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Bannsänger

Bannsänger

Titel: Bannsänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alan Dean Foster
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über der runden Zentraltheke.
    Etwas, das wie ein auf den Kopf gestellter Baum aussah, sank langsam aus einer Lücke in der Mitte der spitz zulaufenden Decke. Es war grün durch frisches Blattwerk, das allerdings angeheftet war und zweifellos regelmäßig erneuert wurde. Die immer noch unsichtbare Band fiel in eine völlig neue Melodie. Dabei trug der Schlagzeuger jetzt den Hauptanteil, wie Jon-Tom bemerkte. Der Rhythmus war schwer, langsam und sinnlich.
    Die Schreie und Rufe, die die Luft des Etablissements erfüllt hatten, veränderten sich ebenfalls. Wildes Chaos wandelte sich, leiser werdend, zu erwartungsvollem Gemurmel, aus dem gelegentlich lautere, meist zotige Kommentare aufklangen.
    Mudge hatte seinen Stuhl so verrückt, daß er jetzt dicht neben Jon-Tom saß. Sein Blick war auf den falschen Baum gerichtet, und er rammte seinem Begleiter wiederholt den Ellbogen in die Rippen.
    »Und jetzt sperr die Augen auf, Kumpel! Es gibt keinen lieblicheren und graziöseren Anblick in ganz Lynchbany.«
    In der dunklen Deckenöffnung erschien ein Tier, und die Menge brüllte auf. Es verschwand kurz und tauchte dann neckend wieder auf. Es war schlank, fast schmächtig und! ließ sich sehr langsam aus der verborgenen Kammer über! dem Dach in die Äste der künstlichen Konifere gleiten. Fast genau einen Meter groß, stellte es einen ruhelosen, fünfzehn Zentimeter langen Schwanz zur Schau und war völlig von einem geradezu blendenden schneeweißen Fell bedeckt; nur an der Schwanzspitze zeigten sich einige Zentimeter Schwarz.
    Die Kleidung, falls eine derart geschmeidigduftende Umhüllung so genannt werden konnte, bestand aus vielen Lagen schwarzer chiffonartiger Schleier, durch die schwach das leuchtendweiße Fell schimmerte. Das Gesicht war von roten, sonderbar geschwungenen Linien und Mustern bedeckt, die sich von der Schnauze über die Brust und die Schultern zogen und unter den luftigen Falten verschwanden. Ein Turban in passendem Schwarz war mit Juwelen übersät. Die Krönung des Ganzen waren, wie Jon-Tom fasziniert bemerkte, lange falsche Wimpern.
    Die strahlende Vision war so fesselnd, daß ihm die Identifizierung erst nach einigen Sekunden gelang. Die schlanke Gestalt und der muskulöse Rumpf konnten nur zu irgendeinem Mitglied der Wiesel-Familie gehören. Als die Erscheinung lächelte und winzige scharfe Zähne zeigte, war er sich dessen sicher. Es war ein Hermelin, noch im vollen winterweißen Vlies. Das bestätigte seine Ahnung über die Jahreszeit, in der er eingetroffen war – er hatte vergessen danach zu fragen. An der Weiblichkeit des Wesens hatte er sowieso keinen Zweifel.
    Gespannte gattungsübergreifende Erwartung hatte die Menge erfaßt. Alle Aufmerksamkeit war nach oben gerichtet, als die Hermelin-Stripperin mit den Schnallen zu spielen begann, die einen der Schleier hielten. Sie ließ eine aufschnappen, dann das Gegenstück. Begeisterungsschreie stiegen aus dem Publikum auf, ein verblüffendes Gemisch aus Tuten, Pfeifen, Zischen, Quietschen, Jaulen und Bellen. Mit schlangengleichen Bewegungen löste sie den ersten Schleier.
    Jon-Tom hatte nie Gelegenheit gehabt, sich ein Tier vorzustellen, das etwas so Erotisches wie einen Striptease vollführt. Schließlich lag unter jeder Kleidung immer noch ein dichtes, solides Fell und nicht das bloße Fleisch eines Menschen.
    Aber Erotik hat wenig mit Nacktheit zu tun, wie er bald entdeckte. Es waren die Bewegungen des weiblichen Hermelins (ein subtiles Drehen und Wenden, das keine menschliche Frau auch nur annähernd nachahmen konnte), die stimulierten. Er fand sich völlig Vom Ablauf und Ausdruck des Tanzes selbst gefangen genommen.
    Unter den zunehmenden Begeisterungsschreien der Menge folgte ein Schleier dem anderen. Die kühle Unberührtheit, die Jon-Tom hatte zeigen wollen, war längst einem eindeutigen Kitzel gewichen. Er war Schönheit gegenüber nicht weniger empfänglich als irgendein anderes Tier. Die Hermelin-Stripperin führte eine Reihe von Bewegungen aus, die weit jenseits der Fähigkeiten des talentiertesten Menschen lagen, und sie tat das mit der Grazie und der Haltung einer Komteß.
    Dazu kam die Art, wie sie um die Äste und Blätter des Baumes glitt; sie streichelte und liebkoste sie in einer Weise mit Händen und Körper, der nur ein Klotz alten Granits zu widerstehen vermochte. Moschusgeruch lag jetzt schwer in der Luft, die Eindeutigkeit der Bewegungen und Gesten beeinflußte jedes männliche Wesen.
    Der letzte Schleier fiel, glitt

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