Bannkrieger
einen der Iskander stellen, die uns das Verderben brachten. Er wird gerade vom Kronrat befragt, doch wie man hört, zeigt er sich störrisch.«
Erschüttert ging Nispe in die Hocke und lehnte sich mit dem Rücken gegen die Wand. »Warum strafen uns die Götter so?«, fragte er kopfschüttelnd. »Erst Meas Entführung, dann das.«
»Es gibt Licht am Horizont«, versuchte ihn die Phaa zu trösten. »Jetzt, da die dunkle Armada verschwunden ist, gelangen die Falken wieder zur Burg. Und sie bringen gute Kunde. Umherstreifende Kundschafter haben die iskandische Streitmacht in den Bitterfelsen aufgespürt. Niemand weiß, wie sie dort ungesehen hingelangt sind, doch Dagomar ist fest entschlossen, sie zum Kampf zu stellen, ehe sie noch mehr Unheil anrichten können.«
»Darum also ruft er zu den Waffen.« »Ja, und seine Truppen eilen bereits aus allen Teilen des Landes herbei, um sich unter dem Schwingenschild zu sammeln.«
Nispe nickte nachdenklich. »Und was sagt der Großmeister zu allem?«
»Der ist fest davon überzeugt, dass sich die Kreaturen, die uns so zusetzen, von dem Hass der Hungerleider nähren. Sobald die iskandische Streitmacht vernichtet ist, wird auch das Geschmeiß verschwinden, davon ist Ruppel überzeugt.«
Nispe stützte das Kinn auf seine gefalteten Hände und dachte eine Weile lang nach. »Gut möglich«, sagte er dann. »Schließlich wächst auch die Macht der Götter mit der Verehrung, die ihnen zuteilwird. Warum sollte das nicht auch für heraufbeschworene Dämonen gelten?«
Yako, die nichts von den Feinheiten der Bannzauberei verstand, konnte dem Magnus nicht folgen, darum schwieg sie. Außerdem …
»Was ist?« Nispes Kette klirrte, weil er die Knie durchdrückte, um sich an der Wand in die Höhe zu schieben. »Traust du Ruppel etwa nicht?«
Zum Glück war wegen der Lederhaube nicht zu sehen, wie sich ihr Stachelhaar vor Erschrecken an den Kopf legte. »Wie kommst du darauf?«
Ein Lächeln durchbrach Nispes traurige Miene. »Wir kennen uns inzwischen schon sehr lange, Yako. Darum kann ich solche Zweifel an deinem Gesicht ablesen.«
Die Phaa presste verärgert die Lippen aufeinander. Sie empfand es als Schwäche, dass er sie so gut durchschauen konnte. »Du hast recht«, gab sie dennoch zu. »Ich weiß nicht genau, was mich stört, aber der Großmeister hat sich irgendwie verändert, seit Mea entführt wurde. Nicht nur, weil er keinen Wein mehr trinkt, sondern auch wegen der Art, wie er sich seitdem bewegt und spricht. Da kommt mir vieles merkwürdig, ja, falsch vor.«
»Er säuft keine Krüge mehr leer?« Nispe wurde nachdenklich. »Das ist wirklich sehr seltsam. Wenn Meas Schicksal ihn so sehr erschüttert, warum wirkt er dann keinen starken Zauber, um sie aufzuspüren? Die Jademeister im Refugium wären sicher dazu in der Lage.«
Ehe sie sich weitere Gedanken darüber machen konnten, wurde die mit Eisen beschlagene Kerkertür am Ende einer steil aufragenden Felstreppe aufgerissen. Zwei Gardisten, die eine reglose Gestalt in ihrer Mitte führten, zwängten sich durch die Öffnung.
Ihr Gefangener blutete aus einer gebrochenen Nase. Schrammen und Blutergüsse zierten sein unnatürlich bleiches Gesicht. Man hatte ihn so arg verprügelt, dass er sich nicht mehr allein auf den Beinen halten konnte.
Die Wachen kannten trotzdem kein Mitleid. Ohne auf seine nachschleifenden Füße zu achten, zerrten sie ihn die Stufen hinab.
»Nun gut«, sagte Yako so laut, wie es ihr schmerzender Hals zuließ. »Ich werde dem Großmeister dein Gewinsel um Gnade ausrichten. Aber mach dir besser keine Hoffnung, dass er es erhört. «
Nispe errötete vor Scham, obwohl er wusste, dass ihre Worte nur zur Täuschung der Wachen dienten. Die glaubten nämlich, dass sie den Kerker im Auftrag des Ordens aufgesucht hatte.
Die beiden Gardisten waren viel zu beschäftigt, um über Nispes Demütigung zu feixen. Schnaufend schleppten sie den Bleichen zu einer freien Wandkette, legten ihm den Halsring an und verschlossen diesen mit einem speziell dafür angefertigten Schlüssel. Erst danach durchtrennte einer von ihnen die Handfesseln des Gefangenen, während der andere missmutig seinen blauen Waffenrock betrachtete, auf dem sich einige frische Blutflecke abzeichneten.
»Iskandisches Rabenaas!«, schimpfte er verstimmt.
Der so Gescholtene, der tatsächlich rabenschwarze Haare hatte, drehte sich stöhnend auf den Rücken und blieb mit geschlossenen Augen liegen. Als Yako ihn nun aus der Nähe sah, erkannte sie ihn
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