erwiderte Alvin mit einem aufreizenden Grinsen. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, es abzustreiten, darum wollte er den anderen provozieren, damit der ein rasches Ende machte.
Fast wäre der Plan auch aufgegangen, aber gerade, als der Unteroffizier ausholte, brach greller Sonnenschein durch die eben noch nachtschwarzen Lichtscharten. Verblüfft starrten die meisten nach draußen, leider gab es aber auch zwei ausgekochte Veteranen, die ihre Klingen eisern gegen Alvins Kehle gerichtet hielten.
»Das Geschmeiß!«, rief der Feldweibel, der an die gitterlose Öffnung gelaufen war. »Es zieht davon!«
Bei dieser Gelegenheit entdeckte er auch einen Schatten, der sich über ein angebundenes Seil vom Dach schwang. Rasch sandte er ein paar Männer aus, und kurz darauf schallte lautes Freudengeheul zu ihnen herüber, denn sie hatten das Seil einfach mit einem Messer gekappt und alle Männer, die noch daran hingen, in die Tiefe stürzen lassen.
Obwohl er sich zu beherrschen versuchte, wand sich Alvin bei dieser Nachricht wie unter Qualen.
»Das ist noch gar nichts«, stichelte der Feldweibel mit vor Erregung zitternder Stimme. »Dagomar wird wissen wollen, was der Abzug der dunklen Armada zu bedeuten hat. Sobald dich sein Folterknecht in die Hände bekommt, wirst du dir wünschen, ebenfalls auf das harte Pflaster der Gasse geschlagen zu sein.«
Alvin zog es vor, eine undurchdringliche Miene aufzusetzen, auch nachdem sie ihm die Hände so fest auf den Rücken gebunden hatten, dass sie in kürzester Zeit absterben würden,
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