Bannkrieger
ihrer Hüfte trug. Als Rorn mit seinem Schwert in Richtung des Dorfs zeigte, stopfte sie rasch ihre Rockschöße am Gürtel fest, damit sie mit ihm Schritt halten konnte, so schnell es auch durch den Wald gehen mochte. Ihre nackten Waden schimmerten im Mondlicht, als sie zwischen den Weiden hindurchglitten und geduckt über die Schneise huschten.
Trotz des fahlen Scheins, der das umliegende Strauchwerk erhellte, gab es immer noch genügend Schatten, dass sich eine halbe Armee darin verbergen konnte. Bereit, selbst auf die geringste Veränderung am Rande ihres Sichtfeldes zu reagieren, umrundeten sie einen mit faserigem Moos und Efeu umwachsenen Eichenstamm und tauchten zwischen zwei weit auseinanderstehenden Buchen in das nahe gelegene Waldstück ein. Trotz der Schimmerlarven im Laubwerk war es dort dunkler als in der Schneise, trotzdem liefen sie unbeirrt weiter, halb blind und fest darauf vertrauend, dass sie das Gelände gut genug kannten, um an keinem tiefhängenden Ast oder irgendwelchen Sträuchern hängen zu bleiben.
Nahezu lautlos huschten sie zwischen den Bäumen entlang. Ihre Augen hatten sich gerade auf die neuen Lichtverhältnisse eingestellt, als hinter ihnen ein morscher Ast unter dem Gewicht eines Menschen zerbrach.
Rorn kannte das Geräusch, er hatte es schon Dutzende von Malen in prekären Situationen gehört.
Mit dem Schwert herumzuwirbeln und auf den Gegner zuzuspringen war für ihn eins. Die Klinge wurde zu einer natürlichen Verlängerung seines Arms, die wie etwas Lebendiges durch die Luft schnitt.
Leider schreckte niemand vor dieser Attacke zurück. Auch seine verzweifelte Hoffnung, dass sich Gosar und einige andere nur einen rüden Spaß mit ihnen erlaubten, erfüllte sich nicht. Stattdessen stand er einer über und über mit Lederflicken bedeckten Gestalt gegenüber. Sie hielt einen grotesken Streithammer in Händen, dessen schmale Seite in einer gebogenen Spitze endete, die an einen Adlerschnabel erinnerte.
Im ersten Augenblick glaubte er schon, Zerbe vor sich zu haben, doch als der Lederhäuter aus dem Schatten einer Baumkrone trat, schälten sich rote Fuchsfellstücke aus der Dunkelheit, die beide Schultern, aber auch andere Körperstellen dieser Spottgeburt bedeckten.
Neele schrie vor Entsetzen leise auf. Obwohl er ihr von diesem Wesen erzählt hatte, musste der Anblick ein Schock für sie sein.
Verdammt, warum hatte ihnen Hatra nicht gesagt, dass sie es mit weiteren Lederhäutern zu tun bekommen würden? Vermutlich, weil sie es nicht wusste , dachte er und schalt sich selbst einen Narren. Außerdem war es sinnlos, die Schuld bei anderen zu suchen. Er war leichtsinnig gewesen und hatte sich zu sehr auf Hatras Nebelzauber verlassen, dafür würde er nun büßen.
»Was wollt ihr von uns?«, zischte Rorn, um Zeit zu gewinnen. »Die Jadeträgerin ist längst weitergezogen!«
Der Lederhäuter ließ sich zu keinerlei Erklärung herab. Wortlos, ohne auch nur nach seinen Kameraden zu rufen, stapfte er auf Rorn zu. Drohend. Übermächtig. Und absolut sicher, dass er keine Unterstützung in diesem Kampf brauchte.
Vermutlich zu Recht.
»Lauf schnell zum Dorf!«, flüsterte Rorn seiner Gefährtin zu. »Das ist unsere einzige Chance!«
Statt sich umzuwenden und ebenfalls zu fliehen, stürmte er nach vorn, direkt dem Feind entgegen. Ledernes Knirschen erfüllte die Luft, als die Spottgestalt den Schnabelhammer mit beiden Armen in die Höhe stemmte.
Die Reichweite der Waffe war der eines Jagdschwerts weit überlegen, trotzdem rannte Rorn einfach weiter. Neele keuchte laut auf, denn es sah so aus, als wollte er sehenden Auges in den Tod laufen.
Doch Rorn hatte keineswegs vor, seine Waffe mit der des Gegners zu kreuzen. Lieber stieß er sich eine Mannslänge von dem Lederhäuter entfernt mit dem rechten Fuß vom Boden ab, zog beide Knie blitzartig an den Leib und kippte mit dem Rücken nach hinten.
Auf diese Weise hatte er schon manche Prügelei gegen einen kräftigeren Widersacher für sich entschieden. Auch der Lederhäuter bekam den Streithammer nicht schnell genug in die Tiefe, um das auf ihn zuschießende Unheil zu verhindern.
Noch während er mit dem Rücken nach hinten schwang, rammte Rorn seine beiden Beine mit aller Kraft nach vorn. Beinahe waagerecht in der Luft liegend, hämmerte er die Stiefelabsätze mit voller Wucht gegen den lederumspannten Brustkorb des Gegners. Ein dumpfes Geräusch untermalte den harten Aufprall – das war aber auch schon alles.
Einem Menschen wäre
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