Bannkrieger
Trumpf. All die Alarmrufe, die durch die Täler und Höhen hallten, sorgten zwar für große Aufregung, aber nicht für eine gezielte Verfolgung. Im Gegenteil. Von nun an hielten die Iskander jeden verdächtigen Schatten für einen barosischen Späher, das lenkte sie ab und ließ sie falsch handeln.
Erheblich größere Probleme bereiteten die Fundamente weiterer sich aus den Trümmern erhebender Bauwerke, die immer wieder die Wege blockierten.
Schließlich mussten sich Rorn und Yako anhand der Sterne neu orientieren, um sich nicht in dem Gewirr aus Schluchten und Felskesseln zu verirren. Ohne die natürlichen Instinkte der Bergkriegerin wären sie bestimmt irgendwann im Kreis geritten, so aber rückte die Felskette, die die Bitterfelsen nach Süden hin abschloss, immer näher.
»Diese Gegend kenne ich«, verkündete Yako irgendwann. »Von hier aus münden alle Wege in einen engen Bergpass, der sich selbst mit wenigen Männern gegen eine Übermacht verteidigen lässt. Wenn wir dort einen Felssturz auslösen, haben wir es so gut wie geschafft!«
»Klingt verlockend«, sagte Rorn ohne große Begeisterung. »Aber es sollte mich wundern, wenn die Iskander einen strategisch so bedeutsamen Punkt nicht mit ihren besten Kriegern besetzt hätten.«
Yako nickte düster, trotzdem ritten sie weiter. Eine Umkehr kam für sie nicht infrage. Sie mussten zur Ebene hinaus, sonst waren sie auf Dauer verloren.
Mea sprach die ganze Zeit über kein Wort, sondern litt still und leise vor sich hin. Obwohl sie inzwischen Yakos Umhang trug, zitterte sie am ganzen Leib. Ihr eigener Wille schien ihr in der kurzen Zeit der Gefangenschaft abhandengekommen zu sein. Sie unternahm selbst nicht das Geringste, um ihr Leben zu retten, wehrte sich aber auch nicht dagegen, von Rorn und Yako in Sicherheit gebracht zu werden.
Auf dem letzten Stück ihres Weges lauerte ihnen niemand mehr auf. Rorn und Yako ahnten, was das zu bedeuten hatte. In diesem Abschnitt streifte niemand mehr umher, weil die Iskander wussten, dass es längst nur noch einen einzigen Weg gab: den von ihnen besetzten Pass.
Rorn sah zu den Felsen auf, die sie von allen Seiten umgaben. Selbst ein geübter Kletterer hätte Mühe gehabt, sie zu erklimmen, aber zu Pferd und mit einer willenlosen Jadeträgerin im Schlepp war eine Überquerung vollkommen undenkbar.
Auf ein Zeichen Yakos hin wurden sie langsamer. Der Pass, durch den es in die Ebene ging, lag unmittelbar vor ihnen. Die Felsen rückten bereits zusammen und stiegen immer steiler an. Silberner Mondschein sickerte die Steilwände hinab, ohne den Boden zu erreichen. Durch das dunkle Schattenmeer ritten sie auf einen verwitterten Steinblock zu, um den sich der Pfad in einer engen Kehre schlängelte.
Yako zügelte ihr Pferd im Schutze der Barriere und legte einen Zeigefinger auf die Lippen. Dann zog sie die Beine an, stellte die Stiefel auf den Sattel und schnellte im nächsten Moment auf die Steilwand neben ihr zu.
Rorn erwartete fast, sie zurück in die Tiefe rutschen zu sehen, doch sie krallte sich an winzigen Vorsprüngen und Rissen fest, die für das menschliche Auge im Dunkeln nicht zu erkennen waren. Auf einer Schräge, die normalerweise nur Käfer oder Spinnen bewältigen konnten, kletterte die Phaa mühelos empor, bis sie aus seinem Blickfeld verschwand.
Unangenehme Stille, nur ab und zu vom Klackern niederfallender Steine durchbrochen, breitete sich in dem Bergeinschnitt aus. Dann, wie aus dem Nichts heraus, saß die Phaa plötzlich auf dem im Weg liegenden Felsblock und winkte sie näher.
»Rund ein Dutzend Männer halten die Anhöhe besetzt«, flüsterte sie Rorn zu. »Reite ihnen ganz offen entgegen, dann lassen sie dich auf Rufweite heran. Ich komme über die Felsen; damit rechnet niemand.«
Rorn wusste keinen besseren Plan, also stimmte er dem der Phaa zu, obwohl es ihm nicht behagte, den Köder zu spielen.
Yako lächelte ihm aufmunternd zu, bevor sie wieder mit der Dunkelheit verschmolz. Ein leichtes Schaben wie von ledernen Sohlen über Stein erklang über seinem Kopf. Das war der einzige Hinweis darauf, dass sich Yako schon wieder weit oben in der Felswand bewegte.
»Komm, wir müssen weiter«, sage er zu Mea, und zum ersten Mal reagierte die junge Frau, wenn auch auf recht unerwartete Weise.
»Ruf Yako zurück!«, verlangte sie, ein unstetes Funkeln in den Augen. »Ich will nicht, dass irgendwelche Iskander meinetwegen sterben. Diese Männer haben alles Recht der Welt, mich zu hassen und töten zu
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