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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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Sie hatte den Lederhäuter unterhalb des Felsvorsprungs überhaupt nicht bemerkt und war über seine Ansprache entsprechend erschrocken. Die Zusammenstellung der Flicken entsprach nicht der Hülle, die Zerbe getragen hatte, es musste also ein anderer sein.
    Neben dem Lederhäuter zeichneten sich unheimliche Geschöpfe ab. Männer mit blutverschmierten Gesichtern und tiefen Wunden, aus denen längst kein Blut mehr floss. Einigen fehlten Teile des Gesichts, der Schultern oder der Oberschenkel, als wären sie gefräßigen Tieren zum Opfer gefallen. Trotzdem staksten sie mit abgehackten Bewegungen umher. Mea wusste instinktiv, dass es Tote waren, denen die Grabesruhe verwehrt wurde. Sie sah kleine hornige Käfer in ihren Wunden umherwuseln, das wandelbare Geschmeiß, das auch sie angegriffen hatte.
    Übelkeit stieg in ihr auf. So wie ein toter Vogel im Sommer noch zuckte, weil sich das Gewürm der Erde in seinen Körper eingenistet hatte, so schwenkten auch diese Wiedergänger nur deshalb ihre Waffen, weil sie von einem fremden, durch ihr Fleisch wandernden Leben dazu gezwungen wurden.
    »Versuch besser nicht zu fliehen!«, warnte der Lederhäuter. »Eure Kornkammern zu verderben hat vielen meiner Art die Lebenskraft gekostet, sodass du dich mit Wächtern begnügen musst, die nur die Macht des Schwertes kennen.«
    »Was soll das alles?«, würgte Mea hervor. »Warum wurde ich hierher verschleppt?«
    Die Umherwankenden reagierten auf ihre Stimme. Abrupt blieben sie stehen und wandten sich in ihre Richtung. Auch jene, denen der Kopf auf die Schulter gesackt war, weil das gebrochene Genick ihn nicht aufrecht halten konnte, schienen zu ihr hinaufzustarren.
    Der namenlose Lederhäuter lachte leise, bevor er sagte: »Dagomars Maßlosigkeit hat die Urkräfte aus dem Gleichgewicht gebracht, darum wird es Zeit, die Menschheit vom Antlitz der Welt zu wischen.«
    Die Worte des Vermummten drangen wie Eisnadeln unter Meas Haut. Sie wollte fragen, was geschehen war, dass er solchen Groll gegen sie empfand, da quollen vor ihr Nebel auf. Aus dem Nichts heraus wuchsen die weißgrauen Schleier an und umhüllten sie von allen Seiten.
    »Was soll das?«, stieß sie verängstigt hervor. »Was wollt ihr von mir?«
    Der Lederhäuter lachte erneut. »Wir wollen dir die Unschuld rauben.«

Im Verlies
     
    Alvin fühlte sich, als wäre ihm jeder einzelne Knochen im Leib gebrochen worden, doch sein Überlebensinstinkt war immer noch der eines Kriegers, der bis zum Letzten kämpfte. In seinem Dämmerschlaf hörte er die Fragen des Kronrats widerhallen: Wie wurde der Bannkreis durchdrungen? Wen beten eure Priester an?
    Es waren immer wieder die gleichen Fragen, auf die er geschwiegen hatte, und je mehr Tritte und Schläge sie ihm verabreicht hatten, um seinen Willen zu brechen, desto stärker hatte Alvin die Kiefer zusammengepresst.
    Selbst das Elixier, das ihm der Großmeister eingeflößt hatte und das angeblich jede Zunge lockerte, hatte nichts bewirkt. Im Gegenteil, danach war er schläfrig geworden und hatte alles bloß noch wie durch einen dichten Nebel hindurch wahrgenommen. Er hasste Zerbe und seine Getreuen längst ebenso wie Dagomars elende Meute, aber deshalb würde er nicht zum Verräter an seinen Landsleuten werden.
    Nein, auf keinen Fall!
    »Was ist mit Mea geschehen?«, dröhnte es plötzlich in seinen Ohren. »Wohin habt ihr Schweine sie gebracht?«
    Alvins Augenlider platzten auseinander. Statt in wirbelnde Nebel starrte er jäh in ein wutverzerrtes Gesicht und auf zwei riesige Hände, die an einer Kette zerrten. Eine Kette, deren schwere Glieder um seinen Hals geschlungen waren und ihm langsam, aber sicher die Luft abschnürten.
    Alvin kannte den Kerkergenossen, der ihn zu töten versuchte. Es war Nispe, der Leibmagnus der Jadeträgerin, der aus irgendeinem Grund neben ihm angekettet war.
    »Red endlich, oder ich bring dich um!« Speichel sprühte auf Alvin nieder. Der Magnus, der ihn erdrosseln wollte, war ihm so nahe, dass sich ihre Nasen beinahe berührten. Dieser Schwachkopf hatte wirklich keine Ahnung, wie man einen Mord beging.
    Alvin war noch zu stark angeschlagen, um sich auf ein langes Ringen einzulassen. Darum wählte er den schnellsten Weg zur Gegenwehr. Er langte seinem Gegner zwischen die Beine und drückte mit aller Kraft zu. Unter dem Priestergewand war deutlich zu spüren, wie die Hoden zwischen seinen Fingern zusammengequetscht wurden.
    Jaulend fuhr Nispe in die Höhe, presste die Hände in den Schoß, sank auf die

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