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Bannkrieger

Bannkrieger

Titel: Bannkrieger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Frenz
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hinausrollten.
    Über den Wipfeln des Schimmerwaldes lösten sich die ersten Insektenschleier auf. Ein Teil von ihnen rieselte tot und zerplatzt in die Tiefe, der andere, widerstandsfähigere ergriff die Flucht, vertrieben von dem mächtigen Schutzzauber, den die Jadeträgerin noch weiter verstärkte.
    »Seid verbannt!« Ihre rituellen Berührungen waren längst bei den Ringen angelangt. Obwohl sie blind agierte, fanden ihre Fingerkuppen zielsicher die schimmernden Steine in ihren goldenen Fassungen.
    Nur ein einziges Mal tippte Mea auf eine leere Stelle. An ihrem linken Zeigefinger, genau dort, wo sich ein schmaler, rot umlaufender Abdruck abzeichnete.
    Irritiert hielt sie in der Bannformel inne. Nur für einen kurzen Moment, gerade lange genug, dass es Rorns wachsames Auge bemerkte, danach berührte sie auch schon den letzten der Steine und hob ihre Hände wieder zum Himmel empor.
    Die heißen Wellen, die Rorns Körper schüttelten, ebbten allmählich wieder ab.
    »Der Bann ist gesprochen!«, verkündete die Jadeträgerin, doch die Inbrunst, mit der sie zuvor intoniert hatte, war aus ihrer Stimme gewichen. »Eure Felder und Vorratsspeicher sind nun geschützt! Habt Dank für eure Hilfe und eine gute Ernte.«
    Noch während die letzten Worte verklangen, erschlaffte ihre angespannte Gestalt, müde sank sie von den Zehenspitzen zurück auf die Fersen. Ihr verdrehter Blick hatte sich noch nicht wieder richtig geklärt, als ihre Hand schon wieder nach der leeren Stelle am linken Zeigefinger tastete. Dorthin, wo sich der Ringabdruck befand.
    Ein Anflug von Entsetzen überzog Meas Gesicht.
    Außer Rorn bemerkte es kaum jemand, die meisten Zuschauer kämpften noch mit ihrer eigenen Benommenheit. Keiner von ihnen hatte jemals einem Bannzauber beigewohnt. Bisher hatten sie nur von denen profitiert, die rund um den Schimmerwald ausgesprochen wurden und bis zu ihnen ins Moor reichten. Viele, die nun aus ihrer Erstarrung erwachten, brachen in begeisterten Jubel aus. Andere, vor allem die Kinder, rannten los, um sich die unter dem Einfluss der Magie zerplatzten Mäuse und Ratten anzusehen.
    Ohne auf die ihr geltenden Hochrufe zu achten, taumelte die Bannträgerin zur Seite und wankte auf ihre Getreuen zu. Bera und Prill wollten ihr zu Hilfe eilen, wurden aber von dem Magnus mit abweisenden Gesten verscheucht.
    Rorn kam das verdächtig vor.
    »Warte hier auf mich«, bat er Neele.
    Um ihn herum löste sich die Ordnung auf, das kam ihm sehr entgegen. Unauffällig drängte er sich durch die euphorische Menge, bis er in Hörweite zu den drei Greifensteinern gelangte. Es war nicht leicht, etwas in dem ganzen Trubel aufzuschnappen, doch ein Jäger wie er war in der Lage, seine Aufmerksamkeit gezielt in eine Richtung zu lenken.
    »Vielleicht liegt er noch im Badehaus …«, versuchte Nispe gerade beruhigend auf Mea einzuwirken.
    Vergeblich, die Jadeträgerin schüttelte entschieden den Kopf, und ihre Stimme klang schrill, als sie antwortete: »Nein, bestimmt nicht! Alles, was ich abgelegt habe, habe ich auch wieder angelegt. Dieser elende Lederhäuter muss ihn mir entrissen und dabei einen Zauber gewirkt haben, damit ich den Verlust nicht bemerke.«
    Die Augen des Magnus flackerten vor Panik. Er zweifelte nicht für die Spanne eines Herzschlags daran, dass seine Herrin mit ihrer Einschätzung richtiglag, trotzdem bestand er darauf, dass sie gemeinsam im Badehaus suchten.
    Ohne ein Wort der Erklärung verschwanden die Greifensteiner im Gebäude.
    Die Ältesten des Dorfes, die mit ihnen sprechen wollten, zeigten sich durch dieses Verhalten irritiert, fanden sich aber damit ab. Schließlich hatte keiner von ihnen Erfahrung damit, wie sich die Jadeträgerin während und nach einem Bannzauber verhielt.
    Rorn war der Einzige, dem Unheil schwante.
     
    »Was ist los?«, fragte Neele erbost. »Willst du mich etwa ewig warten lassen?«
    Sie wirkte ein wenig unwirsch, weil Rorn nicht mit ihr feiern wollte, so wie alle anderen. Aus den Hütten wurde bereits frisches Brot, Ziegenkäse und eine stattliche Anzahl von Weinschläuchen herbeigeschafft.
    Rorn nahm einen der dargebotenen Becher entgegen, den er sich mit Neele teilte, doch er trank nur wenig und behielt die ganze Zeit über das Badehaus im Auge. Yako, Nispe und die Jadeträgerin kamen nicht wieder heraus.
    Die ersten Kinder und Jugendlichen verließen bereits das Dorf, um im umliegenden Wald nachzusehen, wie weit es Nager und Geziefer zerrissen hatte, weil sie sich zu nahe am Ort des

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